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Fantastisches Grün (German Edition)

Fantastisches Grün (German Edition)

Titel: Fantastisches Grün (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
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mehr einer inneren Haltung entsprach, als einer wirklich körperlichen Aktion. Ich wurde also ein wenig lockerer und benutzte ihn langsam aber sicher als Lehne, was mir den Ritt erheblich erleichterte. Sein kräftiger Körper gab keinen Zentimeter nach, obwohl ich mir vorstellen konnte, dass es gar nicht so leicht war ein schlappes Bündel wie mich zu halten und selbst Gleichgewicht dabei zu wahren. Ach ja! Und das Pferd zu dirigieren, natürlich. Multitasking auf Robin-Hood-Art. Männer in Strumpfhosen , kicherte die fremde Stimme blöd und ich musste zum ersten Mal über den Irren in meinem Kopf grinsen.
                  Die Arme des anderen Irren im realen Leben waren kräftig und haarlos. Für einen rothaarigen Mann hätte er eigentlich überall Sommersprossen haben müssen, doch zuvor hatte ich in seinem Gesicht keine Andeutung davon gesehen und auch seine Arme waren gleichmäßig braun gebrannt, wie es sonst nur bei dunkelhaarigen Menschen der Fall war. Vermutlich hatte er irgendeinen Gen- oder Hautdefekt, wenn auch zu seinem Vorteil, wie ich grimmig feststellen musste. Um seine Handgelenke trug er zwei handbreite Lederbänder, die entweder Schmuck, Schutz- oder ordinäre Schweißbänder waren. Schöne Arme, dämlicher Kerl. Etwas an ihm wirkte immer noch unpassend – von seinem Verhalten einmal ganz abgesehen.
                  Letztendlich konnte ich jedoch nicht viele von diesen Gedanken wälzen, denn nach der ersten kurzen Ruhephase war ich einfach zu sehr damit beschäftigt nicht zu viel Angriffsfläche mit meinem Körper zu bieten. Trotzdem fungierte er als Lehne, wärmte mich und machte sich selber nass. Also nicht im Sinne von ... eh schon wissen, sondern weil mein Gewand ja noch nass war. Vermutlich dampften wir beide schon richtig, weil er gar solch eine Hitze absonderte. Mehr noch als das Pferd unter mir. Der Ritt erforderte also durchaus meine Aufmerksamkeit, um zu beobachten, zu spüren und natürlich, um mich zu distanzieren.
                  Er sprach kein Wort mehr mit mir und ich getraute mich aufgrund seiner grimmigen Präsenz auch nichts zu sagen. Sobald ich nämlich eine dumme Bewegung machte oder zu viel wimmerte, spürte ich schon seinen Unmut. Mit undefinierbaren Lauten gab er mir dann immer zu verstehen, wie sehr ihn meine Anwesenheit immer mehr zu nerven begann. Gerade mal für sein Pferd hatte er immer wieder etwas freundlichere, aber vor allem beruhigende Worte. Dabei gab er leise, schnelle Schnalzlaute von sich, die in den Ohren des Pferdes wohl wie eine Liebkosung klangen. Zumindest reagierte es immer mit freundlichem Schnauben und leichten Kopfbewegungen. Auf mich wirkte das, als hätte ihm jemand für diese kurzen Momente die Stimmbänder entfernt und durch neue, weichere ersetzt. Wenn er sein Pferd „Rrroorri...“ oder so ähnlich nannte, war keine Spur Groll und Donner zu hören, nur Zuneigung und vielleicht auch so etwas wie Mitleid. Schließlich musste der schöne Hengst noch eine weitere Last tragen. Das Gefühl das ich dabei empfand, war ganz klar Eifersucht und beschämte mich. Aber ich war schließlich auch nur ein Mensch und in meinem angeschlagenen Zustand hätten mir freundliche Worte oder Laute auch ganz gut getan. Egal, ob ich sie verstanden hätte oder nicht. Selbst von solch einem grobschlächtigen Kerl wäre ein bisschen Freundlichkeit ein Segen gewesen. Mistkerl, verfluchter. Meine Gedanken, nicht die fremde Stimme. Für den Rotschopf in Strumpfhosen war ich scheinbar ein Feind oder zumindest ein Störfaktor. Wobei das mit den Strumpfhosen natürlich nicht stimmte. Es war sicher eine recht normale Hose – In grün? Hallo? – die halt etwas enger geschnitten war. So ein bisschen schwul eben. Fremde Stimme, nicht meine Gedanken. Aber ich kicherte leise los. Was ein seltsames Brummen hinter mir auslöste und mich sofort wieder verstummen ließ. Sicher meinte der Kerl längst, dass ich verrückt war. Was mir auch schon egal war. Er sprach sowieso kein Wort und ich hätte mir lieber die Zunge abgebissen, als den ersten Schritt in Richtung Völkerverständigung zu tun.
                  Der Ritt war trotz des langsamen Tempos anstrengend und erforderte immer mehr meine Konzentration. Schweiß stand mir auf der Stirn und mein Schädel brüllte bereits wie kurz nach meinem Erwachen auf der kleinen Lichtung. Das rüpelhafte Benehmen und die Bekanntschaft mit dem Bach hatten meinen Zustand sicher auch noch mehr verschlechtert.

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