Fantastisches Grün (German Edition)
entkommen, diesmal mit windenden Bewegungen. Doch auch der Versuch scheiterte an der Brutalität seines Griffs und meinen rasenden Kopfschmerzen. Dafür wurde er natürlich noch wütender und ungeduldiger. Um jede weitere Gegenwehr zu verhindern, begann er mich heftig an den Schultern zu rütteln, was bei jemandem mit Gehirnerschütterung nicht ganz so clever war. Die darauffolgende Steigerung meiner Übelkeit konnte ich also nicht mehr wirklich im Zaum halten. Unmöglich!
Gerade noch rechtzeitig brachte er sich in Sicherheit, sobald er mein Würgen bemerkte. Dann musste ich mich auch schon übergeben, fiel vor Schwäche und Schwindel auf die Knie und hörte ihn hinter mir nur laut fluchen. Wenigstens verstand ich die Worte nicht, aber seine Stimme und der Tonfall waren schon Beleidigung genug. Ich würgte und würgte ... und glaubte gar nicht mehr aufhören zu können. Immer wieder kam Galle hoch, denn gegessen hatte ich ja schon lange nichts mehr. Als der Anfall dann doch endlich verebbte, überzeugt er sich, dass nichts mehr nachkam, packte mich von hinten fest am oberen Rand meines T-Shirts und schleifte mich ausgesprochen unsanft zum Bach. Dort warf er mich dann gleich als Ganzes hinein. Was schlicht der Gipfel der Frechheit war, aber vor allem meinem Körper absolut zu viel wurde.
Ich wollte nicht sterben, schon gar nicht in einem Bach, doch durch den Schock des kalten Wassers und durch das rücksichtslose Verhalten des Mannes verlor ich das Bewusstsein. Einen kurzen Moment spürte ich noch das Wasser über meinem Kopf zusammenschlagen, dann wurde alles unwichtig.
Hätte er mich nicht wieder herausgezogen, wäre ich vermutlich ertrunken. Spuckend und keuchend erwachte ich am Rücken liegend gleich neben der Stelle, wo er mich zuvor noch hineingestoßen hatte. Er kniete neben mir und hielt mit seiner riesigen Hand mein Gesicht wie in einem Schraubstock. Allerdings nicht um mich festzuhalten, sondern damit ich besser Luft holen konnte.
„Sie ... sie ... verfluchter ...“, kreischte ich und wollte mich erneut aus seinem Griff befreien, was ihm jedoch nur ein unverschämtes Grinsen entlockte.
„Ihr also tatsächlich sprecht Deutsch?“, fragte er mit einem stark kantigen Akzent und einer angehobenen Augenbraue, die wohl Interesse bekunden sollte. Mein Kopf dröhnte und die Übelkeit war noch nicht ganz vorbei, aber ein Nicken brachte ich zustande. Dann schloss ich wieder meine Augen und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen. Ich war übermüdet, verwirrt und wäre gerade eben fast ertrunken. Die Situation war ein Horror, aber der Mensch sprach wenigstens meine Sprache. Rüpelhaft und grammatikalisch verdreht, aber immerhin! Dennoch gab es für Hoffnung keinen Grund, denn sein Blick wurde noch eine Spur schmaler und mit seinem starken Akzent und ruppig wie zuvor fragte er weiter.
„Was ihr macht auf dieser Seite? Wer genau seid ihr? Wer schicken euch und was vorhaben?“ Es war eine ganze Flut furchtbarer Satzstellungen, die mich überforderte. Herrgott kann der Kerl nicht sehen, dass es mir nicht gut geht? Kurz überlegte ich eine Ohnmacht vorzutäuschen, um den herrischen Fragen auszuweichen, oder um einfach nicht mehr in seine kalten, beißenden Augen zu sehen. Doch so wie ich den Rüpel einschätzte, hätte er mich nur noch einmal in den Bach geworfen und so lange unter Wasser gedrückt, bis er die gewünschten Antworten erhalten hätte. Seine Augen waren wie blaues Eis und keine Freundlichkeit stand in seinem Gesicht – nur intensives Interesse und der absolute Wille, die ganze Wahrheit aus mir herauszuholen. Doch meine Augen tränten. Ich hatte keine Kraft mehr und schon gar nichts von dieser charakterlichen Härte, die er so locker aus dem Ärmel zauberte. Ich war müde, ausgehungert und einfach nur noch schwach . Meine Erschöpfung zollte ihren Tribut und mit der Hand, die er nicht gerade festhielt, schirmte ich meine Augen ab, um meine Tränen zu verbergen. Er stellte seine Fragen nicht noch einmal, gab mir auch keine Ohrfeige oder bedrohte mich, aber er sagte ein Wort, das mir augenblicklich Gänsehaut bescherte.
„Mitkooooommen“, zischte er und zog es dabei so verzerrt in die Länge, dass ich beinahe das Bedürfnis hatte zu lachen ... über seinen seltsamen Akzent, die irrwitzige Situation und meinen so unpassenden
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