Fantastisches Grün (German Edition)
nervte?) nicht ganz leicht war. Doch wir hatten lange genug geprobt, also steckte ich mir das Haar mit einer Hand hinter das Ohr, während ich mit der anderen die Suppe auf den Teller der beiden Hochwohlgeborenen schöpfte. Auch dieses Mal patzte ich nicht und der Prinz zeigte auch jetzt keinerlei Interesse an dem Servierkörper zu seiner Rechten. Das enttäuschte mich auf der einen Seite, beruhigte mich aber auf der anderen. Mit der Zeit entspannte ich mich sogar richtig und schaffte bei der Mitte des großen Festmenüs bereits ein ehrliches Lächeln. Ich machte ja auch einen tollen Job und bewies wirklich Nerven. Selbst mein cholerischer Chef wirkte zufrieden. Die Menschen unterhielten sich alle köstlich, die Speisen fanden Anklang und die Musik spielte leise im Hintergrund. Ich musste immer wieder unauffällig Wein nachschenken und darauf achten, leeres Geschirr nicht zu lange stehen zu lassen. Aber diese Arbeit war kein Vergleich zu der schweren Schlepperei vom Vortag.
Kurz vor dem Dessert gab Berrrnd mir ein Zeichen und beorderte mich an seine Seite.
„Rrrramona“, begann er und lächelte ein wenig. „Habt Ihr vielleicht Dessertwein für uns?“ Dessertwein , dachte ich hektisch und ging in Gedanken die Liste meines Chefs durch. Dessertwein stand eindeutig nicht darauf, doch konnte einem Prinzenbruder das natürlich egal sein.
„Ich werde in der Küche für Euch nachfragen“, antwortete ich und fand mich dabei sensationell ruhig und professionell. Berrrnd nickte galant und damit war ich dann entlassen und ging so schnell ich konnte in die Küche. Dort machte ich dann Gott und die Welt rebellisch, mir diesen verdammten, süßen Wein so rasch als möglich zu holen. Der Job an sich war schon eine Anspannung, aber Unvorhergesehenes machte mich offenbar nervös. Doch die Damen der Küche kannten sich aus, holten das richtige Getränk und brachten sogar die passenden Gläser dazu. Schnell lief ich zurück und drosselte meine Schritte erst, als ich in Sichtweite war. Mein Chef nickte mir zu und ließ mich passieren.
Als ich wieder zu Prinz Darrrer und seinen Bruder kam, stellte ich die Gläser ab und wollte gerade einschenken, als der Prinz das Wort an mich richtete ohne mich wirklich anzusehen.
„Danke, das mache ich“, sagte er nur und nahm mir die Flasche aus der Hand. Erst jetzt bemerkte ich wie sehr meine Finger zitterten und wie stark mich der außerordentliche Wunsch seines Bruders durcheinander gebracht hatte. Wenn ich den Wein eingeschenkt hätte, wäre vermutlich die Hälfte verschüttet worden.
Eiligst zog ich mich zurück. Darrrer hatte mich auch jetzt keine Sekunde lang angesehen, doch schien er meine Nervosität instinktiv bemerkt zu haben. Also hat er mich doch wahrgenommen ... die ganze Zeit, dachte ich und fühlte mich mit einem Mal ganz schwach auf den Beinen. Er hatte mich bemerkt und trotzdem nicht erkannt. Und das war dann eine noch viel schlimmere Enttäuschung, als sein Verhalten bei der Begrüßung. Wenn er mich auf den ersten Blick nicht erkannte, war das noch nachvollziehbar, schließlich trug ich ein Kleid und hatte meine Haar viel länger, aber dass er mich nicht einmal erkannte, obwohl er auf mich achtete und ich ihn nun schon seit einer Stunde bediente ... das schmerzte ungewöhnlich stark. Wie kann ein Mann nur so grausam sein? Gut, es waren nur zwei Küsse gewesen und ein freundschaftliches Gefühl, aber die Enttäuschung trieb mir dennoch die Tränen in die Augen. Unpassend und unpraktisch, denn gerade hier konnte ich das heulende Elend nun wirklich nicht gebrauchen. Der letzte Gang war schon so gut wie an der Reihe und ich stand plötzlich nur da und versuchte mit Wischen und Schniefen das Schlimmste zu vertuschen. Meine Lippen zitterten verdächtig und doch konnte ich den Kopf soweit senken, dass es keiner bemerkte. Ich war nur nicht in der Lage zu gehen und Essen zu holen, stand wie angewurzelt da und wusste, dass mein Zustand jeden Moment aufflog, wenn nicht ein Wunder geschehen würde.
Doch da stand der Prinz plötzlich auf und wandte sich den Gästen zu. Verwunderte hob ich den Kopf und beobachtete ihn unauffällig aus dem Augenwinkel. Darrrer hielt sein Glas in der Hand und richtete ein paar Worte an das Herzogpaar und an die anderen Leute. Er sprach einen ungewöhnlich langen Toast auf ... keine
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