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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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herzlichen Glückwunsch. Als wäre es hier nicht schon scheißkalt genug.
    »Beatrice Sollner?«
    Sie reagiert nicht, langt nach einer dunkelroten Primel, ihr matschiger Overall spannt über ihrem strammen Hintern. Die Kopfhörer eines MP3-Players plärren in ihren Ohren. Stand Priester Röttgen auf so was? Möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich. Manni tippt dem Mädel auf die Schulter und wedelt mit seinem Dienstausweis. Sie fährt hoch, starrt ihn an wie ein Gespenst.
    »Jens Weiß«, sagt er nach dem obligatorischen Eingangsgeplänkel.
    Sie legt den Kopf schief. »Wer soll das sein?«
    »Ein Arzt.«
    »Und weiter?«
    »Du kennst ihn nicht?«
    »Nein.«
    »Aber Georg Röttgen, den kanntest du schon.«
    »Röttgen war ein Arsch, der hat alle tyrannisiert.« Die Piercings in ihren schwarz geschminkten Lippen blitzen.
    Ein tyrannischer Arsch, das ist doch mal eine Abwechslung zu all den frommen Lügen. Doch viel mehr ist aus Beatrice Sollner nicht rauszuholen. Während Röttgen erdolcht wurde, sei sie längst mit Freunden in einer Disco gewesen. Der Priester habe zwar »dummgeil geglotzt« und alle und alles in der Telefonseelsorge »ständig kontrolliert«. Aber mehr sei da nicht gewesen, nein, ganz bestimmt nicht. »Niemand konnte den leiden«, versichert sie stur.
    ›Jana. Geliebte Tochter‹. Auf einmal wird Manni bewusst, vor wessen Grab sie da eigentlich kniet.
    »Hier liegt deine Freundin, nicht wahr?«
    »Und weiter?« Sie funkelt ihn an.
    »Kannte sie den Priester Röttgen?«
    »Nein.«
    »Sicher?«
    »Ja. Sicher.«
    »Du vermisst sie.«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Trinkst du deshalb so viel?«
    Jetzt zeigt ihre coole Fassade Risse. Unsicher sieht sie plötzlich aus, auch wenn sie theatralisch die Augen verdreht.
    »Du warst gestern nicht mehr ansprechbar«, legt Manni nach.
    »Ich war krank!«
    »Du warst betrunken.« Manni grinst. »Total besoffen.«
    Sie greift nach einer Harke und zieht eine wütende Furche.
    »Nein!«
    Sie lügt. Das ist klar. Und die Tatsache, dass er das weiß, macht sie nervös. Soll er sie mitnehmen, würde das etwas bringen? Sein Instinkt sagt ihm, nein.
    Karate – leere Hand. Er denkt darüber nach, während er ins Präsidium fährt. In einem Karatekampf hat man nur sich selbst, um zu gewinnen. Das eigene Gleichgewicht, die eigene Mitte. Man muss zum Spiegelbild seines Gegners werden und dessen Bewegungen imitieren, sagen die Meister. Man muss sich in diese Bewegungen hineinversetzen und mit ihnen verschmelzen. Nur dann kann man im exakt richtigen Moment angreifen. Jenem Moment, wenn der Gegner am wenigsten damit rechnet und deshalb besonders verletzlich ist.
    In der Kantine hocken Judith Krieger und Meuser und löffeln Eintopf. Manni holt sich eine Cola und setzt sich zu ihnen.
    »Hast du mit Beatrice Sollner über ihren Vater gesprochen?«, fragt die Krieger.
    »Stefan Sollner zahlt brav Alimente, das hab ich gecheckt.«
    »Das muss nichts heißen.«
    »Schon klar. Aber selbst wenn dieses Punkmädel ein Kuckucksei wäre, der Spross unseres Priesters, was ist dann mit Weiß?«
    Sie antwortet nicht, hat wieder diesen sturen Blick, den er nur allzu gut kennt.
    »Hast du Beatrice gefragt, ob sie mal schwanger war?«, fragt sie nach einer kleinen Pause.»Das hätte sie mir wohl kaum verraten.«
    »Du hast sie also nicht gefragt.«
    »Judith, komm runter, fixier dich nicht auf diese Kindertheorie! Röttgen und Weiß waren sterilisiert.«
    »Fixieren! Du klingst schon wie Kühn!« Sie rammt ihren Löffel in den Linseneintopf.
    »Weder Weiß noch Röttgen haben von ihren Konten regelmäßige Zahlungen geleistet, die nach Unterhalt für ein Kind aussehen«, sagt Manni.
    »Ich hab Daten vom Einwohnermeldeamt bestellt.« Sie legt ihren Löffel hin, zählt an den Fingern ab. »Ledige Frauen aus Klettenberg, die in den letzten Jahren ein Kind bekommen haben. Frauen die plötzlich weggezogen sind. Frauen, deren Kinder gestorben sind. Frauen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind …«
    »Das ist doch Wahnsinn!«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Das Gruftigirl sagt, in der Telefonseelsorge war Röttgen gar nicht so beliebt, wie die alle behaupten. Da müssen wir ansetzen, die lügen …«
    »Halt. Stopp. Ich kann diese Leier nicht mehr hören!« Meuser, der bislang still seine Suppe gelöffelt hat und, soweit Manni sich erinnern kann, noch niemals laut geworden ist, haut auf den Tisch.
    Besteck und Gläser klirren. Es hallt regelrecht nach. Ungläubig starren sie ihn

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