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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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hochgewachsener Gestalt und machte einen kräftigen, bulligen Eindruck. Wie ein alter, zerzauster Widder, dachte Sam, obwohl der andere – wie jeder auf dieser Welt – äußerlich nicht mehr als fünfundzwanzig Jahre alt war. Lockiges Haar fiel bis auf seine Hüften herab. Seine Augenbrauen selbst waren von dunkelbrauner Farbe. In ihnen leuchteten blaßgrüne Pupillen. Das Gesicht des Fremden wirkte adlerartig, hatte ein festes Kinn und große, beinahe rechtwinkelig abstehende Ohren.
    Die Gestalt eines zerzausten Widders, dachte Sam, und der Kopf einer gehörnten Eule.
    Der Bogen des Mannes war aus einem Material gemacht, das Sam zwar schon gesehen hatte, das nichtsdestotrotz aber selten war: dem Horn eines Flußdrachenfisches. Der Fremde hatte zwei dieser Hörner aneinander befestigt. Damit besaß er eine Waffe, die nahezu unübertrefflich war. Sie hatte nur einen Nachteil: Man mußte über ungeheure Körperkräfte verfügen, um sie überhaupt bedienen zu können.
    Der Lederköcher des Fremden enthielt zwanzig Pfeile, die mit Feuersteinspitzen versehen waren, während ihre Schäfte aus einem Material bestanden, das ebenfalls nur der Drachenfisch lieferte: feine Knöchelchen seiner Schwanzfinne, an deren Enden federartige Splitter hingen, so dünn, daß die Sonne beinahe durch sie hindurchschien.
    Der Mann sprach Deutsch mit einem breiten, nichtdeutschen, unidentifizierbaren Akzent. »Sie sehen aus wie Sam Clemens.«
    »Der bin ich auch«, erwiderte Sam. »Zumindest das, was von mir übriggeblieben ist. Aber woher…«
    »Man hat Sie mir beschrieben«,sagte der Fremde. »Jemand von Ihnen.«
    Zuerst verstand Sam gar nichts. Die Taubheit, welche die explodierende Rakete hervorgerufen hatte, die Kriegsschreie der Männer, die sich in einer Entfernung von nur zehn Metern gegenseitig umbrachten, die Detonationen in der Ferne, das plötzliche Auftauchen dieses Mannes – all dies verwirrte ihn zutiefst.
    Schließlich stieß er hervor: »Er hat… Der geheimnisvolle Fremde… Er hat Sie geschickt! Sie sind einer der Zwölf?«
    »Er? Nicht er! Sie hat mich geschickt!«
    Aber jetzt hatte Sam keine Zeit mehr, dem anderen weitere Fragen zu stellen. Er unterdrückte den Impuls, den Mann danach zu fragen, ob er mit dem Bogen überhaupt umgehen könne. Seinem Aussehen nach war das gar keine Frage. Statt dessen kletterte Sam auf den Erdhügel, den die fehlgeleitete Rakete aufgeworfen hatten und deutete auf das nächstliegende gegnerische Schiff, dessen Bug landeinwärts ragte. Auf dem Achterdeck sah er einen Mann, der lauthals Befehle schrie.
    »Das ist von Radowitz, der Führer der gegnerischen Flotte«, erklärte er dem Fremden, der ihm gefolgt war. »Mit unseren kleinen Bogen können wir ihn nicht erreichen.«
    Kühl und wortlos, mit einem knappen Blick die Windgeschwindigkeit abschätzend, die zu dieser Tageszeit pro Stunde sechs Meilen betrug, löste der Mann seinen Bogen vom Rücken. Der Pfeil traf von Radowitz genau in den Solarplexus. Der Deutsche fuhr unter der Wucht des Aufpralls zusammen, wirbelte herum, um das Geschoß aus seinem Fleisch zu reißen, und fiel im gleichen Augenblick rücklings über die Schiffsreling ins Wasser, das zwischen dem Ufer und seinem Flaggschiff dahinfloß.
    Ein Stellvertreter übernahm sofort die Position des Gefallenen, und sogleich erledigte der Bogenschütze auch ihn. Joe Miller, ganz in einen Panzer aus Drachenfischleder gekleidet, jagte wie ein Derwisch im Hauptzentrum der Schlacht herum und drosch mit einem mächtigen Knüppel auf die angreifenden Deutschen ein. Er wirkte wie ein achthundert Pfund schwerer Löwe mit menschlicher Intelligenz, und mit ihm kamen Tod und Panik, denn er zerschmetterte pro Minute zwanzig Schädel und nahm gelegentlich mit der freien Hand einen Mann aus der Menge der Gegner heraus und benutzte ihn dazu, ein halbes Dutzend anderer gleichzeitig niederzuknüppeln. Dann und wann gelang es fünf Männern, sich zusammenzurotten und sich von hinten an ihn heranzuarbeiten, aber sobald es für Joe ernsthaft gefährlich wurde, trat unerbittlich der schwarze Knochenbogen des Neuankömmlings in Aktion.
    Schließlich gaben die Invasoren auf und strömten auf ihre Boote zurück. Von Richthofen, blutend und fast nackt, tanzte unentwegt grinsend über den Uferstreifen und schrie: »Wir haben gewonnen! Wir haben gewonnen!«
    »Wird Zeit, daß du deine Flugmaschine bekommst«, sagte Sam und wandte sich an den Bogenschützen. »Wie heißen Sie?«
    »Ich hatte viele Namen, aber

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