Fast geschenkt
und du weißt ja, was dann mit mir los ist. Und dann war er halt da...« Hilflos schüttelt sie den Kopf. »Ich weiß auch nicht. Er war so... so anders. Keine Ahnung, wieso!«
Stille. Jetzt merke ich, wie ich rot werde.
»Weißt du was, Suze?«, gebe ich schließlich reumütig zu. »Ich glaube, das war gewissermaßen... meine Schuld.«
»Deine Schuld?« Sie sieht auf und starrt mich an. »Wieso das denn?«
»Ich habe ihm den Pullover geschenkt. Und ihn frisiert.« Ich zucke zusammen, als ich ihren Gesichtsausdruck sehe. »Aber ich hatte doch keine Ahnung, dass das solche... Folgen haben würde! Ich habe ihm doch nur einen akzeptablen Look verpasst!«
»Na, dann hast du ja einiges zu verantworten!«, ruft Suze. »Ich bin schon völlig fertig, weil ich ständig denke, ich muss komplett pervers sein!«
»Wieso?«, frage ich mit einem Glitzern in den Augen. »Was macht ihr denn so zusammen?«
»Quatsch, das meine ich nicht! Ich meine, weil er mein Cousin ist!«
»Ach soooo.« Enttäuscht verziehe ich das Gesicht - bis mir aufgeht, dass das nicht besonders taktvoll war. »Aber das ist doch nicht illegal oder so was, oder?«
»Ach Bex!«, jammert Suze. »Das hilft mir jetzt wirklich weiter!«
Sie nimmt meine und ihre Tasse, bringt sie zum Waschbecken und dreht den Wasserhahn auf.
»Ich kann nur nicht glauben, dass du mit Tarquin zusammen bist.«
»Wir sind nicht zusammen!«, quiekt Suze. »Letzte Nacht war das allerletzte Mal, da waren wir uns vollkommen einig. Es kommt nie wieder vor. Nie wieder. Und du darfst niemandem davon erzählen.«
»Mach ich auch nicht.«
»Ich meine es ernst, Bex. Du darfst niemandem davon erzählen. Niemandem!«
»Mache ich nicht! Versprochen. Da fällt mir ein - ich habe was für dich.«
Ich springe auf, laufe in den Flur, mache einen meiner Koffer auf und suche die Tüte von Kates Papeterie heraus. Ich nehme eine Karte aus dem Stapel, schreibe »Für Suze, Deine Bex« hinein, gehe zurück in die Küche und lege den Umschlag vor Suzes Nase.
»Für mich?«, fragt sie überrascht. »Was ist das?«
»Aufmachen!«
Sie reißt den Umschlag auf, betrachtet die glänzenden, mit einem Reißverschluss verschlossenen Lippen auf der Karte und liest den Spruch:
Bei mir ist dein Geheimnis bestens aufgehoben.
»Wow!« Sie reißt die Augen auf. »Wie cool! Hast du die extra für mich gekauft? Aber...« Sie runzelt die Stirn. »Woher wusstest du denn, dass ich ein Geheimnis habe?«
»Äh... War nur so ein Gefühl. Mein sechster Sinn.«
»Ach, dabei fällt mir ein«, sagt Suze, während sie mit dem Umschlag spielt, »dass du eine ganze Menge Post bekommen hast, während du weg warst.«
»Aha.«
In der ganzen Aufregung über Suzes und Tarquins... was-auch-immer hatte ich alles andere fast vergessen. Aber jetzt verpufft die fröhliche Hysterie langsam. Als Suze mir einen Stapel unerfreulich aussehender Umschläge bringt, dreht sich mir fast der Magen um, und ich wünschte, ich wäre nicht nach Hause gekommen. Wenigstens damit hatte ich mich nicht herumschlagen müssen, solange ich weg war.
»Danke«, sage ich, um einen lässigen, kontrollierten Tonfall bemüht. Ich gehe die Post durch, ohne sie mir wirklich anzusehen, und lege sie dann ungeöffnet weg. »Das gucke ich mir später an. Wenn ich mich ganz darauf konzentrieren kann.«
»Bex...« Ich kann Suzes Gesichtsausdruck nicht ganz interpretieren. »Den hier solltest du, glaube ich, besser gleich aufmachen.« Sie streckt die Hand nach dem Stapel aus und zieht einen braunen Umschlag hervor. Absender: Staatsanwaltschaft.
Mir wird heiß und kalt. Die gerichtliche Vorladung. Dann stimmte das also. Ich werde gerichtlich vorgeladen. Ich nehme Suze den Umschlag aus der Hand und reiße ihn zitternd auf. Ich kann Suze dabei nicht in die Augen sehen. Ich überfliege den Brief, ohne etwas zu sagen, und verspüre eine unangenehme Kälte in mir aufsteigen. Ich kann nicht glauben, dass mich tatsächlich jemand vor Gericht zitiert. Ich meine, ein Gericht ist doch was für Kriminelle. Für Drogenhändler und Mörder. Aber doch nicht für Leute, die bloß ein paar Rechnungen nicht bezahlen.
Ich stopfe den Brief zurück in den Umschlag und lege ihn schwer atmend auf den Tisch.
»Bex... was wirst du jetzt tun?«, fragt Suze und beißt sich auf die Lippe. »Den kannst du nicht einfach ignorieren.«
»Werde ich auch nicht. Ich bezahle meine Rechnung.«
»Aber kannst du das denn?«
»Ich werde können müssen.«
Dann wird es wieder still in der
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