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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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vorgeblichen Sensationsgeschichte. So fand der amerikanische Historiker unter anderem heraus, dass ein Seemann namens James Bartley weder jemals Crewmitglied der Star of the East gewesen war, noch jemals, wie immer behauptet, in London in einem Krankenhaus wegen der verheerenden Wirkung der Magensäfte auf seine Haut behandelt worden war. Den Todesstoß versetzte der Geschichte vom »Jona der Neuzeit« dann ein Brief der Witwe des Kapitäns der Star of the East , John Killam, auf den Davis bei der Durchforstung der Archive diverser englischer Zeitungen stieß. In dem 1907 in einem britischen Magazin veröffentlichten Brief erklärte die Kapitänswitwe, dass an der »Walgeschichte« nicht ein einziges wahres Wort sei, sie habe schließlich ihren Ehemann stets auf all seinen Reisen als Kapitän der Star of the East begleitet, und während dieser Zeit sei niemals ein Mann über Bord gegangen. Bei der Bartley-Geschichte handele es sich schlicht und einfach um Seemannsgarn.
    Die amerikanischen Kreationisten weigern sich bis heute, die Untersuchungsergebnisse von Davis zur Kenntnis zu nehmen. Sie verbreiten weiterhin ungerührt die wirklich wahre »Geschichte vom modernen Jona«.

Ein Serienkiller namens Gustave
    oder Das gefährlichste Krokodil der Welt
    Wer seinen Safariurlaub im Ruzizi-Nationalpark in Burundi verbringt, hat gute Chancen, dort die Bekanntschaft eines tierischen Serienkillers zu machen. Dort treibt schon seit vielen Jahren Gustave, das mit Abstand gefährlichste Krokodil der Welt, sein Unwesen. Betrachtet man die Anzahl seiner Opfer, dann spielt Gustave in einer Liga mit der Tigerin von Champawat (S. 15), dem Leoparden von Rudraprayag (S. 45/46) oder den Löwen von Tsavo (S. 33). Gustave frisst sozusagen in der Champions League der Menschenfresser. Über 300 Menschen sollen bislang dem mit Abstand größten Krokodil Afrikas im Delta des Ruzizi-Flusses und an der Nordküste des Tanganjikasees zum Opfer gefallen sein. Gustave, ein gepanzerter Riese von sechs Metern Länge und einem Gewicht von über einer Tonne, soll, so schätzen Krokodilexperten, mindestens 65 Jahre alt sein. Das normale Durchschnittsalter von Nilkrokodilen liegt bei 45 Jahren.
    In Zeitungsberichten wird Gustave gerne als das größte Krokodil der Welt bezeichnet. Eine Behauptung, die allerdings nicht den Tatsachen entspricht. Zwar ist Gustave mit einer Länge von sechs Metern deutlich größer als das durchschnittliche Nilkrokodil; die in Asien bzw. Australien lebenden Leistenkrokodile können jedoch noch ein ganzes Stück größer werden. So wird zurzeit im Guinnessbuch der Rekorde, Ausgabe2006 , ein im indischen Bhitarkanika National Park lebendes Leistenkrokodil mit einer Länge von 7,1 Metern als aktueller Weltrekordler geführt.
    Das größte Krokodil auf unserem Planeten war dagegen Deinosuchus (griech.: furchterregendes Krokodil), ein Monsterkrokodil von bis zu zwölf Metern Länge, das vor rund 80 Millionen Jahren in der späten Kreidezeit in den Flachmeeren und Sümpfen Nordamerikas auf die Jagd ging. Auf dem Speiseplan des Riesenkrokodils standen wahrscheinlich vor allem Meeresschildkröten, aber auch Dinosaurier, die genauso groß waren wie die gewaltigen Panzerechsen selbst. So zeigten Bissspuren an Dinosaurierknochen, dass den riesigen Zähnen des Urkrokodils auch Exemplare des Appalachiosaurus montgomeriensis oder des Albertosaurus zum Opfer fielen, beide enge Verwandte des berüchtigten Tyrannosaurus rex . Aber deshalb muss sich Gustave nicht grämen. Afrikanischer Rekordhalter zu sein ist ja schließlich auch nicht zu verachten.
    Gustave ist so etwas wie ein real existierendes Loch-Ness-Monster. Oft wird er vom Ufer aus beobachtet, ab und an gelingt es auch, ihn zu fotografieren oder zu filmen, aber des gewaltigen Krokodils habhaft zu werden, das gelang bisher nicht. Und anders als sein doch eher friedfertiger schottischer Kollege hinterlässt Gustave in seinem Verbreitungsgebiet eine ziemlich blutige Spur. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass die riesige Panzerechse in reißerischen Zeitungsartikeln auch gerne mal als »Moby Dick des Tanganjikasees« bezeichnet wird. Wobei die Rolle des Kapitän Ahab auch schon besetzt wäre: Patrick Faye, ein ortsansässiger französischer Schlangenfänger und Hobby-Reptilienkundler, jagt Gustave nicht nur seit fast 20 Jahren, sondern ist auch sein Entdecker, ja fast schon der Erfinder des Mörderkrokodils.
    Das erste Mal hörte Faye 1998 von Gustave. Fischer berichteten ihm von einem

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