Fantasien der Nacht
Curtis. Hör einfach auf damit – das ist Wahnsinn.“
Sie wartete, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Endlich gelang es ihr, seine Umrisse auszumachen, die zunehmend schärfer wurden. Er stand neben einem demolierten Weinregal, eine zweischneidige Axt in den Händen. Rings um ihn lagen zerbrochene Flaschen auf dem Boden verstreut. Er stand in einer Pfütze aus Wein. Die Holzbretter des Regals hingen in Trümmern.
„Verschwinde gefälligst von hier, Tammy. Das geht dich nichts an. Diese Sache betrifft bloß Marquand und mich!“ Wieder hob er die Axt.
Tamara stürzte auf Curtis zu und klammerte sich von hinten an seinen Schultern fest, um ihn davon abzuhalten, noch mehr Schaden anzurichten. Er ließ die Axt zu Boden fallen und griff nach hinten, um sie an den Haaren zu packen und nach vorn zu reißen. Sie strauchelte, fiel auf den weingetränkten Boden und mühte sich sogleich wieder auf die Füße.
Sie sah ihn an und keuchte, mehr aus Anstrengung, denn aus Furcht. „Die Polizei ist auf dem Weg hierher, Curtis. Wenn du nicht umgehend von hier verschwindest, landest du im Gefängnis.“
Er packte sie so schnell, dass sie keine Chance hatte, sich zu ducken. Er ergriff die Vorderseite ihres Mantels und hielt den Stoff in seinen Fäusten. Er wirbelte sie herum und schleuderte sie gegen die Überreste des Weinregals. Ihr Hinterkopf traf auf ein zerbrochenes Regalbrett, und rotglühender Schmerz durchtoste ihr Hirn. „Wo ist er, Tammy?“
Sie blinzelte und spürte, wie ihre Knie weich wurden. Sie drückte die Hände gegen die Wand hinter sich, um Halt zu finden, doch dann erstarrte sie. Unter ihrer Handfläche fühlte sie ein Scharnier. Dies war kein Weinregal, sondern eine Tür! Was, zum Teufel, wollte ein Vampir überhaupt mit Wein? Warum war ihr das nicht schon eher aufgefallen? Und wann würde Curtis dahinterkommen?
Sie atmete durch die Zähne ein. „Er ist nicht … hier.“
Sein Handrücken traf auf ihr Kinn, seine Fingerknöchel hart wie Felsen. „ Ich habe gefragt, wo ist er? Du weißt verdammt genau, wo er steckt, und du wirst es mir verdammt noch mal sagen!“
Unwillkürlich entwich ihr ein Schluchzen. Brennende Tränen rannen über ihr Gesicht. Curtis ließ ihren Mantel los, jedoch nur, um sie an der Schulter zu packen. „Lieber Himmel, Tammy, ich habe nicht die Absicht, dir wehzutun. Aber du stehst unter seiner Kontrolle, verflucht. Du wirst nicht eher erkennen, was er wirklich ist, bis er nicht mehr unter uns weilt. Wenn ich es nicht tue, wird er uns alle umbringen.“
Sie starrte ihn unverwandt an und schüttelte den Kopf. „Du irrst dich!“
„Er ist noch nicht einmal menschlich“, erinnerte er sie.
„Er ist menschlicher, als du es je sein wirst!“
Curtis’ Hand glitt von Neuem in die Höhe, wurde jedoch von hinten festgehalten. „Lass sie in Ruhe!“, schrie Jamey.
„Was, zum Teufel …“ Curtis blickte hinter sich und schüttelte Jameys Griff ohne jede Schwierigkeit ab. Dann drehte er sich zu ihm um. „Du kleiner …“
„Curtis, nicht!“ Gleichwohl, bevor er den Jungen schlagen konnte, senkte Jamey den Kopf und rammte ihn wie einen Rammbock in Curtis’ Magen. In einem Wirrwarr von Armen, Beinen und zerbrochenen Flaschen gingen die beiden zu Boden. Tamara packte Curtis’ Arm und versuchte ihn fortzuziehen.
„Keine Bewegung!“ Ein grelles Licht schien die Treppe hinunter, und das Geräusch von Schritten drang in die Tiefe. Ein Polizist packte Tamaras Arm und zog sie weg, während ein anderer Beamter Curtis unsanft auf die Füße riss und sich dann über Jamey beugte. „Bist du in Ordnung, Junge?“
„Alles okay. Ich bin der, der Sie angerufen hat.“ Er deutete auf Curtis. „Er ist hier eingebrochen … mit dem hier.“ Er wies auf die am Boden liegende Axt.
Der Cop stieß einen Pfiff aus, half Jamey auf die Beine und drehte sich zu Curtis um. „Stimmt das?“ Er packte Curtis’ Arm und drängte ihn die Treppe hinauf, während der zweite Polizist Tamara und Jamey vor sich herschob. Am oberen Ende der Stiege angelangt, wo das Licht besser war, dirigierte der Beamte sie ins Wohnzimmer und stellte sich ihnen als Sumner vor.
„Wohnen Sie hier?“
„Nein. Ich … der Eigentümer ist momentan nicht in der Stadt, und ich gebe für ihn auf das Haus acht“, log sie kurzerhand. Jamey stand daneben und sagte kein Wort.
„Ich brauche seinen Namen und eine Telefonnummer, unter der ich ihn erreichen kann.“ Er zog den obligatorischen eselsohrigen
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