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Fantasien der Nacht

Fantasien der Nacht

Titel: Fantasien der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE , Pößneck GGP Media GmbH
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mir.“
    Ihre Augen zogen sich geringfügig zusammen, und er hatte den Eindruck, dass sie ernsthaft darüber nachdachte.
    Roland räusperte sich; ihr Kopf ruckte herum, und die Angst kehrte in ihre Augen zurück. Erics Freund richtete einen begütigenden Blick auf sie und sagte: „Falls du dich vor mir fürchtest, so besteht dazu kein Anlass. Zwar traue ich dir nicht, wie es mein lieber Freund hier tut, aber das bedeutet nicht, dass ich dir je ein Haar krümmen würde. Mein Zorn darüber, dich hier zu finden, hängt geradewegs mit meinem Wunsch zusammen weiterzuexistieren.“ Bei diesen letzten Worten warf er Eric einen vielsagenden Blick zu.
    „Tamara.“ Als sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zugewandt hatte, sagte Eric: „Es gibt Individuen, die nichts lieber tun würden, als uns im Schlaf zu ermorden. Wir haben mein Sicherheitssystem beide für unfehlbar gehalten. Bitte sag mir, wie du hier hereingekommen bist.“
    Sie schluckte; ihre Kehle verengte sich. „Da, wo der Zaun endet“, erklärte sie heiser. „Bei der Klippe.“ Ihr Blick glitt zu Roland hinüber. „Ich habe niemanden mit hierhergebracht. Ich habe ihnen noch nicht einmal gesagt, wohin ich …“ Sie biss sich auf die Lippen, bevor sie den Satz beenden konnte, zumal Eric ihre Worte ohnehin kaum wahrgenommen zu haben schien.
    „Bei der Klippe?“, wiederholte er. Zum ersten Mal betrachtete er sie eingehender. Ihre Jeans waren feucht und mit Schmutz besudelt. Eine Schmarre aus Schmutz verunzierte ihre hohen Wangenknochen, und ihr Haar war zersaust.
    Von der Hand, die er in seiner hielt, stieg der Geruch von Blut auf, und er spreizte ihre Finger mit seinen eigenen. Getrocknetes Blut bedeckte ihre Handfläche, und aus den kleinen Schnittwunden in den Beugen von drei Fingern quollen neuerliche Tropfen. Aus der vierten Wunde drang ein bisschen mehr. „Wie ist das passiert?“
    „Ich … ich bin gestürzt. Ich musste mich am Zaun festhalten, und das Rankenmuster ist scharf. Das Eisen schnitt …“
    Roland fluchte leise und verließ den Raum, um Verbandszeug zu holen.
    Eric konnte die Szene, die sie soeben beschrieben hatte, deutlich vor sich sehen. Er spürte, was geschehen war, ihre Furcht, ihre Panik und ihren Schmerz. Die Erinnerung daran drang so klar in seinen Verstand, als wäre es seine eigene, und er war erschüttert darüber, wie nahe sie dem Tode gewesen war, während er geschlafen hatte, außerstande, ihr zu Hilfe zu kommen.
    Roland kehrte zurück, sank neben dem Kanapee auf die Knie und stellte eine Schüssel mit warmem Wasser auf den Tisch neben der Sitzbank. Er wrang ein frisches weißes Stück Stoff aus und reichte es Eric. Dann verfolgte er, wie Eric behutsam ihre Hand säuberte, und sein Gesicht wirkte so angespannt, als könne auch er bildlich vor sich sehen, was geschehen war.
    Als die Wunden sauber waren, holte Roland eine winzige Flasche Jod hervor. Er nahm Tamaras Hand aus Erics und betupfte jeden Schnitt großzügig mit der bräunlichen Flüssigkeit. Er verschloss die Flasche wieder und holte einen weiteren weißen Stoffstreifen aus irgendeiner verborgenen Tasche seines Mantels. Vorsichtig begann er, ihre verletzten Finger an den Kuppen zu verbinden.
    „Es … es sind bloß ein paar Kratzer“, krächzte Tamara und folgte seinen Bewegungen mit so etwas wie Erstaunen.
    Roland hielt inne und schien einen Moment lang nachzudenken. Dann grinste er ein bisschen schüchtern. „Manchmal entfällt mir, in welchem Jahrhundert wir uns befinden. Du bist gewiss gegen Tetanus geimpft. Es gab Zeiten, in denen selbst geringste Kratzer wie diese dich die ganze Hand gekostet hätten, wenn man sie nicht behandelte.“ Er zuckte die Schultern und befestigte den Verband mit einem ordentlichen kleinen Knoten. Danach blickte er zu Tamara auf, gewahrte ihre Verwunderung und runzelte die Stirn. „Du dachtest, wir würden beim Geruch deines Blutes in Raserei verfallen wie ein Rudel hungriger Wölfe, nicht wahr?“
    „Schluss damit, Roland“, unterbrach Eric ihn. „Du kannst sie nicht dafür verantwortlich machen, dass wir missverstanden werden. Sie wurde von einem Mann aufgezogen, der unserer Art mit Abscheu begegnet. Sie muss lediglich mit eigenen Augen sehen, dass wir keine Ungeheuer sind, wie er sie glauben machen wollte.“ Er betrachtete Tamara, nur um festzustellen, dass sie keinen von ihnen anschaute. Sie starrte auf die weiße Bandage an ihrer Hand, drehte sie hierhin und dorthin und legte die Stirn in Falten, als wäre sie sich nicht

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