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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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göttlich erzürnt, »du hast dir einen denkbar
ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, um ein Bad zu nehmen!«

 

    Â 
Die Fernen Länder,
das Musical
    Um die Mittagszeit tagte
in der ehemaligen Fantastik- AG -Arena (was Homur davon übrig gelassen hatte) eine
Versammlung aller Bürger der Stadt. Für den als Ehrengast anwesenden Riesen war
im Stadion kein Platz mehr gewesen, also stand er außerhalb, stützte sich mit
beiden Ellenbogen auf das Tribünendach und sah von oben herein. Bei
siebenundsiebzig Metern achtzig hatte er aufgehört zu wachsen. Den ihm schon
kurz nach der Befreiung der Stadt angetragenen Posten als Bürgermeister hatte
Homur lachend mit der Begründung ausgeschlagen, Riesen und Zivilisation seien
zwei Dinge, die man besser auseinanderhalten solle, vor allem im Interesse
Letzterer. Er würde aber gerne zu einem späteren Zeitpunkt wieder einmal zu
Besuch kommen und die Stadt in Schutt und Asche legen. Als auf diese
Ankündigung betroffenes Schweigen folgte, erklärte Homur heiter, das sei ein
Witz gewesen. Worauf alles in sein Lachen einstimmte, dabei übersehend, dass
für Riesen das In-Schutt-und-Asche-Legen von Städten tatsächlich eine humorige
Angelegenheit war.
    Zarrmysgrall hockte riesenhaft auf
dem Dach einer Fabrik, kritisch beäugt von den Sternheimern, die sich besorgt
fragten, ob sie etwa vorhatte, zu bleiben und falls ja, wovon sich
unvorstellbar gigantische Riesenspinnen eigentlich ernährten.
    Zur Erleichterung aller verließ sie aber bald darauf mit den anderen
Spinnen die Stadt, ohne dass es zu größeren Zwischenfällen kam. Ein Mitglied
der Liga zum Schutz Unbeliebter Arten, die die Freilassung der Spinnen aus den
unterirdischen Zuchthallen organisierte, wurde versehentlich (wie er sich ausdrückte) eingesponnen, weil er irrtümlich (so sagte er selbst) für ein Beutetier gehalten worden war.
    Ordinäre Riesenspinnen seien eigentlich äußerst friedliebende
Geschöpfe mit hoher sozialer Kompetenz, die sich rührend um die Aufzucht ihrer
Brut kümmern (indem sie sie zum Beispiel mit nahrhaften Wichteln füttern, was
aber so nicht erwähnt wurde).
    In der Fantastik- AG -Arena sprach jetzt
Tinorius, der wie die übrigen Dissidenten inzwischen wieder zu Verstand
gekommen war, und stellte den beunruhigten Sternheimern seine Große Apokalyptische Verschwörungstheorie vor.
    Theodor saß neben Mercedes auf der Tribüne.
    Â»Offensichtlich ist die Rebellion doch im Wunderspiegel übertragen
worden«, lächelte die Koboldin. »Ein ausgezeichneter Plan war das, Theo
Welk.«
    Â»Ach na ja«, sagte der Student, bescheiden errötend.
    Tinorius beendete seinen alarmierenden Vortrag, und nun trat
Professor Welk hinter das Rednerpult.
    Â»Ich möchte meinem Vorredner für
seine erhellenden Ausführungen danken«, begann er, »und Ihnen jetzt meine
eigene Theorie vorstellen, die ich in den letzten Stunden entwickelt habe.
Diese Theorie bezieht sich auf etwas, das ich Wirkliches
Verhalten nennen möchte. Diverse
Phänomene sozialer, psychischer und politischer Natur, die wir in der letzten
Zeit nicht allein in Sternheim, sondern in den gesamten Fernen Ländern
beobachten, halte ich für Symptome einer Infizierung dieser Welt mit
Wirklichkeit. Und ich glaube auch, die Ursache dieses Problems zu kennen.
Bürger von Sternheim, ich muss Ihnen ein Geständnis machen.«
    Der Professor legte eine
dramaturgisch wirksame Pause ein.
    Â»Wir, ich und mein junger Assistent«, er nickte in Theodors
Richtung, »stammen aus jener Sphäre, die man Die
Wirklichkeit nennt.«
    Betroffene Stille folgte dieser gewichtigen Mitteilung. Dann
sprachen alle aufgeregt durcheinander.
    Â»Das heißt«, Mercedes sah den Studenten mit großen Augen an, »du
bist … ein Dämon, ein Dämon aus der Wirklichkeit?«
    Â»Nein«, wehrte Theodor ab, »es
gibt in der Wirklichkeit keine Dämonen, ich bin da drüben ein ganz normaler
Mensch.«
    Â»Oh.«
    Verwirrenderweise schien diese Mitteilung die Koboldin zu
enttäuschen.
    Â»Na ja, aber«, beeilte sich der Student hinzuzufügen, »vielleicht
bin ich ja doch ein Dämon, sozusagen inkognito , ich meine …«
    Â»Seien Sie unbesorgt«, sagte der
Professor, und die Gespräche verstummten, »die Geschichten über Dämonen
entbehren jeder vernünftigen Grundlage. Doch es gibt in unserer

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