Family Job
Dadurch musste Martin nicht mit einer Leiche als Beifahrer durch die Gegend fahren, was kein Spaß gewesen wäre, wenn man ihn links rangewinkt hätte. Mit dem schlafenden Schneewittchen neben sich konnte Martin wenigstens behaupten, Savage sei stinkbesoffen, und wenn die Bullen ihm nicht glaubten, hätte er sie auffordern können, Savage den Puls zu fühlen und selbst nachzusehen.
Martin zog ein letztes Mal an seiner Zigarette. Er konnte es nicht ewig aufschieben.
»Bin gleich wieder da«, sagte er zu Phil.
Immer noch keine Antwort. Gut.
Martin ließ Phil in dem Kombi weiterschlafen und ging ums Haus zum Eingang. Er atmete einmal tief durch, dann öffnete er die Tür. Er fand die Alarmanlage auf Anhieb und gab den Code ein.
VORSPIEL ZU
EINER FIESEN NACHT:
DIE SAVAGES UND DIE PARKS
Phil nahm Tommy die Taschenlampe ab und leuchtete auf Grants reglosen Körper, besonders auf die glänzenden Flecken, wo das Blut durch das Hemd und die Hose des Jungen gesuppt war.
Tommy schaute weg. »Scheiße«, sagte er zum bestimmt zwanzigsten Mal. Sein Magen hielt gerade noch so durch. Er fühlte sich an, als sei ein verängstigtes Karnickel in ihm gefangen, das versuchte, wild um sich tretend, freizukommen.
Soweit Tommy es sich zusammenreimte, war Grant mit dem Kopf gegen die Tür gerannt und hatte ein so großes Loch ins Glas geschlagen, dass er mit den Schultern durchpasste. So schnell er auch war, an einen Stuhl gefesselt, hätte er es nie durch die Tür geschafft. Und so war er auf eine anscheinend fürchterlich scharfe Glasscherbe gesackt und dort stecken geblieben.
Tommy wich einen Schritt zurück. »Was machen wir jetzt?«
»Ich denke, wir sollten uns verpissen«, sagte Phil.
»Wie bitte?«, sagte Tommy. »Wir müssen ihm … irgendwie helfen.«
»Und wie?«
»Einen Krankenwagen rufen.«
»Und was ist mit Smith?«
»Scheiß auf Smith.«
»Er wird sein Geld trotzdem wollen.«
»Scheiß auf das Geld.«
»Wir könnten zum Friedhof fahren.«
»Und was soll das Grant helfen?«
»Vergiss Grant mal für einen Moment«, sagte Phil. »Wir müssen jetzt erst mal an uns selber denken.«
»Verdammte Scheiße, Phil.Wir haben keine Zeit.Schau ihn dir doch an.«
»Wir nehmen uns die Zeit.«
Tommy atmete durch die Nase ein und durch den Mund aus. Gar nicht gut. Es war nicht nur sein Magen, noch dazu hämmerte sein Herz wie wild. Er holte ein paarmal rasch Luft. »Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen.«
»Du hörst mir nicht zu.«
»Scheiße, Phil, der ist gleich …«
Phil verpasste Tommy eine schallende Ohrfeige. »Jetzt reiß dich mal am Riemen, verdammte Scheiße.«
Tommy starrte seinen Bruder mit brennender Wange an. Sagte eine Weile gar nichts. Dann: »Phil? Was haben wir bloß gemacht, verflucht noch mal?«
»Ist ja gut.«
Phil hob die Hand, und Tommy zuckte zusammen, weil er dachte, er würde ihn noch mal schlagen.
Doch Phil senkte die Hand auf Tommys Schulter und drückte sie. »Das ist ’ne Riesensauerei«, sagte er. »Aber das kriegen wir wieder hin.«
Tommy war sich da nicht so sicher.
»Alles in Ordnung mit dir, Tommy?«
»Ich weiß nicht.« Seine Zähne klapperten. Das Scheißkaninchen rumorte immer noch in ihm herum. Sein Schädel fühlte sich an, als würde er einschrumpfen.
»Du kippst doch nicht um, oder?«
Tommy schüttelte den Kopf.
»Dann ist ja gut. Du musst mir zuhören. Kannst du das?«
»Klar«, sagte Tommy.
»Gut.Also,ich hab mir Folgendes gedacht.Grant wollte mit dem Geld doch zum Friedhof fahren, stimmt’s? Wir könnten an seiner Stelle hingehen.«
»Okay«, sagte Tommy.
»Aber wie erklären wir das Smith?«
»Was fragst du mich? Ist doch dein Vorschlag.«
»Vielleicht brauchen wir’s gar nicht. Wenn Smith dort wartet, fragt er sich vielleicht, wieso wir aufkreuzen statt Grant. Aber wir könnten ihm einfach sagen, Grant sei gar nicht aufgetaucht.«
»Wo aufgetaucht?«
»Am Busbahnhof.«
»Grant sollte ja auch gar nicht kommen. Nicht soweit es uns anging.« Tommy hatte das Gefühl, jemand habe ihm jeden einzelnen Zentimeter seiner Haut mit einem kalten Tuch abgerieben. Er achtete nicht darauf und zwang sich dazu, sich zu konzentrieren. »Ich sollte das Geld im Schließfach deponieren, den Schlüssel hinterlegen und heimfahren.« Er erschauerte. »Und das war’s. Du solltest nicht dort sein. Und wir sollten nichts von Grant wissen. Und der verreckt uns gerade, während wir hier verflucht noch mal nur rumstehen und quatschen. Phil, um Himmels willen!«
»Ich bin
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