Fantastisches Grün (German Edition)
Ahnung auf was oder wen, aber es dauerte genau die Zeit, die ich brauchte, um mich zu fangen und wieder in die Gänge zu kommen. Entweder war das der beste Zufall aller Zeiten, oder Darrrer hatte genau mitbekommen, dass ich Zeit und Unterstützung gebrauchen könnte. Alleine die Möglichkeit schnürte mir die Kehle zu. Und dann schaffte ich endlich den nächsten Schritt. Das Dessert, natürlich! Ich war wieder ganz da und dafür noch schneller als zuvor.
Es ging alles glatt und auch der letzte Gang wurde problemlos erledigt. Danach reduzierte sich meine Aufgabe darauf, die Herren nie auf dem Trockenen sitzen zu lassen, sprich ihre Gläser immer wieder aufzufüllen. Der größte und schwierigste Teil war also vorüber und das entspannte mich dann endgültig. Ich wurde sogar richtig müde und musste ein paar Mal gähnen.
Zu der Zeit forderte der Prinz gerade die Herzogin zum Tanz auf und als er mit ihr an mir vorbeiging, traf mich plötzlich sein Blick ... aus eiskalten, blauen Augen. Es war ja nicht so, dass ich allzu viel erwartet hatte oder übertriebene Gefühle hegte, aber dass es ihm egal war ob es mich überhaupt gab oder wie es mir die letzten Monate ergangen war, das schmerzte einfach. Dadurch wirkten seine Fürsorge vor einem dreiviertel Jahr und seine verdammten Küsse irgendwie unaufrichtig. Mit einem leisen Schniefen rief ich mich zur Ordnung, weil dieses Gezeter ja doch nach übertriebenen Gefühlen klang. Dabei konnte von Gefühlen nur in Form von Mitleid die Rede sein. Er hatte Mitleid gehabt mit einer Ausländerin und ich hatte nun offenbar Mitleid für einen Mann ohne Herz.
Ich merkte wie meine Zähne gefährlich knirschten, während ich mir meine Situation klar machte und dem herrlichen Paar auf der Tanzfläche zusah. Vielleicht hatte er mich inzwischen erkannt, doch das war nicht länger von Bedeutung. Weder für ihn, noch für mich. Irgendwie würde ich auch noch den Rest des Abends überstehen und dann so rasch als möglich von hier verschwinden. Meine Jeans hatte ich heimlich geflickt und so, wie meine Socken und mein T-Shirt, gereinigt. Außerdem hatte ich penibel darauf geachtet meine Tennisschuhe nicht zu verlieren und alles so zu verstauen, dass es nicht gestohlen oder vom Herzogpaar einbehalten werden konnte. Lieber morgen als übermorgen , dachte ich als er die Herzogin gerade in eine schwungvolle Drehung führte und sich dabei geschmeidig im Takt bewegte. Meine ehemalige Arbeitgeberin strahlte ihn an, als würde ihr Leben davon abhängen. Morgen früh, dachte ich erneut und knirschte schon wieder mit den Zähnen. Natürlich war ich eifersüchtig, aber das wollte ich mir nicht so recht eingestehen.
Nach dem Tanz kehrten der Prinz und die Herzogin laut lachend gerade zu dem Zeitpunkt zu ihren Plätzen zurück, als ich zeitgleich an Darrrer vorbeihuschen und einen kurzen Abstecher in die Küche machen wollte. Genau da ergriff er plötzlich meine Hand und hielt mich zurück. Ich erschrak so sehr, dass ich wie vom Donner gerührt stehen bleib und ein komisches Geräusch von mir gab. Fassungslos starrte ich in seine Augen.
„Bitte noch einen Dessertwein“, forderte er laut und sah mir dabei so tief in die Augen, dass ich jeden Zweifel verlor, ob er mich kannte oder nicht. Der Mistkerl hatte von Anfang an begriffen, wer ich wirklich war. Ich hatte zwar keine Ahnung wie es ihm damit ging, aber ich spürte sofort wieder diese Anziehung und Nähe zu ihm.
„Ich muss dich sehen ... heute noch“, ergänzte er so leise, dass nur ich es hören konnte. Der Boden begann bedrohlich unter meinen Füßen zu wanken, so sehr fühlte ich mich überrumpelt und überrascht. Doch ich schaffte es kurz zu nicken, ehe er mich wieder freigab und zu seinem Platz ging. Ich aber taumelte wie ein Roboter weiter in Richtung Küche. Ein neuer Dessertwein musste her und das war meine Ausrede, um hier kurz Luft schöpfen zu können. Seine plötzliche Aufmerksamkeit hatte mich vollkommen durcheinander gebracht und mir das Blut in die Wangen getrieben. Er will mich sehen, dachte ich schockiert und verzückt zugleich. Das heftige Kribbeln in meinem Bauch schien unangebracht. Vor allem, weil er doch der Prinz war und ich nur eine ausländische Kellnerin mit Gedächtnisverlust.
Viel, viel später schlich ich heimlich aus meinem Quartier und traf auf eine
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