Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
…«
Davy komplettierte den Satz für ihn. »Das war, als Mutter starb.«
Betretenes Schweigen; keiner rührte sich. Lauren wusste am allerwenigsten, was sie tun oder sagen sollte, und bereute es, das Bild erwähnt zu haben. Da war eine ganze Welt in diesem Haus, eine ganze Geschichte, von der sie nur wenig Ahnung hatte. Kein Wunder, dass Nick nicht herkommen wollte. Zwar freute sie sich noch immer, dass sie hier waren, wusste nun aber, dass Nicks Familie an diesen einen Augenblick von vor zwanzig Jahren – dem Tod von Donna Armstrong – festgebunden geblieben waren. Denn trotz allem, was danach geschehen war, waren sie nicht weitergegangen im Leben.
Schließlich streckte Elaine den Arm aus und tätschelte Davy die Hand. »Ja, Davy, das stimmt. Nick, würdest du die Brötchen herumreichen?«
Nick tat, wie ihm geheißen, aber John Armstrong schob schweigend seinen Stuhl zurück und trat durch die Schiebeglastür nach draußen. Ein paar Minuten später drang ein tiefes, verzweifeltes Wehklagen ins Zimmer. Lauren brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass es von John kam; Nick und Elaine unterhielten sich weiter. Nick erzählte, dass er gestern Abend lange an seinen Rechnungen geschrieben habe. Elaine fragte, ob jemand den letzten Maiskolben wolle.
Langsam wurden die Schluchzer lauter, herzzerreißend. Lauren glaubte es kaum, dass sie hier saßen und so taten, als würde das nicht geschehen, bis Nick sich schließlich mit beiden Händen durchs Haar fuhr und es nach hinten strich. »Mein Gott! Man könnte meinen, nur er hätte sie verloren.«
»Nick«,sagte Elaine tadelnd, aber statt weiterzusprechen, blickte sie zu Lauren. »Dad ist über den Tod von Mutter nie wirklich hinweggekommen. Manchmal weint er immer noch, wenn jemand sie erwähnt.«
Lauren nickte nur; Davy sagte kleinlaut: »Tut mir leid.«
»Das muss dir nicht leidtun, Davy«, sagte Nick schroff. »Du darfst über sie sprechen.« Dann drehte er sich zu Lauren um, ihre Blicke trafen sich, und wie schon zuvor wünschte sie, sie könnte ihm irgendwie helfen. »Es tut mir leid, dass die Dinge sich so entwickelt haben.«
Sie fasste seine Hand. »Nick, du brauchst dir keine Sorgen machen. Es ist in Ordnung. Ich verspreche es.«
Er hob ihre Hand an seinen Mund und küsste sie.
Allerdings hatte Lauren nach der Begegnung mit Nicks Vater fast noch mehr Verständnis für die einstige Entscheidung ihres Vaters, vor allem, weil sie wusste, dass sie hinsichtlich John Armstrong nur die Spitze des riesengroßen Eisbergs gesehen hatte. Aber das sagte sie Nick natürlich nicht, als sie von Elaine nach Hause fuhren. Sie nahm sich vor, kein Urteil zu fällen. Das alles lag so lange zurück, und es spielte keine Rolle, was sie darüber dachte. Es tat ihr leid, wie sehr John seinen Kindern wehtat, damals und heute.
Nick hatte sich nochmals entschuldigt, als sie in den Wagen gestiegen waren, jetzt fuhren sie schweigend auf den Straßen an der Golfküste, das einzige Geräusch war Bruce Springsteens leises »Brilliant Disguise« aus Nicks Autoradio.
»Ich bin froh, dass du mich mitgenommen hast«, sagte sie.
Ihre Blicke trafen sich kurz im Dunkeln, dann sah Nick wieder auf die Straße. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Doch. Ich habe Davy und Elaine kennen gelernt. Das Essen war toll. Und ich habe gelernt, wie man Fische füttert.«
Sein Blick wurde weicher, auch wenn die übrige Mimik grimmig blieb. »Ist das deine ehrliche Meinung?«
»Ja.«
»Sogar das mit den Fischen?«
Sie lächelte über seinen amüsierten Tonfall. »Ja. Warum?«
»Prinzessin, hast du noch nie Fischfutter in ein Aquarium geschüttet?«
»Nein.«
Er lachte; sie war sich nicht sicher, was daran so komisch war, aber es machte ihr nichts aus. Die letzten beiden Tage waren so emotional gewesen. Die Klärung der Situation mit Phil, die damit verbundenen juristischen Fragen; außerdem hatte sie eine Nachricht von Jeanne auf ihrem Anrufbeantworter vorgefunden, in der diese ihr mitteilte, sie habe die Scheidung eingereicht und werde zu ihrer Schwester nach Sarasota ziehen. Und dann Nick, der ihr die furchtbare Wahrheit über Davys Unfall anvertraut hatte, und die unschöne Szene mit seinem Vater heute Abend.
Während sie wieder schwiegen, spürte sie, dass Nick allerdings noch immer genervt war, trotz ihrer Versicherungen, dass die Ereignisse während des Abendessens keine große Sache seien. Als sie in ihre Auffahrt einbogen, sah sie den Kummer in seinem Blick. Der Anblick erregte
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