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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill
Autoren: John Cleland
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geheime Unterhändlerin, zu der sie ihr ernstes, züchtiges Äußere sehr tauglich machte: sie vermittelte Heiraten, Geldgeschäfte und trieb geheimnisvolle Praktiken — kurz, es gab nichts, das sie das sie nicht für Geld unternommen hätte. Dabei kannte sie alle Schlupfwinkel und Wege Londons, wie ihre Tasche. Aus ihrem Haus zog sie so viel Miete als möglich; obgleich sie beinahe drei- bis viertausend Pfund Rente besaß, gönnte sie sich doch kaum die Notwendigkeiten des Lebens und nährte sich von dem, was sie ihren Mietlingen abbetteln konnte.
    Kam ein junges Paar in ihr Haus, so dachte sie sicher zuerst, wie viel sie daraus Profit ziehen könnte, und missbrauchte mit jedem Mittel, das mit Geld möglich war, unsere Jugend und Unerfahrenheit. In diesem viel versprechenden Heiligtum und unter den Augen dieser Harpyie bauten wir unser Liebesnest. Es würde weder für Sie noch für mich sehr unterhaltend sein, wenn ich Ihnen alle die niedligen Geldschneidereien und Mittel erzählen wollte, mit denen sie uns für gewöhnlich rupfte. Aber alles dies litt Charlie lieber geduldig, als dass er sich die Mühe nahm auszuziehen. Ein junger Mann kennt das Geld nicht, er hat keine Ahnung vom Sparen, und ich, ich war ein gewöhnliches Mädchen vom Lande, das von der Sache gar nichts verstand.
    Hier verflogen mir, unter den Flügeln meines einzig Geliebten, die Vergnügtesten Stunden meines Lebens; ich hatte meinen Charlie und mit ihm, was mein Herz wünschen und verlangen konnte. Er führte mich ins Schauspiel, in die Oper, auf Maskeraden und alle Vergnügungen der Stadt, was mir alles ausnehmend gefiel, aber doch mehr deshalb, weil er bei mir war; jedes Ding erklärte er mir, und es machte ihm sicher Spaß, mein naives Staunen und Wundern zu sehen, was mich gar nicht kränkte.
    Mir bewies dies deutlich die Macht und Herrschaft, die die Liebe über mich hatte, sie und nichts anders sonst, und wie ich nur für die Liebe geschaffen war und für keine andern Dinge dieser Welt.
    Die Männer, die ich sah, konnten keinen Vergleich mit meinem schönen Geliebten aushalten, so dass ich mir nicht einmal in Gedanken eine Untreue vorzuwerfen hatte. Die Welt und alles, was nicht er war, waren mir nichts. Und so groß war meine Liebe, dass sie auch nicht die geringste Eifersucht aufkommen ließ. Der bloße Gedanke daran machte mir solche Qual, dass mich meine Eigenliebe und die Furcht vor etwas, das mir wie der Tod vorkam, trieben, allem Trotz zu bieten. Und dann hatte ich ja auch keinen kleinsten Grund zur Eifersucht. Ich könnte Ihnen von manchen Frauen berichten, die mein schöner Charlie mir geopfert hat, — aber ich bin nicht mehr eitel genug, um diese alten Geschichten zu erzählen.
    In den Pausen unseres Vergnügens nahm es Charlie auf sich, mich in einer Menge Angelegenheiten des Lebens zu unterrichten — ich war ja ganz unwissend — und kein Wort sprach mein lieber Lehrer vergebens, und das Lernen wurde nur von Küssen unterbrochen, die mehr sagten als alle Weisheit Ostens und Westens.
    Und bald konnte ich zeigen, dass ich nicht nur gelernt und nachgeredet, sondern auch nachgedacht hatte. Das Bäuerische in Sprache, Haltung und Manieren legte ich unter der Lehre des Lehrers und des Lebens ab, angeeifert von meiner Liebe, meinem Geliebten von Tag zu Tag teurer zu werden.
    Das Geld, das er bekam, brachte er mir und wollte nicht, dass ich ihm dafür einen Platz in meinem Schreibtisch einräume — alles sollte ich haben. Aber alle die Kleider anzunehmen, die er bringen ließ, dazu konnte er mich nicht bewegen; mein Ehrgeiz ging da nicht höher hinaus als ihm durch größere Nettigkeit in meinem Anzug zu gefallen. Die beschwerlichste Arbeit wäre mir ein Vergnügen gewesen, und ich hätte mir die Finger bis aufs Blut abarbeiten können, nur um ihn zu unterstützen; ich hätte den Gedanken, ihm beschwerlich zu sein, nicht ertragen können, und diese meine Uneigennützigkeit war nicht etwa gemacht, nein, sie war so ganz die Empfindung meines Herzens, dass Charlie es fühlen musste; auch wenn er mich nicht so sehr geliebt hätte wie ich ihn. Wer den andern mehr liebte, war übrigens der einzige Streit zwischen uns. Und war er doch ganz so, dass ich es sicher wusste, kein Mann könne zärtlicher, treuer und ergebener sein als er!
    Frau Jones, unsere Hauswirtin, kam oft in mein Zimmer, da ich nie ohne Charlie ausging. Es dauerte nicht lange, da hatte sie es heraus, dass wir die Kirche um eine Zeremonie betrogen hatten, und wusste sie
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