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Fantastisches Grün (German Edition)

Fantastisches Grün (German Edition)

Titel: Fantastisches Grün (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
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Eine andere Erklärung gab es jetzt nicht mehr. Ich öffnete das Päckchen aus dünnem Leder und fand darin Brot und Käse in grünen Stoff gewickelt. Es war nicht viel, doch je länger ich schnupperte, desto sicherer wusste ich von wem es war, denn der Stoff roch extrem nach dem Jäger mit den roten Haaren. Ich ertappte mich dabei, wie ich den Stoff an meine Nase drückte und intensiv daran schnupperte. Dadurch bemerkte ich, dass es nicht nur ein Stoff war, sondern jener Oberteil, den er mir schon zum Schlafen geborgt hatte. Irgendwie rührte das mein Herz. Dabei war er mir vielleicht nur gefolgt, um sicher zu gehen, dass ich ihn nicht verriet. In meinem Herzen aber wollte ich glauben, dass er sich Sorgen um mich machte, mich heimlich beschützte und versorgte. Das Oberteil war ein tolles Geschenk und würde mir vor allem in den Nächten Wärme spenden. Noch einmal drückte ich den Stoff in mein Gesicht und flüsterte ein leises „Danke“.
                  Der Käse schmeckte herrlich und nachdem mich mein Magen die ganze Nacht ein wenig mit seinem Brummen geärgert hatte, war vor allem der erste Bissen ein Gedicht. Das grüne Gewand ließ sich gemeinsam mit dem dünnen Leder ideal zur Tasche umfunktionieren und so konnte ich den restlichen Proviant so tragen, dass ich so gut wie immer beide Hände frei hatte. Immer wieder blickte ich mich um, ob ich irgendwo einen roten Haarschopf erkennen konnte, doch allem Anschein nach, hatte er die Heimreise längst angetreten. Inzwischen war mir klar geworden, dass er ganz schön über seinen Schatten gesprungen sein musste, einer möglichen Feindin Kleidung und Nahrung zu schenken, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen. Dabei konnte ich das kribbelige Gefühl nicht verhindern, wenn ich daran dachte, dass er mich so leicht auf meinem sicheren Platz entdeckt hatte. Dass er vor mir gestanden haben musste und mich jederzeit vom Baum hätte holen können. Was er sich wohl gedacht hat? Es war lächerlich sich etwas Romantisches vorzustellen, aber es war nicht abzustreiten, dass ich für den Rüpel freundschaftliche Gefühle hegte. Zumindest rechnete ich es ihm hoch an, dass er mir mit diesem Päckchen half. Selbst wenn sein Geschenk eine Warnung sein sollte, dass er mich beobachtete, oder dass ich vorsichtigere Verstecke wählen sollte ... es war und blieb ein Geschenk.
                  Mein Schritt war leicht und federnd geworden. Mit einem Lächeln im Gesicht ging ich weiter Richtung Norden. Die Nacht mit ihren vielen Tränen war vergessen, denn die Geste von meinem Rotschopf hatte mir Zuversicht und Hoffnung gegeben. Irgendwann komme ich schon nach Hause.
     
    Ein paar Meter weiter vorne kreuzte das Bächlein einen breiten Reitweg. Im Normalfall wäre das vermutlich nichts Besonderes gewesen, doch es war eine offene Stelle, an der Menschen vorbeikommen konnten. Ich musste also sehr vorsichtig sein. Sicherheitshalber ging ich erst einmal in Deckung und wartete ab, horchte auf Pferdegetrappel oder Stimmen und blickte durch das helle Grün auf die Straße. Als ich längere Zeit nichts sehen oder hören konnte, sprintete ich los und lief in geduckter Haltung über die Straße. Die Haltung war natürlich unnötig, aber es war mir einfach ein Bedürfnis mich kleiner und unsichtbarer zu machen. So rasch als möglich tauchte ich dann am anderen Ende des Weges wieder in den Wald und versteckte mich hinter dem nächstbesten Gebüsch. Mein Herz raste und ich war von der kleinen Strecke richtig außer Atem. Aber ich war auch stolz ungesehen diese Gefahrenquelle gemeistert zu haben.
                  Ein Klatschen nicht unweit von mir holte mich aus meiner vermeintlichen Sicherheit.
                  „Bravo! Sehr gut“, sagte jemand laut und klatschte dazu weiter seinen Beifall. Ich duckte mich instinktiv mehr ins Gras, obwohl dieser Jemand mich offenbar längst entdeckt hatte. Das Klatschen verstummte und ein leises Rascheln bereitete mich darauf vor, gleich mit dem unerwünschten Zeitgenossen konfrontiert zu werden. Und – ja – das wurde ich auch: Er war halb so groß wie ich, hässlich und ebenfalls ganz in Grün gekleidet. Dazu hatte er eigentümlich spitze Ohren und blickte mir mit gelbbraunen Augen spöttisch entgegen.
                  „Die Rumarin! Was für eine Überraschung“, zischte er und klapperte dabei mit seinen Zähnen.
                  „Die was?“, fragte ich und kickte mir mit zwei Fingern

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