Fantasien der Nacht
flüsterte sie.
„Ich bin ein einfacher Mann mit einfachen Bedürfnissen.“
„Ich würde gern dein Zuhause sehen.“
„Vielleicht ein andermal. Nähme ich dich mit, während mein einsiedlerischer Freund unter meinem Dach weilt, würde er mich erwürgen.“ Er legte seinen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. „Das Haus ist beinahe ausschließlich mit Antiquitäten möbliert. Natürlich gibt es elektrisches Licht, aber ich greife nur selten darauf zurück. Ich ziehe den gedämpften Schein von Öllampen dem grellen Licht dieser weißen Glühbirnen vor, außer in meinem Labor.“
„Du bist Wissenschaftler?“
„Ich beschäftige mich nebenbei mit einigen Projekten, die mich interessieren.“
Ihre hübschen Augen verengten sich. „Ich denke, du stapelst ein wenig tief.“
Er zuckte mit den Schultern, zog an den Zügeln, um den Schlitten zum Stehen zu bringen, und griff unter den Sitz, um die Thermoskanne hervorzuholen, die er mitgebracht hatte. „Vor sehr langer Zeit hast du mir einmal gesagt, dein Lieblingsgetränk sei heiße Schokolade. Ist das immer noch der Fall?“
Zum ersten Mal seit Jahren fühlte sich Tamara in Gesellschaft einer anderen Person vollkommen entspannt. Die Stunden der Nacht verflogen, fast ohne dass sie es zur Kenntnis nahm. Sie unterhielten sich ohne Unterlass, schnitten jedes erdenkliche Thema an, von Musik über Kunst bis hin zu Politik. Eric faszinierte sie, und je mehr sie über ihn erfuhr, desto mehr wollte sie wissen.
Die ganze Zeit über war sie sich der körperlichen Anziehungskraft bewusst, die zwischen ihnen herrschte. Sie hatte sich mit Absicht dicht zu ihm gesetzt, damit sich ihre Körper berührten. Sie mochte es, ihn zu berühren, so sehr, dass sie sich kalt und einsam fühlte, als sie über ein Schlagloch in der Straße holperten und sie von seiner Seite gerissen wurde.
Ohne zu zögern, nahm sie ihren vorherigen Platz wieder ein. Er schien ihr Verlangen, ihm nahe zu sein, zu teilen, da er sie häufig anfasste. Er ließ seinen muskulösen Arm um sie gelegt und führte die Zügel mit nur einer Hand. Als sie unter einem tief hängenden Ast hindurchfuhren und eine Handvoll Schnee auf sie herabfiel, stoppte er den Schlitten und wandte sich ihr zu, um ihr den Schnee von den Schultern und aus ihrem Haar zu streichen.
Ihre Blicke trafen sich, und sie spürte seine unwiderstehliche Anziehungskraft. Er beugte sich vor und legte seine Lippen unendlich zärtlich auf ihre. Gleichwohl musste er merklich an sich halten. Sie gewahrte seine mühsame Zurückhaltung und wusste, dass er entschlossen war, es mit ihr langsam angehen zu lassen … um ihr Zeit zu geben, damit sie sich daran gewöhnen konnte, was zwischen ihnen geschah.
Sie fragte sich, was genau eigentlich zwischen ihnen passierte. Sie wusste, dass es stark und wirklich war. Sie wusste, dass sie noch nie zuvor etwas Vergleichbares für ein anderes menschliches Wesen empfunden hatte. Und sie wusste, dass sie nicht wollte, dass es aufhörte – um was auch immer es sich dabei handeln mochte. Sie wollte ihm das sagen, aber sie hatte keine Ahnung, wie.
Er brachte den Schlitten an derselben Stelle nahe der Auffahrt zum Stehen, wo er zuvor gestanden hatte, als sie zum Haus zurückkehrten. Er geleitete sie zur Tür und hielt inne, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte.
Bei dem Gedanken daran, ihn zu verlassen, krampfte sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Das Schloss gab nach, doch sie hielt die Tür geschlossen. Sie drehte sich um, schaute zu ihm auf und fragte sich, ob er es wusste.
„Ich würde dich gern wiedersehen“, sagte sie; mit einem Mal kam sie sich schüchtern und unbeholfen vor, was angesichts dessen, was zuvor zwischen ihnen passiert war, sonderbar schien.
„Ich glaube, ich würde nicht eine einzige Nacht überstehen, ohne dich zu sehen, Tamara“, gestand er ihr. „Ich werde wieder zu dir kommen … verlass dich darauf.“
Sie biss sich auf die Unterlippe und sah ihm ins Gesicht. „Ich bin eine erwachsene Frau. Es ist albern, hier so herumzuschleichen. Du weißt, dass du diese lächerliche Farce zwischen Daniel und dir im Handumdrehen aus der Welt schaffen könntest, wenn du nur wolltest. Komm einfach tagsüber hier vorbei. Er müsste dann zugeben, dass …“
„Liebes, er würde dann lediglich mutmaßen, dass ich irgendeinen Schutz gegen das Sonnenlicht besitze. Nichts kann seine Meinung über mich ändern.“ Sein Blick glitt kurz von ihr fort. „Ich folge meinem eigenen Zeitplan –
Weitere Kostenlose Bücher