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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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schließlich hoch über dem Loch einen Sims, der in eine Höhle hineinführte, und stellte fest, daß der Häuptling der Zwerge von nun an offensichtlich weniger galt als zuvor. Nach einer Weile wurde ihm klar, daß die Zwerge in ihm nicht nur einen Helfer, sondern offenbar auch einen Führer sahen. Als sie mit lauten Schreien versuchten, das betäubende Donnern der Wassermassen zu übertönen, nannten sie ihn Tehuti. Normalerweise wäre das nichts Ungewöhnliches gewesen, aber bisher hatte Joe stets den Eindruck gehabt, daß die Art, in der sie seinen Namen aussprachen, ein bißchen nach Verulken klang. Jetzt nicht mehr. Er war jetzt wirklich ihr Tehuti geworden.
    Clemens unterbrach Joes Erzählung erneut. »Es muß ungefähr so gewesen sein, als würden wir einen Dorftrottel mit einem Namen wie Jehova belegen. Es ist nun mal die Art der Menschen, die Götter zu verspotten, wenn sie ihrer nicht gerade bedürfen. Aber sobald es ihnen dreckig geht, rufen sie nach ihnen. Möglicherweise ist Joe den Ägyptern in diesem Moment wirklich wie Thoth erschienen, der sie auf den Eingang der Unterwelt zuführte. Natürlich beziehe ich mich mit dieser Vermutung nur auf das menschliche Bedürfnis, aus jedem Symbol eine Übereinstimmung zu konstruieren. Wenn man einen Hund bürstet, wird man schon irgendwann einmal auf einen Floh stoßen.«
    In diesem Moment stieß Joe Miller durch seine grotesk geformte Nase heftig die Luft aus und sein mächtiges Kinn zitterte, als wolle er etwas sagen, das er nicht über seine Lippen kommen lassen wollte. Unzweifelhaft hatte ihn jetzt wieder die Erinnerung im Griff und erzeugte in ihm ein längst verdrängtes Entsetzen.
    Die Felsöffnung hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem Tunnel, der sie durch den Berg geführt hatte. Der darunterliegende Gang war unbearbeitet und natürlich und verfügte über eine solche Anzahl von hindernden Vorsprüngen, daß Joe sich die meiste Zeit über wie ein Tänzer hin und her winden mußte, um nicht anzustoßen. Die Dunkelheit war so tief, als hätte er das Augenlicht verloren, und auch sein Gehörsinn nützte ihm in diesem Fall nichts, dazu war das Donnern der Wassermassen zu stark. Alles, worauf er sich verlassen konnte, war sein Tastsinn, und auch dieser führte ihn so oft in die Irre, daß er sich zu fragen begann, ob er überhaupt noch funktionierte. Dennoch war dies die einzige Möglichkeit, voranzukommen. Wenn er aufgegeben hätte, wären die ihm folgenden Männer keinen Schritt weitergegangen.
    »Wir hielten f-fweimal an, um fu effen, und einmal, um fu flafen«, berichtete Joe. »Und gerade, alf ich mir dachte, daff wir hier wahrscheinlich herumkrabbeln müften, bisf unf die Nahrung aufging, fah ich vor mir etwaf Grauef. Ef war kein Licht. Ef war hier blof ein wenig weniger dunkel.«
    Sie befanden sich außerhalb der Höhle in der frischen Luft, mitten auf dem Berg. Mehrere tausend Meter unter ihnen lag ein Wolkenmeer. Die Sonne lag versteckt hinter den Bergen, aber der Himmel hatte sich noch nicht verfinstert. Der schmale Sims führte weiter, und so krabbelten sie auf ihren zerschundenen Händen und Knien abwärts, da der Weg sich praktisch zu einem Nichts verengte.
    Zitternd griffen die Männer nach den winzigsten Löchern, um sich einen Halt zu verschaffen. Einer von ihnen rutschte plötzlich aus, stürzte, prallte gegen einen anderen und riß ihn mit sich in die Tiefe. Beide verschwanden aufschreiend zwischen den tiefhängenden Wolkenbänken.
    Die Luft wurde wärmer.
    »Weil der Fluß seine Wärme abgab«, erklärte Clemens. »Er entspringt nicht nur am Nordpol dieses Planeten, sondern versickert auch dort, nachdem er sich auf seinem serpentinenförmigen Weg um den ganzen Planeten mit Wärme angereichert hat. Die Luft am Nordpol ist zwar kalt, aber noch lange nicht so frostig wie die am Nordpol der Erde. Aber natürlich ist das alles reine Spekulation.«
    Die Männer erreichten, so berichtete Joe, einen andere Plattform, auf der sie rasten konnten, musterten das Gebirge und bewegten sich seitwärts weiter wie Krabben. Die Plattform, auf der sie sich befanden, zog sich um den Berg herum. Joe hielt an. Das enge Tal verbreiterte sich zu einer breiten Ebene. Unter sich, in weiter Ferne, konnte er hören, wie Brecher gegen die Felsen anrannten.
    Trotz der herrschenden Dämmerung war es Joe möglich zu erkennen, daß der Polarsee völlig von Bergen umgeben war. Der wolkenbedeckte See unter ihm bedeckte ein Gebiet von wenigstens sechzig Meilen im Durchmesser.

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