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Fantastisches Grün (German Edition)

Fantastisches Grün (German Edition)

Titel: Fantastisches Grün (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
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Es wurde schnell dämmrig und ich hatte immer noch keinen passenden Baum gefunden. Den Vorfall mit dem Yeti versuchte ich zu verdrängen, auf Übermüdung zu schieben oder auf eine Begebenheit, die ich falsch in Erinnerung hatte. Niemand konnte sich so einfach in Luft auflösen und kein Neandertaler konnte einen im Nachhinein kribbelig und heiß machen. Das war ja fast noch verrückter als das Verschwinden. Kopfschüttelnd ging ich weiter und hielt Ausschau nach einem Baum. Nachdem ich nun schon einen ganzen Tag Richtung Norden gelaufen und der Wald sich kein bisschen verändert hatte, ging ich davon aus, noch tagelang so weitergehen zu müssen. Zum Glück hatte ich meine Tennisschuhe, die kein bisschen drückten. Den langen Marsch spürte ich dennoch in allen Muskeln. Ich hatte also ganz andere Sorgen, als an ein zotteliges Halbwesen zu denken.
                  Ein Baum! Die fremde Stimme in meinem Kopf hätte bescheuert geklungen, wenn sie einen einfachen Baum inmitten vieler Bäume gemeint hätte, doch es war DER Baum. Die Rinde war rau und ein abgebrochener Ast war Hilfe genug, um die nächstgrößere Astgabel erklimmen zu können. Dazu hatte er einen dicken Stamm von dem sich einige Äste so flach verzweigten, dass er beinahe wie ein Stuhl funktionierte. Es war geradezu perfekt!
                  Mit einem Seufzen der Erleichterung ließ ich mich in etwa zwei Meter Höhe nieder und fand eine Stellung, die mir halbwegs sicher erschien.
     
    Ich schlief unruhig, aber ich schlief. Die allgemeinen Geräusche der Nacht, die Eulen, das Blätterrascheln und auch das Brechen von kleinen Ästen ... all das beunruhigte mich bei weitem nicht so, als wenn ich unten am Boden gelegen hätte. Spät in der Nacht erwachte ich von meinen eigenen Schlafgeräuschen und als ich blinzelte, bemerkte ich die kühle Nässe auf meinen Wangen. Ich hatte geweint und konnte mich nicht einmal an den Traum erinnern. Dabei spürte ich das herzzerreißende Gefühl immer noch. Nur die Bilder dazu fehlten. Und ich weinte weiter, konnte nicht aufhören meinen Tränen freien Lauf zu lassen. Mit einem Mal kam einfach alles hoch – meine körperlichen Schmerzen, mein Gedächtnisverlust, die drei Wikinger, die beiden Jäger-Rüpel, der Zottelhaufen und meine ungewisse Zukunft. Es war alles so fantastisch , nur eben nicht im Sinne von wunderbar und es spürte sich verdammt bodenlos und aussichtslos an – eine Ironie, die mich hier am Baum beinahe zum Lachen brachte. Hier war ich ja wirklich bodenlos, wenn auch am Tage vermutlich mit einer guten Aussicht gesegnet. Doch wirklich zum Lachen war mir nicht und mit den Augen voller Tränen und einem Kopf voller Sorgen schlief ich schließlich wieder ein.
                  Mit den ersten Sonnenstrahlen erwachte ich und spürte meine rechte Hand nicht mehr. Wie tot lag sie unter meinem Rücken und brauchte erst ein paar Minuten, um wieder mit Sauerstoff versorgt zu werden. Während ich sie massierte und meine Beine versuchte zu bewegen, bemerkte ich auch die Rückenschmerzen, die ich durch den harten Untergrund bekommen hatte. Seufzend und stöhnend kam ich aus meinem Sitzloch in die Höhe und kletterte vorsichtig und alles andere als grazil vom Baum. Dabei verfluchte ich sein hartes Holz und seine „Nicht-Körpergerechte-Liegeform“, streichelte dann aber doch wie zur Versöhnung wieder seine raue Rinde, weil er mir schließlich eine sichere Nacht beschert hatte.
                  Um meine knackenden Knochen und mein Kreuz wieder in Schwung zu bringen, machte ich ein paar vorsichtige Aerobic-Übungen. Gerade das Eins-Zwei, Eins-Zwei konnte ich mir verkneifen. Als ich damit fertig war und mich zum Bachbett hinunter bückte, entdeckte ich plötzlich ein kleines Stoffbündel. Da ich mir sicher war, dieses Päckchen gestern noch nicht gesehen zu haben, ging ich davon aus, dass jemand in der Nacht hier gewesen sein musst. Hektisch sprang ich hoch und blickte rundum. Womöglich war der Yeti mir gefolgt oder ein richtiges Tier hatte etwas gefunden, mitgeschleppt und dann hier platziert. Bei genauerer Betrachtung aber war das Bündel sauber und ohne Löcher. Wieder blickte ich rundum und versuchte auf ungewöhnliche Geräusche zu hören. Doch es blieb alles still und entdecken konnte ich auch niemanden. Also schnappte ich mir das Ding und bemerkte plötzlich einen Geruch, den ich kannte. Der Jäger! Die Note war eindeutig. Darrrer oder Berrrnd mussten hier gewesen sein.

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