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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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ein Stück mit dem Titel Ähm . Eine
Eigenkomposition, nehme ich an? Das Wort scheint dir zu gefallen.«
    Theodor sortierte seine Trollfinger auf den Löchern der Blockflöte.
    Das einzige Lied, das er kannte, war ein sehr schlichtes namens
›Der Regenwurm ist an beiden Enden dünn und in der Mitte auch‹, das er in der
zweiten Klasse im Musikunterricht gelernt hatte.
    Zugegeben war es einigermaßen bedrückend, dieses nicht sehr
anspruchsvolle Werk unter dem strengen Blick des wahrscheinlich größten
Komponisten der Fernen Länder zum Besten zu geben.
    Theodor holte Luft und setzte die Flöte an die Lippen.
    Nun, dachte er, als der letzte Ton verklungen war, das ging doch gar
nicht so schlecht. Dafür, dass ich ungefähr siebenundzwanzig Jahre lang nicht
geübt habe …
    Â»Das war ja furchtbar«, sagte Leutnant Daumenschraube.
    Â»Ich fand es nicht ohne Reiz«, urteilte Sybras.
    Â»Oh, danke«, sagte Theodor überrascht.
    Â»Ich habe Ähnliches in meiner ›Dramatischen Dichtung für
Orchester‹ komponiert. Die Szene, in der der taube lungenkranke Grobschmied,
der sich als Flötist ausgibt, betrunken einen Abhang hinabrollt, nachdem er
zuvor von einer Horde Oger verprügelt worden ist.«
    Â»Oh.« Der Student kniff gekränkt die Lippen zusammen. »Und die,
ähm … Tür?«
    Â»Die Ähm-Tür?«, echote die Statue. »Was soll sein mit der
Ähm-Tür?«
    Â»Ich dachte … dass sie sich vielleicht … öffnen würde?«
    Sybras drehte sich um und tat so, als beobachte er eindringlich das
Tor.
    Â»Es hat nicht den Anschein, oder?«, stellte er fest.
    Â»Nein«, sagte Theodor resigniert. »Tatsächlich nicht. Vielleicht
könnte ich es noch mal versuchen?«
    Â»Warum nicht? Schlimmer kann es ja nicht werden.«
    Zum zweiten Mal erklang die unsterbliche Melodie von ›Der Regenwurm
ist an beiden Enden dünn und in der Mitte auch‹ – oder das, was Theodor davon
übrig ließ.
    Â»Faszinierend«, bemerkte Sybras. »Sagte ich eben: Schlimmer kann
es ja nicht werden? Ich nehme diese Behauptung zurück.«
    Â»Entschuldigung«, sagte Theodor beleidigt. »Ich bin eben nicht
sonderlich musikalisch begabt.«
    Â»Niemand ist vollkommen unmusikalisch«, behauptete Sybras.
    Â»Im Ernst?«
    Â»Ja. Die meisten Leute haben nur einfach keine Ahnung von Musik und
nicht das kleinste bisschen Talent.«
    Â»Wir bekommen Gesellschaft«, warf die Koboldin ein. Sie zeigte den
Gang hinunter, an dessen Ende umherschweifende Lichter erschienen.
    Â»Oh nein.«
    Theodor hob die Flöte und fing verzweifelt an zu spielen.
    Â»Takt!«, kommandierte Sybras. »Ein wenigstens rudimentäres
Gespür für Rhythmus ist doch nicht zu viel verlangt!«
    Â»Entschuldigung«, sagte Theodor. »Ich stehe derzeit ein wenig
unter Stress.«
    Â»Ha!«, entgegnete Sybras. »Wie oft ich das schon von schlecht
vorbereiteten Musikern zu hören bekommen habe!«
    Vielen Dank, musikalische Früherziehung, dachte der Student. Jetzt
werde ich sterben, weil ich nicht in der Lage bin, das berühmte Lied ›Der
Regenwurm ist an beiden Enden dünn …‹ korrekt zu spielen.
    Von allen sinnlosen Todesarten schien dies die mit Abstand
sinnloseste zu sein.
    Â»Und was ein cis in C-Dur zu suchen
hat«, unterbrach die Statue seinen nächsten verunglückten Versuch, »ist
erklärungsbedürftig. Enharmonisch als des gedeutet,
würde ich es zur Not noch als tiefalterierte Sexte eines Capriolanischen
Sextakkords gelten lassen. Vor allem in so einem hochdramatischen
Kinderliedchen«, fügte er mit beißendem Musikersarkasmus hinzu.
    Â»Sie kommen!«, rief Leutnant Daumenschraube.
    Mehrere Überwacher glitten gespenstisch wie schwarze Nebelfetzen in
den Gang. Sie waren noch weit entfernt, aber Theodor spürte bereits die
Eiseskälte, die sie verströmten.
    Vom Entsetzen beflügelt unternahm er einen weiteren Versuch.
    Â»Ja, jetzt hast du es fast«, meinte Sybras.
    Â»Wirklich?«, fragte Theodor.
    Â»Ja«, bestätigte Sybras. »Das eben war eine nahezu naturgetreue
Wiedergabe des Todesröchelns der Akustischen Katastrophenechse.«
    Â»Tut mir leid«, knurrte der Student. »Aber das … liegt auch am
Instrument.«
    Â»Am Instrument? Ich bitte dich. Das ist doch wohl die billigste
Ausrede von allen.«
    Â»Nein,

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