Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
»wenn du gut genug kämpfst, verschont dich die Menge vielleicht. «
Der Soldat schnaubte, und Nico schluckte schwer. Er dachte an die junge Frau, die jetzt dort draußen war. Sie war kaum älter als zwanzig Jahre und außer sich vor Angst. Es könnte auch Serèse sein oder irgendein anderes Mädchen, das er von zu Hause kannte. Was für eine Welt war das, in der Menschen danach gierten, dass andere menschliche Wesen zum Spaß in Stücke gehackt wurden?
Ein Schrei ertönte von draußen. Es war die Frau. In der Arena wurde es still.
Ihre Rufe nach Gnade hallten bis in den Käfig – und brachen dann unvermittelt ab. Jeder im Käfig schaute zu Boden; niemand wollte den anderen in die Augen blicken, nicht einmal der verbitterte Soldat.
Der Mönch brüllte etwas. Nico verstand es nicht, aber die Worte waren wütend und leidenschaftlich. Es folgte
ein Geräusch wie aus einer Schlachterei und dann noch eines. Diesmal kreischte die Menge nicht.
Nico bedeckte den Kopf mit dem Arm und kauerte sich zusammen. Mit jedem Schlag seines Herzens spürte er die Schmerzen aus seinen Verletzungen. Abermals versuchte er, seine Gedanken mit anderen Dingen zu beschäftigen.
Er dachte an Asch und daran, dass sein Meister nicht gekommen war, um ihn aus diesem Grauen zu befreien.
Doch vielleicht hatte er es versucht, dachte Nico, und war dabei gestorben.
Nico weigerte sich, das zu glauben. Er betrachtete den alten Mann tatsächlich als unbesiegbar, als eine Naturgewalt – und eine Naturgewalt konnte man nicht töten, sondern nur ihr Vorübergehen abwarten. Wo bist du also? , wollte er von seinem Meister wissen.
Vielleicht hatte Asch es gar nicht versucht. Vielleicht hatte irgendeine Vorschrift der Rōschun ihn davon abgehalten, einen Rettungsversuch zu unternehmen. Der Ehrenkodex erlaubte keine persönlichen Racheakte, und vielleicht war es daher auch nicht erlaubt, jemanden zu retten – vor allem dann nicht, wenn die Vendetta noch nicht ausgeführt war.
Ich hätte dich verlassen sollen, als es mir noch möglich war , dachte Nico. Ich hätte die Gelegenheit ergreifen und nach Khos und zu meiner Mutter zurückgehen sollen .
Einen Augenblick lang verfluchte er den Tag, als Asch in sein Leben getreten war. Doch in Wahrheit war das nur ein oberflächliches Gefühl, und er schob es rasch beiseite. Er wollte nicht verbittert an solche Dinge denken,
wo er so nahe vor seinem eigenen Ende stand. Asch war gut für ihn gewesen. Es war allein Nicos Schuld, dass sich die Dinge so entwickelt hatten.
Serèse kam ihm in den Sinn. Ohne seinen Meister wäre Nico ihr nie begegnet. Doch wieder verkehrten sich Nicos Gedanken ins Gegenteil, und er stellte sich vor, wie sein Freund Aléas das Mädchen mit seinem Charme und seinem guten Aussehen bezaubern würde, sobald Nico nicht mehr lebte. Er stellte sich vor, wie sie sich beide an den armen Nico erinnerten – dass er vor langer Zeit einmal ein Freund gewesen war, ein seltsamer Knabe, aber mit einem guten Herzen, und wie bitter es war, an die schreckliche Art und Weise seines Todes zu denken. Wir hätten mehr zu seiner Rettung unternehmen müssen , würden sie sagen, bevor sie in ihr schönes Bett zurückkehrten und sich gemeinsam das Bedauern aus dem Leib schwitzten.
Noch mehr Bitterkeit, erkannte Nico. Das sah ihm gar nicht ähnlich, oder zumindest hatte er sich so noch nie gesehen. Aber seine Mutter war manchmal verbittert. Vielleicht stimmte es, was die Leute sagten, und die Kinder schlugen den Eltern nach.
Draußen sprach jemand die Menge an. Es war eine Frauenstimme, laut und gebieterisch. Es klang wie die Matriarchin persönlich. Sie erzählte den Menschen etwas über Rōschun . Nico erkannte, dass sie über ihn sprach.
Gütige Erēs, er war noch nicht bereit! Er fragte sich, ob er es je sein würde. Ein Wächter kam herbei und stieß durch die Gitterstäbe gegen seine verletzten Rippen.
Er zuckte unter der Berührung zusammen und hielt noch immer den Arm über den Kopf. Ein anderer Wächter stieß ihm in den Rücken.
» Schon gut! «, fuhr Nico sie an, als er sich auf die Beine kämpfte.
Sie zwangen ihn in den Gang, und eine schwarze Robe landete vor seinen Füßen. Nico musste sie anziehen. Unter der Anstrengung wäre er beinahe bewusstlos geworden.
Als Nächstes gaben sie ihm ein Kurzschwert und einen Schild. Ein Wächter band ihm den Schild an den Unterarm knapp über seiner nutzlosen Hand. Die Männer arbeiteten ruhig und fachmännisch und wirkten wie müde Viehtreiber, die
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