Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
ihrer Sicht. Für sie war er bloß ein Anstreicher, ein Nichts, vor allem wenn sie wüsste, wer er wirklich war. Als sie zu ihm hochgeblickt hatte, ihre Augen warm und samtig wie der Nachthimmel, hatte er gemerkt, dass der verbitterte Alte in ihm die Oberhand gewann, und da war er gegangen.
Er betrat seine stille Wohnung, schaltete aber kein Licht an. Sondern ging in das leere zweite Schlafzimmer – den Raum, den er zum Arbeitszimmer umgestalten wollte, sollte es je dazu kommen – und sah zum Eckfenster hinaus, das den Blick auf das dunkle Meer freigab. Die Wand im Schlafzimmer hatte ein ähnliches Eckfenster, aber manchmal ging er in dieses Zimmer, wenn er allein sein wollte. Er mochte die leeren Wände, die glatten nackten Holzdielen unter seinen Füßen. Hier war der Blick das einzig Wichtige; fast hatte man das Gefühl, dass, wenn man durchs Fenster trat, man auf dem Wasser wandeln und darauf immer weitergehen könnte. Es war wie eine sich bewegende, lebendige Leinwand, ein zum Leben erwachter Monet.
Er raufte sich die Haare, jeder Muskel angespannt. Wieder rumorte die Frage in ihm: Warum bist du gegangen?
Und da kam ihm ein furchtbarer Gedanke.
Hatte er es getan, um ihr wehzutun? So, wie sie ihn verletzt hatte, als sie ihn einen Niemand nannte?
Vielleicht hatte er ihr daher immer gesagt, sie solle nicht reden. Der Gefühlsausdruck in ihrer leisen Stimme hatte alles … wirklicher erscheinen, hatte sie wirklicher erscheinen lassen, nicht nur wie die Barbiepuppen-Tochter des Mannes, der seine Familie vernichtet hatte. Plötzlich wollte er nicht, dass sie seinen Namen aussprach, wollte nicht glauben, wenn auch nur eine Sekunde lang, dass er für sie mehr als nur ein Niemand war. Solange er für Lauren Ash ein Nobody war, mussten ihre Gefühle ihn nicht interessieren. Aber wenn sich das änderte, wenn er das nicht mehr glaubte … würde alles nur noch sehr viel komplizierter werden, als es ohnehin schon war.
Denn ihm ging noch eine Frage im Kopf herum – die er einfach nicht verdrängen konnte: Hatte er ihr wehtun wollen, weil sie ihn als Niemand bezeichnet hatte? Oder lag es an ihren Vätern, an der Vergangenheit? Was zwischen ihren Familien passiert war, dafür konnte sie nichts, aber hatte er sie irgendwie kränken wollen als Revanche dafür, dass die Ashs die Armstrongs geschädigt hatten?
Frustriert wünschte er, er könnte mehr als einen sprichwörtlichen Silberstreif am Horizont sehen; er wollte etwas um sich haben, was ihn von diesem Durcheinander ablenkte, ihn entspannte. Was war denn überhaupt das Problem? Warum war er so gottverdammt nervös? Was hatte er denn sonst noch gewollt – außer sie zu verführen?
Er hatte bekommen, wonach er sich vom Augenblick ihrer Begegnung an gesehnt hatte – und es war spektakulär gewesen. Er wünschte, es hätte länger gedauert, aber als sie gekommen war, als er sah, wie sich die süße Ekstase auf ihren Zügen spiegelte in dem Augenblick, als er ihren Körper in Besitz nahm, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Und als sie ihm zugeflüstert hatte, dass er auch kommen solle – ließ er sich gehen.
Am Abend zuvor hatte sie gesagt, sie wolle bedeutungsvollen Sex – aber wohl nicht mit ihm, wenn sie gewusst hätte, wer er war. Und was erwartete er denn? Dass sie eine feste Beziehung mit einem Anstreicher einging? Nee, ganz bestimmt nicht. Nicht in einer Million Jahren. Verdammt, er hatte allen Grund gehabt zu gehen, allen Grund, das Ganze als das zu sehen, was es war: unverbindlicher Sex.
Er stieß einen langen Seufzer aus. Ach, Scheiße.
Eigentlich wollte er, dass es sich eher wie eine Art Satisfaktion anfühlte, mehr wie »Du hast mich verletzt, und deshalb habe ich dich verletzt«, aber es befriedigte ihn nicht. Warum war er nach jeder Begegnung mit dieser Frau voll Reue?
Einem Impuls folgend ging er zum Wandschrank in dem leeren Zimmer, schob die Schiebetür zur Seite und schaltete ein Licht an. Hier bewahrte er Eimer mit diversen Farben auf, die er während eines Auftrags geöffnet, aber nicht aufgebraucht hatte.
Sein Blick fiel auf einen kleinen Eimer mit Meeresschaum-Rosa – eine in Florida sehr beliebte Farbe, die gleiche, die er bei Laurens Haus überstrich – und darunter auf einen größeren Eimer mit Milchkaffee. Das waren die falschen Farbtöne, aber wahrscheinlich konnte er es damit hinbekommen.
Er verließ den Raum und begab sich zur Ankleide in seinem Zimmer, knipste auf dem Weg dorthin das Licht an. Als er in das oberste Regal
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