Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
Mal, wenn er so tief sank, dass er in ihr Büro ging, um das Tagebuch zu lesen, entdeckte er noch weitere ihrer Geheimnisse – Geheimnisse, die ihn zum Mitwisser ihrer Welt machten.
Als Elaine vorschlug, sie könnten doch zusammen nochmal zum Supermarkt fahren und ein paar Hamburger zum Grillen holen, freute Davy sich, auch wenn sie erst tags zuvor eingekauft hatten. Aber als sie an der Blumenabteilung vorbeigegangen waren und Daisy Maria Ramirez nicht dort gewesen war, stockte sein Herz. Er hatte ihr wieder dabei zuschauen wollen, wie sie die Blumen in dem Steckschaum arrangierte.
Jetzt langweilte er sich, weil er vor der Fleischtheke stand und zuhörte, wie Paul, der Metzger, sich mit Elaine ausführlich über Schweinekoteletts unterhielt. Dabei wollten sie doch nicht Schweinekoteletts einkaufen. Er beobachtete Pauls Augenbrauen – sie ähnelten dicken Balken und bewegten sich oft rauf und runter, vor allem wenn er lachte. Davy trat von einem Fuß auf den anderen, dann tippte er Elaine auf die Schulter. »Ich schau mir mal die Zeitschriften an.«
»Okay. Ich bin gleich bei dir«, sagte sie, was er allerdings bezweifelte, so wie die Dinge liefen.
Er suchte nach einem anderen Mitarbeiter, den er kannte, ging den Gang mit den Suppen hinauf und dann zum vorderen Bereich, sah aber keine Mitarbeiter. Er erreichte den Zeitschriftenständer und warf einen raschen Blick in den Garten – und da wäre ihm fast das Herz stehen geblieben.
Daisy Ramirez saß an ihrem Tisch und arrangierte wieder ihre Blumengestecke.
Weil er nicht glotzen, zumindest nicht dabei ertappt werden wollte, nahm er rasch eine Zeitschrift zur Hand – etwas mit einem großen Pick-up auf dem Titelbild – und spähte darüber hinweg. Sein Atem ging ganz schnell.
Sie trug eine pinkfarbene Bluse, die hübsch auf ihrer dunklen Haut aussah. Sie hatte sich das Haar zu einem langen Pferdeschwanz gebunden, so dass er ihr Gesicht besser als bei den früheren Malen sehen konnte. Sie hat zarte Gesichtszüge, wie eine Elfe, dachte er, oder eine Fee.
Sein Blick fiel auf ihre Hände, ihre zierlichen Elfen-Finger. Zuzuschauen, wie sie den Steckschaum drehte und wendete, eine Blume erst hier und dann dort hineinsteckte – heute gelbe Rosen, Lilien und Nelken -, das war so, als sähe man jemandem beim Klavierspielen zu oder Edward mit den Scherenhänden, wie der einen Baum zu einer Skulptur sägte. Er fand Edward mit den Scherenhänden unheimlich gut, weil er anders war als die anderen – aber zumindest hatte er seine Kunst. Und die hatte Daisy Maria Ramirez auch. Kunst, die von ihren Händen kam und wohl auch ihren Augen, denn sie blieben immer auf die Blumen gerichtet.
Er wünschte, er würde sie so kennen, wie er Paul, den Metzger, oder Mr. Pfister kannte. Wünschte, er könnte einfach losgehen, hallo sagen und dabei ganz natürlich wirken. Aber der Magen tat ihm so weh – es würde bestimmt nicht so aussehen. Er wünschte, er wäre Nick ähnlicher; der wusste, wie man Frauen ansprach. Natürlich hatte er das nur ein-, zweimal miterlebt – Nick war verschwiegen in diesen Dingen; doch Nick hatte bestimmt jede Menge Freundinnen. Hin und wieder gingen sie zusammen weg, und ein Mädchen hatte seinen Namen gerufen oder war zu ihm gekommen, und obwohl Davy nie gehört hatte, dass Nick etwas Besonderes antwortete, war ihm doch klar, dass der sich auskannte und wusste, wie’s ging.
Was Nick wohl zu Daisy sagen würde? Er versuchte sich an Grußformeln zu erinnern, die Nick in solchen Situationen gebraucht hatte.
Hallo.
Wie geht’s denn so?
Gut, wie immer .
Doch er konnte nicht genau hören, wie er die Sätze aussprach, denn Nick sagte sie ja immer mit einem gewissen Augenzwinkern, als meinte er in Wahrheit etwas anderes.
Er seufzte und beobachtete Daisys Hände, die sich beinahe rhythmisch bewegten. Dann spielte er im Kopf ein paar andere Zeilen durch, die er sich selbst ausgedacht hatte.
Ich sehe Ihnen gern beim Arbeiten zu.
Die Blumen sind hübsch, aber Sie machen sie noch hübscher.
Sie passen hierher, in den Garten, weil Sie die hübscheste Blume von allen sind.
Er holte tief Luft, klappte die Autozeitschrift zu und stellte sie in den Ständer zurück, dann übte er noch einmal in Gedanken, was er sagen wollte. Er entschied sich für den ersten Satz, weil er so einfach und wahr war.
Dann drehte er sich um und ging mit langen Schritten auf sie zu – nur um zu erkennen, dass er zu spät kam; sie rollte bereits fort.
Neun Uhr, die Sonne versank
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