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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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Zigarette.
Francis fiel ein, dass in der Akte gestanden hatte, er sei Nichtraucher. Die
Kellnerin sah seinen Vater herablassend an und wollte gerade den Kopf
schütteln, doch Doblinski sagte etwas auf Spanisch zu ihr, was sehr charmant
klang, und warf ihr dabei einen tiefen Blick zu, und tatsächlich griff sie nun
in ihre hintere Hosentasche, holte eine Packung Lucky Strikes raus und gab ihm
eine.
    „Muchas gracias“, sagte er und zwinkerte ihr zu. Die Kellnerin wurde etwas
verlegen und ging zum Tresen zurück. Anne-May spielte mit ihrer Uhr, Grover
starrte auf die Tischplatte, beide wirkten von der Situation überfordert.
    Doblinski sah der Kellnerin nach, dann wandte er
sich wieder Francis zu. „Tut mir leid, dass ich dich so enttäuschen muss. Aber
willst du wissen, wann ich für die Samenbank der Genies gespendet habe? 1983,
oder noch früher. Mein Sperma wurde dort jahrelang aufbewahrt, und ich selbst
hab kaum noch dran gedacht.“ Er gab sich Feuer und nahm einen Zug. „Was ich
damit sagen will: Damals war ich kaum älter als du. Wie hätte ich ahnen können,
dass mich die Vergangenheit mehr als zwei Jahrzehnte später auf diese Weise
einholt? Dieser Monroe hat uns allen schließlich versprochen, dass er die
Namen der Spender geheim hält. Ich kann nichts dafür, dass da irgendwas schiefgegangen
ist.“
    Francis schüttelte den Kopf. „Du spielst hier den
fröhlichen Kleinkriminellen, dabei hast du alle betrogen, für ein paar
beschissene Dollar. Und du kapierst immer noch nicht, was du angerichtet hast.
Meine Mutter war damals in einer schwierigen Lage, sie hatte viele Probleme.
Seit ihrer Kindheit gab es für sie eine Enttäuschung nach der anderen, sie war
wahrscheinlich kurz davor, depressiv zu werden. Ich hätte so etwas wie ihre
Rettung sein sollen. Verstehst du, sie wollte ein geniales Kind haben, dann
wäre vielleicht in ihrem Leben doch noch alles gut geworden. Stattdessen hat
sie nur mich bekommen ... genetischen
Müll.“
    Er spürte, wie sein Mund zu zucken begann, als er es
sagte, und sah zu Boden.
    „Du machst es dir zu einfach“, hörte er seinen Vater
sagen. „Gene sind das eine, das andere ist, was man daraus macht. Du willst
mich als Ausrede benutzen, für was auch immer.“
    „Du bist so ein Idiot“, sagte Francis leise und
hatte noch immer Mühe, das Zucken um seinen Mund unter Kontrolle zu bekommen. „Du
redest wie ein verdammtes Kind. Tust so, als wäre alles egal, Hauptsache, du
hast Spaß. Für dich bin ich nur ein fünfminütiger Besuch in einer Wichskabine.
Dass es für mich ein ganzes Leben ist, das kapierst du nicht. All deine Kinder,
die keinen Vater haben, die in der Scheiße aufwachsen, das schert dich doch
einen Dreck. Du weißt bis heute nicht, was es heißt, Vater zu sein.“
    „Ich war so jung, als es losging. Genau wie mein
Vater. Ich war achtzehn, sie sechzehn. Es war der Fluch meiner Familie, dass
wir Männer früh Vater wurden. In dem Alter ist man einfach nicht so weit.“
    „Du bist es noch immer nicht.“
    „Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen.“
    Francis sah ihn an und wusste überhaupt nicht, was
er denken und fühlen sollte. Dieser Doblinski hatte etwas an sich, was er
einerseits sofort mochte und verstand, und er wünschte sich ja noch immer, dass
sein Vater ihn auf Anhieb toll fand und stolz darauf war, ihn als Sohn zu haben.
Auf der anderen Seite hasste Francis diesen Typen nur, und vor allem hasste er
die Dinge, die ihn an sich selbst erinnerten.
    „Du hast mir zu verdanken, dass du auf der Welt bist“,
sagte Doblinski. „Darauf kommt es am Ende an.“
    „Verdammt, du tust so, als hättest du was Wichtiges
und Nobles getan. Du hast einmal kurz für Geld gewichst, das war alles.“
    „Und trotzdem bin ich dein Vater.“
    „Nein.“ Francis versuchte so ruhig wie möglich zu
wirken, aber selbst er hörte, wie seine Stimme jetzt zitterte. „Du bist nicht
mein Vater.“
    Er wusste, dass sich gerade eine Tür für immer geschlossen
hatte.
    „Bist du Tausende von Meilen gereist, um mir das an
den Kopf zu werfen? Wäre ich dein edler Dr. Doble gewesen, hättest du mich ja
trotzdem gewollt.“ Doblinski sah ihm in die Augen, und in seinem Blick war zum
ersten Mal etwas Feindseliges. „Weißt du, was dieser Monroe immer gesagt hat,
bevor man in die Kabinen geschickt wurde?“ Er nahm wieder einen tiefen Zug. „Er
hat gesagt: >Und immer dran denken: Die
ersten Tropfen sind die wichtigsten.<„
    Sie blickten sich ein paar Sekunden lang wortlos

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