Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
»Wir sind schnell«, warnte er die anderen über die Schulter und wartete nicht, ob ihm jemand folgte.
Die beiden Regulatoren tauschten einen raschen Blick aus und liefen ihm nach.
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
Angeln mit Kieselsteinen
In jeder anderen Hafenstadt am Midèrēs hätte das unerwartete Eintreffen einer Kriegsgaleone ohne alle Farben außer einem neutralen Schwarz und mit einer Streitmacht an Bord, die offensichtlich für einen Krieg ausgerüstet war, Alarm ausgelöst.
Aber das hier war Cheem, und solche Anblicke waren so gewöhnlich wie der eines Fischschwarms. Als das Schiff am Kai den Anker warf und die Männer mit militärischer Disziplin von Bord gingen, drehten sich einige örtliche Bettler – in der Hauptsache ehemalige Seeleute, die entweder verkrüppelt oder abgearbeitet waren – zu ihnen um und wollten herausfinden, ob sie etwas Kleingeld erwarten durften, doch sie entschieden sich rasch dagegen. Nur einer dieser Bettler starrte die Männer ein wenig länger an. Es war ein Mann in den Vierzigern, dessen linker Arm in einem ledernen Stumpf endete. Er hatte einmal als Soldat der Reichslegion gedient und war noch nicht so vergreist oder von Drogen vergiftet, dass er die militärischen Tätowierungen an den bloßen
Handgelenken und Armen der von Bord Gehenden übersehen hätte. Auch bemerkte er die Tarnanzüge unter den einfachen Mänteln und die offensichtliche Zielstrebigkeit der Männer.
Ein Kommandotrupp, entschied der alte Mann und drückte sich tiefer in den Schatten des Hauseingangs. Vorsichtig beobachtete er, wie einer der Offiziere auf einen Stadtwächter zuging. Es wurden Vereinbarungen getroffen. Weitere Wächter wurden gerufen und Mulis herbeigebracht. Matrosen aus demselben Schiff luden Tonnen aus, die so schwer waren, dass sie Gold hätten enthalten können, und banden sie auf die Maulesel. Als das geschehen war, machten sich der Offizier, einige seiner Männer und eine Eskorte aus Wächtern mit ihrer Ladung auf den Weg in die Stadt.
Die übrigen Männer, etwa siebzig an der Zahl, hatten den Befehl erhalten, zurückzutreten. Sie entspannten sich in der frühen Morgensonne und beschwerten sich immer dann, wenn sie für irgendwelche Aufgaben ausgewählt wurden. Gelegentlich marschierten kleine Gruppen ins Gewirr der Straßen hinein, nachdem sie schwere Geldbörsen und den Befehl erhalten hatten, Reitzele, Maulesel und Vorräte zu beschaffen.
Vom Hauseingang beobachtete der alte Bettler, der seine Begierden für den Augenblick vergessen hatte, die Geschehnisse mit einem Stirnrunzeln und einem seltsamen Gefühl der Nostalgie und fragte sich, welche armen Narren nun den Zorn des Reiches auf sich gezogen hatten.
Ein bitterkalter Wind blies durch das offene Fenster des Turms und brachte den Geruch von Regen mit. Oschō̄ schaute hinaus in den dunkler werdenden Himmel, zog das schwere Laken enger um sich und zitterte.
Es zieht ein Sturm auf , dachte er, als er über die Berge zu den schwarzen Wolken blickte, die sich in der Ferne zusammenballten. So kurz nach dem letzten. Der Winter kommt früh in diesem Jahr .
Das war kein angenehmer Gedanke. Oschō̄ freute sich nicht auf den Winter hier im Hochgebirge. Seine Knochen schmerzten unter der andauernden kalten Feuchtigkeit, und jede Bewegung kostete ihn Kraft. Schon das morgendliche Aufstehen aus dem warmen Bett war eine Willensanstrengung, die jedes Jahr größer zu werden schien. Im Winter spürte er sein Alter, und das nahm er dieser Jahreszeit in gewisser Weise übel.
Mit den Jahren werde ich schwach , dachte Oschō̄. Früher wurde ich nicht von so vielen Zweifeln geplagt wie heute .
Unter ihm eilte Baso durch den Hof; seine dünne Robe flatterte im Wind. Oschō̄s Blicke folgten ihm, und er überlegte, ob er nach seinem alten Freund rufen sollte. Doch dann runzelte er die Stirn.
Das konnte nicht Baso sein. Baso war tot.
Er sah genauer hin und erkannte, dass es Kosch war. Er duckte sich unter dem Wind, und seine Ohren waren gerötet. Er verschwand in der Küche und suchte sicherlich nach einem Frühstück für seinen beständig knurrenden Magen.
Die Nachricht von Basos Tod war hart für ihn gewesen. Sie hatte Oschō̄ zutiefst verblüfft, als er zusammen
mit dem Rest der versammelten Rō̄schun dort im Hof gestanden und die Botschaft des Sehers vom Verlust ihrer Männer in Q’os vernommen hatte. Oschō̄s Körper war vor Schock ganz steif geworden, und es hatte ihm die Brust zusammengeschnürt, so dass er kaum mehr hatte atmen
Weitere Kostenlose Bücher