Family Job
ihm hatte die Faust geballt und knurrte. Nein, wirklich: Er knurrte. Park hatte noch nie etwas Ähnliches gehört.
Der Freund hatte ihn nicht richtig geschlagen. Ihn nur von der Seite zu Boden gestoßen, als Park gerade das Glas der Lesbe aufhob und keinen sicheren Stand hatte. Ganz schön peinlich. Und total unbegründet. War ja nicht so, dass Park sie angebaggert hatte.
Aber selbst wenn,der Typ war ja schließlich nicht mit ihr verheiratet.Und außerdem fuhr sie zweigleisig,also würde er sie wahrscheinlich auch nie heiraten, denn wenn doch, dann könnte sie ja nur noch eingleisig fahren. Und wenn sie zweigleisig fuhr, dann musste sie auch auf dem anderen Gleis fahren können, denn das lag in ihrer Natur. Und deshalb konnte sie ihn nie heiraten. War doch logisch.
Nicht dass er fähig gewesen wäre, es sich so nüchtern zu überlegen, denn er schäumte inzwischen vor Zorn und konnte nicht mal so klar denken, dass er sich die eigene Hose hätte anziehen können.
Als Park sich aufrappelte, sammelten sich die Zuschauer um sie. Der Spaß mit dem Sprung über die Klosettkette war vorerst vergessen. In Park kochte die Wut, die ihn innerlich aufheizte, bis sein Gesicht brannte. Er spürte, wie ein Muskel in seiner Wange zuckte.
Park versuchte, dem Wichser einen präzisen Kinnhaken zu verpassen, anstatt ihn auf die Nase oder den Mund zu treffen, was ihm lieber gewesen wäre. Aber das war leichter gesagt als getan. Er traf voll die Lippe, und die platzte auf, und fast sofort floss uäähh Blut. Ganz dick und rot kam’s raus und unheilverkündend.
Seine ganze Energie ging flöten, unter seiner Zunge sammelte sich Speichel, diese ganz komische Übelkeit, nicht wie wenn ihm schlecht wurde, sondern etwas viel Spezifischeres. Passierte jedes Mal, wenn er Blut sah. Schon so lange, wie er sich erinnern konnte. Seit er drei war, um genau zu sein. Die Ränder des Blickfelds wurden schwarz, Klingeln schrillten, die Brust wurde ihm eng, die Knie weich. Wenn er es schaffte, den Kopf zwischen die Knie zu stecken, war es nach ein paar Minuten vorbei. Wenn nicht, wurde er ohnmächtig.
Hämophobie. Oder der Begriff, den er vorzog: Blutphobie. Es war das, was ihm am allerpeinlichsten war.
Nachdem er zu Boden gefallen war, hatte der Ganovenfreund natürlich seine Chance genutzt, mutig wie ’n Ochse mit extradicker Lippe, und Park, jetzt, wo er flachlag, ein paar Schläge an den Kopf und zwei Tritte in die Rippen verpasst. So fühlte es sich jedenfalls an, und Effie bestätigte es später. Die Tritte, sagte sie, waren ziemlich halbherzig. Und der Treter hatte Turnschuhe angehabt. Aber trotzdem.
Effie war eingeschritten. Die anderen Jungs störte es nicht, dass ihr Kumpel einen Kerl zusammentrat. Hielten es vielmehr für ziemlich witzig und feuerten ihn an und johlten und so. Doch dass ihr Kumpel eine Frau trat, fanden sie dann überhaupt nicht mehr witzig.Was Park nicht ganz fair erschien, auch wenn es sich bei der fraglichen Frau um seine Tochter handelte. Aber von der ganzen Ungerechtigkeit mal abgesehen, zerrten Martin und Effie ihn schließlich weg, und nur dank ihres Eingreifens blieb Park eine ernsthaftere Tracht Prügel erspart.
Später, im Schlafzimmer, auf einem dicken Federbett drückte sich etwas Kaltes an seine Wange.
Effie hatte ein Tuch, tupfte ihm die Stirn.
Er drehte den Kopf.
Effie kniete über ihm auf dem Bett. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Lange her, dass ich mit ’ner schönen Frau im Bett gelegen hab«, sagte er.
Martin räusperte sich.
»Du liegst nicht im Bett«, sagte Effie. »Du liegst drauf. Egal, was macht dein Gesicht?«
»Tut weh, wenn ich’s verziehe«, sagte Park, riss weit den Mund auf und spannte die Lippen. Es tat genauso weh, wie er’s gesagt hatte. »Au.« Überreizte möglicherweise die Mitleidskarte, oder?
»Dann verzieh’s halt nicht, verdammt noch mal. Blödmann«, sagte Effie.
Das war nett. Blödmann genannt zu werden. Nein, wirklich.
Es gab kaum jemanden, der mit Park so gut auskam, dass er ihn etwas anderes als Sir oder Arschloch nannte. Er neigte dazu, extreme Reaktionen hervorzurufen. Blödmann war gut. In dem Wort lag eine Vertrautheit, die ihn zum Lächeln brachte.
Jedenfalls war das der Grund, weshalb Park sich vorsehen musste, wenn er gewalttätig wurde.
Am nächsten Tag schmiss Yardie ihn raus unter dem Vorwand, er sei schon viel zu lange da. In Wirklichkeit hatte er ihn rausgeschmissen, weil er einem seiner Freunde eine geknallt hatte. Aber egal, wie dem auch
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