Farmer, Philip José - Flusswelt 05
es. Manchmal. Roboter brauchen die Gründe ihres Verhaltens nicht rational zu erklären. Sie verhalten sich einfach so; Menschen jedoch müssen erklären, warum sie sich so und so benehmen. Sie konstruieren ein logisches System, um ihr Verhalten zu entschuldigen. Das System mag zwar auf den falschen Prämissen basieren, ist innerhalb seines eigenen Rahmens oder Maßstabs jedoch normalerweise logisch. Wenn auch nicht immer.
Die Ethiker behaupten nun - und können es beweisen -, daß selbst der genetisch unbeweglichste, der am strengsten konditionierte Mensch die Fähigkeit hat, sich von diesen Zwängen, aus diesen Schablonen zu befreien, wenigstens teilweise. Daß ein paar Menschen dies können, die meisten es jedoch nicht tun… die Ethiker behaupten, dies sei eine Demonstration des freien Willens. Die Niedergehaltenen, die Geknechteten, wollen nichts ändern. Sie sind in ihrem Elend glücklich.«
»Sie können das beweisen?«
»Ja. Ich gestehe ein, daß meine Kenntnisse nicht ausreichen, um ihre Ergebnisse zu überprüfen. Ich verstehe nichts von höherer Mathematik oder extrem spezieller Biologie. Aber ich akzeptiere ihre Beweise.«
»Es gibt keine endgültige oder absolute Gewißheit, nicht wahr?« fragte Burton. »Es sei denn, du kannst klar und deutlich sehen, wie durch ein Brennglas, welche Beweise sie präsentieren. Sonst wirst du nie wirklich wissen, ob sie die Wahrheit gesagt haben, oder?«
»So gesehen, nein. Manche Dinge muß man einfach glauben.«
Burton lachte dröhnend.
»Wenn du nicht kompetent bist, die Forschungen selbst zu betreiben«, sagte der Amerikaner mit leicht errötetem Gesicht, »woher willst du dann wissen, daß das, was du in einem Chemie- oder Astronomie-Buch gelesen hast, der Wahrheit entspricht? Woher willst du wissen, daß überhaupt etwas wahr ist, wenn du nicht die jeweilige Beweisführung nachvollziehst? Selbst dann kann einem ein Fehler unterlaufen, oder man bleibt der entgegengesetzten Sichtweise verhaftet, weil man…«
»Weil man ihr genetisch verhaftet ist?« sagte Burton verächtlich. »Weil vorherbestimmt wurde, daß man zwar an dies, aber nicht an das glaubt?«
»Mit einer Einstellung wie der deinen kann man an fast nichts mehr glauben.«
»Richtig«, sagte Burton gedehnt.
»Auf der Erde hast du gewiß oft eine Meinung vertreten, die auf den Beobachtungen anderer basierte. Eine oft sehr falsche Meinung.«
»Das war auf der Erde.«
Sie schwiegen eine Weile. Die Frauen unterhielten sich miteinander. Frigate konnte jedoch sagen, daß Sophie ihnen gleichzeitig zuhörte. Sie blinzelte ihm zu und machte eine Handbewegung, die er nicht deuten konnte.
Frigate griff das Thema wieder auf, als sei es ein Fußball, als wolle er die gesamte gegnerische Abwehr allein ausspielen. »Ich glaube, es war so gegen 1978«, sagte er starrköpfig, »da las ich in einem Psychologiebuch, daß einer von zehn Männern ein geborener Führer zu sein scheint. Der Verfasser implizierte, dieser Wesenszug sei genetisch bedingt. Die Forschungen der Ethiker haben dies bekräftigt - und darüber hinaus noch den dafür verantwortlichen genetischen Komplex entdeckt.
Auch behauptete das Buch, etwa zehn Prozent des Homo sapiens hätten stets einen gewissen Hang zur Homosexualität gehabt, ohne ihre Homosexualität jedoch unbedingt auszuleben. Nicht alle Angehörigen dieser zehn Prozent würden Homosexualität praktizieren, aber die Neigung sei da. Dies sei die Regel gewesen, seit die Ethiker damit angefangen hatten, Duplikat-Aufzeichnungen der Menschheit zu machen. Und man könne annehmen, dies sei seit den Anfängen des Homo sapiens so gewesen.
Die Neigung ist genetisch bedingt. Was mich daran interessierte, war die Tatsache, daß 1983 und auch schon ein paar Jahre zuvor die militanten Homosexuellen behaupteten, sie hätten die freie und bewußte Wahl getroffen, homosexuell zu sein. Mit anderen Worten, sie sind nicht als Homosexuelle geboren worden, sondern hatten sich bewußt dazu entschieden, weil sie diese Art des Sexuallebens bevorzugten.
Sie taten so, als würde man eine Willensentscheidung über seinen zukünftigen Lebensweg treffen, sobald man eine gewisse geistige Reife erlangt hat. Sie ignorierten oder sahen zumindest nicht, daß in diesem Fall auch Heterosexuelle die freie und bewußte Entscheidung trafen, heterosexuell zu sein. Aber dem war einfach nicht so. Ein Heterosexueller war so, weil er so geboren wurde.«
»Was ist mit…«, setzte Burton an.
»Du willst jetzt fragen: >Was
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