Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
dass sein alter Freund von dieser Mission höchstwahrscheinlich nicht zurückkommen würde – genauso wenig wie Baso.
Er wusste nicht, warum er eine so starke Vorahnung hegte, denn er hatte weder tragische Träume gehabt noch todesschwangere Vorhersagen vom Seher erhalten. Er verspürte lediglich eine große Bedrückung, wann immer er an seinen alten Freund dachte, und war sich sicher, dass er ihn nie wiedersehen würde.
Diese gegenwärtige Vendetta verursachte ihm unangenehme Gefühle. Oschō̄ war der Überzeugung, dass sie für sie alle schlecht ausgehen würde.
Vor dem offenen Fenster erwartete er einen weiteren Windstoß. Irgendwo außerhalb seiner Sichtweite schlug ein Fensterladen einmal, zweimal, dann war er still.
Ich bin im Alter melancholisch geworden , dachte er, doch dann kicherte er über seine eigene Narrheit. Er wusste, dass sein Alter nichts damit zu tun hatte.
Oschō̄ schloss die Läden und sperrte so den Sturm aus, der über die Berge herannahte. Er zitterte ein letztes Mal und kehrte dann zu seinen Büchern und seinem Polstersessel vor der willkommenen Wärme des Feuers zurück.
Es war später Nachmittag in Q’os. Das Wirtshaus Zu den Fünf Städten war genauso voll wie immer zu dieser Stunde,
wenn die örtlichen Hafenarbeiter und Straßenhändler Feierabend machten und die vielen Ausländer, die in den vielen Hostelios der Gegend wohnten, von dem guten Essen und den ausgezeichneten Weinen des Wirtshauses angezogen wurden.
In einer Ecke saßen unter der kleinen zischenden Flamme eines Gaslichts, das an der rußgeschwärzten Wandtäfelung hing, sechs Personen, die ins Gespräch vertieft waren. Die Einheimischen schenkten ihnen kaum Aufmerksamkeit und blickten nur hin und wieder zu der jungen Frau in ihrer braunen Lederkluft herüber, denn sie war ein hübscher Anblick für die Arbeiter, die seit Sonnenaufgang für ihren Lohn geschwitzt hatten und bald zu ihren Frauen zurückkehrten, die durch häufiges Kindbett und hartes tägliches Schachern vorzeitig gealtert waren.
»Das ist unmöglich«, sagte Serèse mit gedämpfter Stimme, obwohl der Lärm im Wirtshaus bereits ausreichte, um ihre Worte zu übertönen. Sie schien die gelegentlichen Blicke der männlichen Gäste im Schankraum nicht zu bemerken. Vielleicht war sie einfach an solche anzüglichen Blicke gewöhnt, oder sie hatte gelernt, diese zu übersehen. »Ich glaube, es gibt gegenwärtig im ganzen Midèrēs keinen besser bewachten Ort als den Tempel des Wisperns. Ich sehe keine Möglichkeit, unerkannt in ihn einzudringen.«
Baracha saß über einem kleinen Glas Rhulika und hob ungläubig eine Braue.
»Ich sage dir, dass es wirklich so ist, Vater. Sogar der Wassergraben um den Turm ist voller kleiner Fische, die
gierig auf Fleisch sind. Sie ziehen jeden Tag große Menschenmengen an, denn die Stadtwache hat damit angefangen, Verbrecher nur zum Spaß dort ins Wasser zu werfen. Ich habe es erst vor drei Tagen gesehen. Es war eine große Fütterungsorgie, und als sie den Mann aus dem Wasser gezogen haben, war er bis auf die Knochen abgenagt. Wie wollt ihr an solchen Hindernissen vorbeikommen? «
Nico saß in mürrischem Schweigen neben seinem Meister und schaute bei dieser Enthüllung auf. Er hatte noch nie von fleischfressenden Fischen gehört.
»Ich will dir etwas sagen«, meinte Baracha, der noch nicht überzeugt war. »Ich habe in meinem ganzen Leben keinen Ort gefunden, in den man nicht eindringen kann, wenn man genug Zeit und Findigkeit mitbringt. Wenn wir den Graben nicht durchschwimmen können, dann müssen wir ihn eben mit einem Floß überqueren.«
Serèse seufzte vor Verzweiflung. »Nur wenn ihr an den Bootspatrouillen vorbeikommt – und von den Wächtern auf dem Turm nicht bemerkt werdet. Und auch nicht von den regelmäßigen Patrouillen an Land. «
»Dann verkleiden wir uns eben als Bootspatrouillen, rudern hinüber zum Turm und erklettern ihn.«
» Selbst bei Nacht würdet ihr auffallen. Überall um die unteren Stockwerke herum sind Lichter aufgestellt. Ihr würdet keine zehn Fuß hochklettern können, bevor eine Patrouille oder einer der Flieger euch entdeckt.«
»Also können wir den Graben und das Wasser vergessen. Wir beschaffen uns Priesterroben, marschieren über die Brücke und gehen verkleidet durch das Haupttor. «
So wie Baracha es vorschlug, klang es ganz einfach.
»Gut, aber niemand wird durch das Haupttor eingelassen, bevor er nicht die Hände durch ein Gitter gesteckt hat. Es wird überprüft, ob
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