Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
Vom Netzwerk:
erkennt.«
    Sloan hatte bemerkt, daß irgend etwas in ihren Worten Paris’ Aufmerksamkeit geweckt hatte, doch sie wußte nicht, was es war, bis Paris schließlich fragte: »Sie mag also Kleider? Deine Mutter, meine ich?«
    Deine Mutter? Unsere Mutter.
    Der Gedanke, wie absurd und auch tragisch die Situation war, in der sie beide sich befanden, traf Sloan mit unerwarteter Wucht. Doch die Sympathie, die sie vielleicht für Paris hätte empfinden können, wurde von dem Gedanken unterdrückt, daß Paris sich alle Kleider der Welt leisten konnte; ihre Mutter hingegen arbeitete in einer Boutique und mußte die Kleider, die ihr gefielen, an andere Frauen verkaufen. »Ja«, sagte Sloan kurz, »sie mag Kleider.« Damit stand sie auf und ging um das Bett herum zu ihren Koffern, als habe sie die Absicht, mit dem Auspacken zu beginnen.
    Paris fühlte, daß Sloan allein sein wollte, und stand auf. »Ich sehe dich dann unten um sieben Uhr«, sagte sie ebenso kurz.
    Sloan, die sich plötzlich schuldig fühlte, weil sie das Gespräch so abrupt beendet hatte, beugte sich verlegen über Saras Koffer und zog den Reißverschluß auf. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Paris das Zimmer verließ und die Tür hinter sich zuzog. Dann öffnete sie ganz in Gedanken versunken den Koffer, nahm ein schwarzes Cocktailkleid an einem Kleiderbügel heraus und suchte gerade nach einem Schrank, als ihr endlich bewußt wurde, daß etwas nicht stimmte...
    Sie hatte sich Saras großen Koffer gar nicht ausgeborgt, weil sie ihn nicht gebraucht hatte!
    Und sie hatte das schwarze, perlenbesetzte Cocktailkleid mit dem kurzen Chiffonrock, das sie in ihrer Hand hielt, nie zuvor gesehen.
    Entsetzt fuhr sie wieder zum Bett herum und starrte in den geöffneten Koffer. Obenauf lag ein langer, veilchenblauer Seidenrock. Sloan kannte weder den Rock noch das dazu passende Top, noch das rote Strandkleid, das darunter zum Vorschein kam...
    »Oh, Mom, nein!« flüsterte Sloan gequält, während sie neben dem Koffer auf das Bett sank. Sie mußte nicht weitersuchen, um zu wissen, daß jedes einzelne Kleidungsstück in dem Koffer neu war, und sie konnte sich auch denken, wie ihre Mutter die neue Garderobe ihrer Tochter finanziert hatte. Ein weißer Briefumschlag war unter die Riemen eines nagelneuen Paars gelber Sandalen geklemmt, und nachdem sie sich selbst geschworen hatte, daß sie gleich nach ihrer Rückkehr jedes einzelne Kleidungsstück zurückgeben würde, zog sie ihn eilig hervor. Die Geschäfte würden sich ohne weiteres damit einverstanden erklären, das Geld ihrer Mutter zurückzugeben, wenn sie die Kleider noch ungetragen zurückbrachte... Das dachte Sloan jedenfalls - bis sie den Brief las.

»Liebling«, stand da in der runden, hübschen Handschrift ihrer Mutter, »ich weiß, daß du böse sein wirst, wenn du die neuen Kleider entdeckst. Aber ich habe für die Bezahlung nicht meine Kreditkarte verwendet, so daß du dir keine Sorgen über die schrecklichen Zinsen machen mußt, die immer höher und höher zu werden scheinen, egal wieviel Geld man eigentlich ausgibt. Statt dessen habe ich das Geld verwendet, das ich für meine Kreuzfahrt gespart hatte.«
    Sloan stöhnte auf, beruhigte sich aber mit dem Gedanken, daß die Kleider zurückgegeben werden konnten.
    »Du wolltest, daß ich einen Traumurlaub verbringe, aber in diesem Moment ist für dich ein Traum wahr geworden, der schöner ist als alles, was ich mir erhoffen hätte können. Nach all diesen Jahren wird dein Vater dich endlich kennenlernen, und ich will, daß sich deine innere Schönheit auch in deinem Äußeren spiegelt.
    Dies ist der einzige Traum, den ich noch habe, mein Liebling. Alle meine anderen Träume hast du schon wahr gemacht, indem du einfach du selbst warst.
    Genieße also die wunderschöne Zeit in Palm Beach! Denke nur an schöne Dinge, vergiß alle Sorgen, und trage mit Freude die herrlichen Kleider, die ich dir gekauft habe.
    Ich liebe dich.
    Mom
    P. S.: Für den Fall, daß du nur einen Teil deiner neuen Garderobe benutzen willst: Ich habe alle Preisetiketten abgeschnitten, so daß eine Rückgabe nicht möglich ist. Nochmals viel  Spaß!
    Mit Tränen in den Augen starrte Sloan auf den Brief, während das Geschriebene langsam vor ihrem Blick zu verschwimmen begann; dann wanderte ihr Blick wieder auf die Kleider in dem Koffer. Es würde ihr sicher nicht gelingen, einen sorglosen Aufenthalt in Palm Beach zu verleben und nur an schöne Dinge zu denken, während es ihre eigentliche

Weitere Kostenlose Bücher