Family Job
Schoß landete. Fast hätte er die Kontrolle über den Kombi verloren, aber er schaffte es, den Kopf von Savage so weit aus dem Weg zu schieben, dass die feiste Wange des Kerls auf seinem Oberschenkel lag und Martin an den Schalthebel, wenn auch nicht an die Handbremse kam. Da es ein ganzes Stück bis raus zu Fraser Savage war, war es wahrscheinlich gut, dass sein Onkel unsichtbar blieb.
»Wach auf, du fette, rote Drecksau«, sagte Martin.
Keine Antwort.
Die Schlafmütze hatte Martins Mum davon überzeugt, dass er mit dem Tod seines Dads nichts zu tun hatte. Martin war sich da allerdings nicht so sicher. Phil Savage gehörte genau zu der Sorte Mann, die Martins Dad umgebracht hätte. Und selbst wenn nicht, der dreckige Wichser hatte mit seiner Mum geschlafen.
Er hatte alles verdient, was ihm bevorstand.
Martin hatte zwei Wochen Zeit gehabt, um sich das immer wieder vorzusagen. Was gut gewesen war. Er brauchte das. Aber jetzt war er so weit. Das hier würde er nicht versauen. Egal, was Effie und ihr Dad dachten. Oh, sie hatten nie etwas gesagt, doch er wusste, dass sie’s ihm nicht zutrauten.
»Na, und ob ich das durchziehe, verdammte Scheiße«, sagte er zu dem Bewusstlosen. »Wartet’s nur ab.«
Effie würde stolz auf ihn sein.
Eine Viertelstunde später breitete sich ein warmer, feuchter Fleck auf Martins Jeans zwischen seinen Beinen aus. Man hatte ihn gewarnt, dass die K.-o.-Tropfen GHB gewisse heftige Reaktionen auslösen konnten: Krämpfe und Erbrechen traten nicht selten auf.
Doch er hatte einen kurzen Blick riskiert und war sich ziemlich sicher, dass Savage ihn eher vollsabberte als vollkotzte.
Trotzdem war er froh, als er in Frasers Einfahrt einbog. Er fuhr ums Haus zur Rückseite. Außer Sichtweite, nicht wegen der Nachbarn – es gab keine –, aber um sicherzugehen, dass Fraser den Kombi nicht entdeckte, wenn er mit Effie zurückkam.
Als Martin Phils Kopf von seinem Bein hob, kühlte der feuchte Fleck sofort ab. Eindeutig Sabber, da er jedoch hinterher sowieso alle Klamotten würde entsorgen müssen, war es ziemlich egal, ob es Sabber oder Kotze war. Er musste aufhören, sich verrückt zu machen. Es spielte keine Rolle.
Er schüttelte Savage. Keine Reaktion. Schüttelte ihn fester. Nichts. Er atmete kaum.
Er schaute genau hin, um zu sehen, wie die Brust sich hob und senkte. Man hätte glatt denken können, er wäre schon tot.
Martin steckte sich eine Zigarette an. Der Rauch biss ihn in der Kehle und feuerte ihm einen Adrenalinpfeil ins Gehirn.
Ins Haus zu kommen war kein Problem. Park hatte Martin einen Schlüssel gegeben. Und Effie hatte sich den Code der Alarmanlage besorgt an dem Abend, als sie Fraser heimbegleitet hatte. Das hatte Martin zwar nicht gepasst, doch es hatte sich nun mal nicht ändern lassen. Er vertraute ihr und wusste, dass nichts passiert war, aber trotzdem.
Die Tasche würde er zuerst reinbringen – ein paar Werkzeuge, Unterlegplane, Plastikschuhe, so ’n Scheiß. Dann würde er den Waschzuber reinbringen. Klar, er konnte auch alles im Bad erledigen, aber das Bad war im ersten Stock, und da musste er Phil Savage den ganzen Weg rauf- und dann wieder runterwuchten. Viel unkomplizierter, esim Wohnzimmer zu machen. Sie hatten alles genau geplant.
Mr. Park, Andy (er konnte sich nicht dran gewöhnen, ihn so zu nennen), wollte, dass Fraser sah, was sie mit Phil gemacht hatten. Er wollte, dass Fraser abgelenkt war, damit Effie ihr Ding durchziehen konnte. Was Martin ziemlich sadistisch vorkam. Das hatte er Effie auch gesagt, und sie hatte nur gemeint: »Tja, und?« Und weil er’s nicht genau wusste, zuckte er die Achseln, und sie sagte: »Darum geht’s doch überhaupt, Martin«, und er nickte.
Was Martins Rolle dabei anging, klar hatte er daran gedacht, zu warten, bis sie im Haus waren, bevor er das Bier für Savage mit den K.-o.-Tropfen präparierte. Er hatte mit Effie die Vor- und Nachteile besprochen, und sie waren zu dem Schluss gekommen, es sei weniger riskant, es so zu machen. Nämlich das Bier zu präparieren, bevor er es ihm gab, dann war das einzige Risiko, dass Savage es ablehnen würde, aber da er Effie zufolge ein Saufkopf war, war das unwahrscheinlich. Oder dass er merkte, dass das Bier ein bisschen abgestanden schmeckte. Wenn das passiert wäre, hatten sie geplant, ihn auf dem Parkplatz umzubringen. Zu warten, bis er angeschnallt war, dann nach hinten zu langen, das Messer aus der Tasche zu ziehen und ihn auf dem Sitz abzustechen.
So war es besser.
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