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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill
Autoren: John Cleland
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noch kein Urteil über seinen innern Wert, den ich erst nach und nach entdeckte, — in jenen ersten Tagen des Rausches und der Freude wäre mein Herz davon auch nicht bewegt worden. Aber ich will nun fortfahren, wo ich aufgehört habe.
Nach dem Essen, das wir in der wollüstigen Unordnung des Bettes zu uns genommen hatten, stand Charlie auf, nahm zärtlich Abschied von mir und ging in die Stadt, wo er mit einem tüchtigen Advokaten sich besprechen und mit dem zu meiner verflossenen ehrwürdigen Gebieterin gehen wollte, der ich erst tags zuvor entschlüpft war, und mit der er sich auf gute Art abfinden zu können hoffte.
Sie gingen also zu Madame Brown. Unterwegs fand aber der Advokat, der Charlies Freund war und die Sache nochmals überdachte, einen Grund, dem Besuche eine ganz andere Wendung zu geben: nämlich statt Genugtuung anzubieten, Genugtuung zu fordern.
Kaum waren sie eingetreten, hingen sich gleich die Mädchen vom Hause an Charlie, die ihn alle kannten; nicht etwa weil auf ihn ein Verdacht wegen meiner Flucht fiel, — ich war ganz früh Morgens entwichen und keine wusste, dass Charlie mich je gesehen hatte — sie umringten ihn nur nach der Huren Art des Werbens. Seinen Begleiter, den Advokaten, hielten sie für einen unerfahrenen Schöps, der aber allen Späßen bald damit eine Ende machte, dass er nach der alten Dame fragte, mit der er, wie er mit Amtsmiene erklärte, etwas in Ordnung zu bringen habe.
    Nun wurde sofort Madame herüber gerufen und nachdem er ersucht hatte, dass die Damen sich entfernten, fragte der Rechtsanwalt die Alte in strengem Ton, ob sie ein junges Mädchen kenne und unter dem Vorwand eines Dienstmädchens in dieses Haus gebracht hätte; das betreffende Mädchen sei eben erst vom Lande gekommen, hieße Franziska oder Fanny Hill und sähe so und so aus.
    Das Laster zittert vor der Gerechtigkeit, und Frau Brown, deren Gewissen ja meinetwegen nicht ganz sauber war, konnte doch, so gut sie sich auch auskannte und so sehr ihr auch alle Gefahren ihres Berufes vertraut waren, ihre Verwirrung nicht verbergen. und das um so weniger, als der Advokat nun von Friedensrichter, Newgate, Oldbailey, Anklage über die Haltung eines unordentlichen Hauses, Pillary, und dem ganzen Prozess dieser Art zu reden anfing. Die Alte glaubte wahrscheinlich, ich hätte gegen sie und ihr Gewerbe eine Klage eingereicht, wurde blass und machte tausend Entschuldigungen und Beteuerungen ihrer Unschuld. Um es kurz zu sagen: sie brachte sofort meine Kleiderschachtel, wie als Beweis ihrer Unschuld, und zugleich aber auch eine Rechnung über alle Forderungen des Hauses an mich, zusammen mit den Unkosten einer Punschbowle, mit der die Sache gefeiert werden sollte, welche Bowle aber ausgeschlagen wurde. Charlie spielte während der ganzen Verhandlung den liebenswürdigen Gesellschafter des Advokaten, und stellte sich zu der ganzen Sache völlig uninteressiert; nebenbei hatte er aber auch das Vergnügen zu erfahren, dass alles das, was ich ihm erzählt hatte, vollständig richtig war. Die Angst der alten Kupplerin muss nicht gering gewesen sein, nach dem Vergleich zu schließen, den sie so schnell einging. Phöbe, meine gütige Beschützerin Phöbe, war gerade nicht zu Hause, sonst wäre die Angelegenheit wohl nicht so schnell abgetan gewesen.
Die Unterhandlung mit der Brown hatte einige Zeit gedauert, die mir sicher noch länger vorgekommen wäre, so allein wie ich in einem fremden Hause war, wenn die Hausfrau, eine gute Person, der mich Charlie empfohlen hatte, nicht heraufgekommen wäre, mir Gesellschaft zu leisten. Wir tranken Tee, und was sie erzählte, vertrieb mir die Zeit ganz angenehm, weil Charlie unser Gesprächsstoff war. Als es aber Abend wurde, und Charlie doch schon hätte zurück sein müssen, wurde ich doch sehr unruhig, und jene zärtliche Furcht der Verliebten kam über mich, wie wir Frauen sie leicht empfinden. Die Qual dauerte aber nicht lange und sein Anblick entschädigte mich reichlich dafür; die sanften Vorwürfe, die ich für ihn vorbereitet hatte, erstarben, bevor ich noch meine Lippen dazu öffnete.
    Ich lag immer noch im Bett, war noch außerstande ordentlich zu gehen; Charlie flog zu mir, nahm mich in seine Arme, die meinigen schlugen sich um ihn und nun erzählte er mir unter Küssen alles, was vorgefallen war.
    Ich konnte mich des Lachens nicht enthalten, bei der Schilderung des Schreckens, der der Alten in die Glieder gefahren war; mir scheint, sie hat wohl gefürchtet, ich sei zu
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