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Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Götter der Flußwelt
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nächstes sah er eine gewaltige Brust und eine geschwollene, hellrote Warze, und seine kleinen Hände griffen danach. Dann sah er mit einem Auge einen rosafarbenen Fleischstreifen und den unteren Teil des Gesichtes seiner Amme. Mrs. Burton, die ja eine feine Dame war, würde das Baby nicht selbst stillen.
    »Ich frage mich, wer sie war«, murmelte Burton. »Eine Irin?«
    Er erinnerte sich verschwommen daran, daß seine Mutter den Namen der Schwester einst erwähnt hatte. Mrs. Riley? Kiley?
    Er war schockiert, aber nicht so, daß er nicht mehr klar denken konnte. Der Computer hatte seine Erinnerungen der Körperspeicherung entnommen und rollte sie nun auf, wie ein Angler, an dessen Haken eine Forelle zappelte. Nachdem der Computer sie in einer gesonderten Datei abgelegt hatte, spielte er sie über den Wandschirm wieder ab. Sollte er die gesamten Erinnerungen mit der gleichen Geschwindigkeit abspulen, mit der sich die Ereignisse abgespielt hatten, würde es ein Leben lang dauern. Doch kein Gedächtnis enthielt alles, was man gesehen, gehört, geschmeckt, gefühlt und gedacht hatte. Das Gedächtnis arbeitete selektiv, und es gab große Lücken, wenn man schlief. Es sei denn, man träumte. Also bedurfte es nicht so viel Zeit, wie man erwarten konnte, um alles zu zeigen, was sich im Gedächtnisspeicher der Testperson befand.
    Der Film - es war eine Art Film - konnte beschleunigt oder verlangsamt werden oder rückwärts laufen. Vielleicht ließ der Computer ihn momentan schneller abrollen. Andererseits konnte Burton aber auch kurz nach der Geburt eingeschlafen sein.
    Es war möglich, eine Metallkappe über den Kopf eines Menschen zu stülpen und mittels Induktion seine Erinnerungen abzuspielen, so daß man nicht nur sah und hörte, was man erlebt hatte, sondern auch fühlen, schmecken und die gleichen Emotionen wahrnehmen konnte. Gedanken waren nicht rückspulbar, aber man konnte sie als elektrische Muster darstellen.
    Burton, der nun zusah, wie ein Hausmädchen seine Windeln wechselte, fragte sich, warum diese Gedächtnisschau angeordnet worden war. Und von wem.
    Bevor er dem Computer diese Frage stellen konnte, erhellten sich auf den Wandflächen mehrere kleine Bildschirme. Die Gesichter Frigates, Turpins und De Marbots erschienen. Sie sahen bestürzt aus.
    »Ja«, meinte er, bevor sie etwas sagen konnten. »Auch ich habe Besuch aus der Vergangenheit. Von der verdammten Geburt angefangen.«
    »Es ist schrecklich«, sagte Alice. »Und auch wunderbar. Ehrfurchtgebietend. Ich könnte weinen.«
    »Ich rufe bei den anderen an und frage sie, ob sie das gleiche durchmachen«, sagte Frigate. Sein Bildschirm wurde grau.
    Tom Turpin weinte.
    »Ich sag euch, ich sah meine Mamma und meinen Pappa und diese alte Hütte… Das kann ich nicht ertragen.«
    Burton schaute zu dem großen Schirm hinüber. Da war er wieder und wurde dieser gigantischen Brust entgegengehoben. Er konnte sein kindliches, hungriges Gewimmer hören. Die Szene verblich und wurde durch einen blauen Baldachin und den plötzlich schaukelnden Raum ersetzt. Nein, eine große Hand schaukelte seine Wiege.
    Die Bildschirme der anderen flammten auf. Sieben Gesichter mit den unterschiedlichsten Emotionen musterten ihn.
    »Es ist unbeschreiblich«, sagte Li Po grinsend, »außer natürlich für einen Dichter, wenn man sieht, wie man von seiner Mutter gestillt wird. Aber… wer hat es bestellt?«
    »Warte einen Augenblick«, sagte Burton, »ich frage den Computer.«
    »Das habe ich schon getan«, sagte Nur. »Er sagt, er könne keine Angaben über den Wer und Warum machen. Aber er hat sich nicht geweigert, mir das Wann zu verraten. Der Befehl, die Gedächtnisspeicher zu starten, wurde vor zwei Tagen eingegeben.«
    »Dann muß die Frau ihn gegeben haben, die du getötet hast«, sagte Burton.
    »Sie ist die wahrscheinlichste Kandidatin.«
    »Mir ist völlig unklar«, sagte Burton, »warum sie diese Gedächtnisschau befohlen hat.«
    »Offensichtlich«, sagte Nur, »um unsere ethische Entwicklung zu beschleunigen. Wenn wir gezwungen sind, unsere Vergangenheit kennenzulernen, zu erfahren, wie wir und andere sich verhalten haben, werden wir unsere Schwächen, Fehler und Laster in allen Einzelheiten sehen. Ob es uns gefällt oder nicht, man zeigt uns, wie wir gewesen sind, und zwar unverfälscht. Unsere Seelen werden ausgelotet. Wenn wir das unausweichliche Drama, diese unausweichliche Komödie sehen, werden wir vielleicht so beeindruckt, daß wir die nötigen Schritte einleiten, um

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