Fantasien der Nacht
ihn im Klaren. Für sie war er ein Fremder … zumindest bis ihre Erinnerungen zurückkehren und sie erkennen würde, dass sie alles über ihn in Erfahrung bringen konnte, einfach indem sie seine Gedanken las. Im Moment jedoch war er für sie ein Fremder.
Er hoffte, das heute Abend bis zu einem gewissen Grad ändern zu können.
Sie verriegelte die Tür, steckte den Schlüssel in die Tasche und wandte sich zu ihm um.
Eric nahm sich die Freiheit, ihr den Arm um die Schultern zu legen. Trotz seiner guten Vorsätze schien es, als wäre er außerstande, die Finger von ihr zu lassen, um sie so nah wie irgend möglich bei sich zu haben. Für seinen Geschmack war ihr Mantel viel zu dick; er war kaum imstande, ihren Körper darunter zu fühlen.
Er schob sie die gewundene Auffahrt hinunter und gewahrte, wie sie überrascht die Augen aufriss, als sie das Fahrzeug erblickte, das dort auf sie wartete. Die Ohren zweier Pferde gingen nach vorn, und beim Geräusch ihrer nahenden Schritte ruckten die Köpfe der Tiere hoch.
Tamara blieb stehen und schaute Eric mit großen Augen an. Er lächelte, als er die Freude in ihrem Blick sah. „Ich dachte mir, ein Schlitten wäre schöner als jedes andere Transportmittel“, erklärte er.
Ihr Lächeln raubte ihm den Atem, und sie lief los, einen puderigen Blizzard vor sich herschickend, als sie durch die zehn Zentimeter Neuschnee auf dem Boden pflügte. Dann stand sie vor dem Rappen, sprach so leise zu ihm, dass es nur das Pferd hören konnte, und strich ihm über die Nüstern. Das Tier schnaubte dankbar.
Eine Sekunde später gesellte sich auch Eric zu ihnen. „Das ist Max. Er ist ein Wallach, und ich glaube, er ist ebenso bezaubert von dir, wie ich es war, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe.“
Sie sah auf, blickte ihm in die Augen und dankte ihm im Stillen für das Kompliment, bevor Eric fortfuhr: „Und das …“, er ging hinüber zu dem goldenen Palomino neben Max, „ist Melinda, seine Partnerin.“
Tamara trat einen Schritt zurück und streichelte Melindas geschmeidigen Hals. „Sie ist wunderschön – beide sind sie das. Gehören sie dir, Eric?“
„Unglücklicherweise nicht. Ich konnte sie für heute Nacht ausleihen.“ Er sah die Gefühle auf ihrem Antlitz und spürte sie in ihren Gedanken, als sie erst das eine und dann das andere Pferd berührte und streichelte. „Allerdings denke ich darüber nach, die beiden zu kaufen“, fügte er hinzu. Das war die Wahrheit. In dem Moment, als er ihre Freude beim Anblick der Tiere gesehen hatte, wollte er sie besitzen.
„Ach?“ Endlich gehörte ihre Aufmerksamkeit wieder ihm. „Hast du einen Stall?“
„Ich werde einen bauen lassen“, erklärte er. Sie lachte, als er ihren Arm ergriff, sie um die Pferde herumführte und ihr in den Schlitten half. Er ließ sich neben sie sinken und nahm die Zügel in die Hand.
„Ich habe Pferde schon immer geliebt. Als ich ein kleines Mädchen war, wollte ich eine Farm haben, wo ich dann Hunderte von ihnen züchten könnte.“
Eric nickte. Er entsann sich ihrer Pferdeliebe. Er hatte sogar gehofft, dass sie immer noch so vernarrt in Pferde war wie damals. Nun ließ er leicht die Zügel knallen und schnalzte mit der Zunge. Der Schlitten setzte sich in Bewegung, und Tamara lehnte sich in dem gepolsterten Sitz zurück.
Sobald es möglich war, ließen sie die gepflasterte Straße hinter sich und bogen in eine schneebedeckte Seitenstraße ein, die eigentlich kaum mehr als ein Pfad war. Sein Blick ruhte öfter auf ihr als auf dem Weg voraus. Schier alles entlockte ihr kleine, erfreute Seufzer – der Vollmond, der sich auf dem Schnee brach und ihn glitzern ließ, als lägen winzige Diamanten unter seiner Oberfläche; das eisüberzogene Geäst, das die hässlichen kahlen Zweige in gemeißeltes Kristall verwandelte. Die klare kalte Luft, die ihr Gesicht berührte, und der Geruch der warmen Pferdekörper.
Eric nickte zustimmend, obwohl er in Wahrheit nichts von alldem mitbekam. Es war ihr Duft, der ihn gefangen hielt; die Art, wie die eisige Brise mit ihrem Haar spielte und Wangen wie Nasenspitze gleichermaßen rot anlaufen ließ, entzückte ihn.
Er fühlte allein die Wärme ihres Körpers, der sich gegen seinen presste, und sah das Mondlicht statt im Schnee in ihren Augen schimmern. Über die rhythmischen Laute der Pferdehufe hinweg hörte er die Musik in ihrer Stimme.
Sie hakte sich bei ihm ein, und ihr Kopf kam auf seiner Schulter zu liegen. „Das hier ist wundervoll, Eric. Es ist das
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