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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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herum. Neben
verfallenen Gebäuden standen Wellblechhütten. Mexikanische Jugendliche in Jeans
und Unterhemden kamen auf sie zu und schauten sie finster an, ehe sie
losprusteten. Francis fluchte laut. Wo zur Hölle waren sie denn hier gelandet?
Der Taxifahrer hatte sie reingelegt!
    Dann entdeckte er das Straßenschild an der Kreuzung. Sant Antoni.
    Hier wohnte also der Typ, der ihm angeblich sagen
konnte, wo sein Vater war. Vermutlich ein Bauarbeiter vom chemischen Institut.
Laut der Adresse, die Andy ihm gegeben hatte, sollte er sich im Haus mit der
Nummer 224 befinden. Es war ein etwas größeres Gebäude, die Jalousien waren
heruntergelassen. Nebenan in der Garage schraubte ein Penner an einem alten
Dodge herum. Francis klingelte an der Tür. Stimmen waren zu hören. In einer
Jalousie öffnete sich ein Spalt, zwei Augen sahen sie an.
    Dann war es kurz still, bis die Tür aufging und ein
glatzköpfiger Mann zu ihnen herauskam. Er trug einen goldenen Ohrring, kaute
Kaugummi und hatte die Arme verschränkt. In seiner Hose steckte tatsächlich -
gut sichtbar - eine Pistole. Er sagte etwas auf Spanisch. Es kamen jetzt noch
mehr Typen an die Tür, auch sie bewaffnet, jedenfalls wirkten sie so.
Wahrscheinlich ein Haufen Krimineller. Francis wäre am liebsten abgehauen, aber
er konnte jetzt nicht kneifen. Man darf nicht loslassen, dachte er
wieder.
    Er sagte, hier müsse jemand sein, der wisse, wo sein
Vater sei. Sie sahen ihn wortlos an.
    „Ian Doble?“, fragte er. „Dr. Ian Doble? Weiß
jemand, wo er ist? Ich bin sein Sohn!“
    Jetzt rührte sich endlich jemand. Ein dicker Junge,
der ein Shirt vom Wu-Tang-Clan trug. „Iwan?“, fragte er.
    „Nein, Ian!“
    „Iwan!“, wiederholte er.
    Francis seufzte. „Also gut, Iwan. Wo?“
    Der Dicke deutete auf die Garage, zu dem Penner.
    „Iwan?“, fragte Francis noch mal. „Der Typ dahinten
weiß, wo Iwan ist?“
    Der Junge im Wu-Tang-Shirt nickte.
    Francis bedankte sich, aber die anderen Männer
beachteten ihn nicht. Sie starrten die ganze Zeit Anne-May an, die ihrem Blick
standhielt. Dann fiel die Tür wieder ins Schloss, und Francis ging zu dem
versoffenen Bauarbeiter, der noch immer am Dodge herumschraubte. Innerlich
seufzte er bei dem Gedanken, aus diesem Wrack nun die alles entscheidenden
Informationen über seinen Vater herausquetschen zu müssen.
    „Entschuldigen Sie“, sagte er zu ihm.
    Der Mann legte den Schraubenschlüssel weg und trank
einen Schluck Bier.
    „Hallo?“, fing Francis noch mal an. „Können Sie mir
helfen?“
    Nun hustete der Typ ein paarmal, machte aber weiter
keine Anstalten zu antworten.
    „Ich suche Dr. Ian Doble“, sagte Francis. „Wissen
Sie, wo der ist?“
    Endlich richtete sich der Mann auf. Mit den
unsicheren Schritten eines Angetrunkenen kam er Francis entgegen. Erst jetzt
konnte man sehen, wie groß er war.
    „Was wollt ihr von ihm?“, fragte er. Ihm fehlten
zwei Zähne. Er trug eine uralte, mit Malerfarbe verdreckte Jeans, sein
Oberkörper war nackt, die Brusthaare angegraut, ebenso sein Bart und die
ungekämmten Haare. Ein leicht säuerlicher Geruch ging von ihm aus, er roch nach
Fusel und Lackierfarbe. Doch das war nicht der Grund, wieso es Francis heißkalt
den Rücken herunterlief.
    Der Grund war, dass die Wahrheit in sein Bewusstsein
gedrungen war. Eine Wahrheit, die ihm nicht gefiel. Eine Wahrheit, die gar
nicht wahr sein konnte, nicht wahr sein durfte.
    Francis sah den Penner
lange an.
    „Dad?“, fragte er.
     
    2
     
    Etwas hatte sich verdunkelt. Es war nicht der
Himmel, denn der war so hellblau und klar wie zuvor. Das Dunkle war in ihm. Auf
einmal ergab für Francis alles einen Sinn. Seit er erfahren hatte, dass sein
Vater genial sein sollte, hatte er immer das Gefühl gehabt, dem iq eines
fremden Mannes namens Donor James oder Ian Doble nicht gerecht werden zu
können.
    Jetzt erst erkannte er, dass er genauso ein Versager
war wie dieser versoffene Herumtreiber, der da vor ihm stand, das gleiche
Kinngrübchen hatte wie er und offenbar als Untermieter von Dealern oder
sonstigen Verbrechern in einer Garage wohnte.
    Francis begann seine Geschichte zu erzählen, doch
Doble zeigte kaum Interesse und murmelte nur etwas Unverständliches vor sich
hin. Schließlich ging er wieder in die Garage, sein Zuhause. Einen Teil des
Raums hatte er mit Bettlaken abgetrennt, dahinter standen ein Feldbett, ein
Sack Klamotten und mehrere leere Kästen Bier, auf denen ein paar Pornohefte und
Dime-Comics mit Johnny Canuck lagen. An der

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