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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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riesigen menschenfressenden Krokodil, »größer als ein Nilpferd«, dem immer wieder Menschen am Ufer des Tanganjikasees zum Opfer fallen würden. Die riesige Echse würde nach erfolgreichen Angriffen auf Menschen immer für einige Zeit verschwinden, um dann wieder erneut zuzuschlagen. Nachdem sein Interesse am »Killerkrokodil« erst einmal geweckt war, zog Faye weitere Erkundigungen ein und erfuhr, dass dem Krokodil allein im Jahr zuvor 17 Menschen zum Opfer gefallen waren. Allmählich wurde bei Faye aus einem eher beiläufigem Interesse eine regelrechte »Mörderkrokodil«-Besessenheit und er setzte alles daran, auch mithilfe von geradezu detektivischer Kleinarbeit, das »Monster des Tanganjikasees« aufzuspüren. Polizeistellen und Regierungsbeamte stellten Faye Berichte über die am Nordostufer des Tanganjikasees gelegenen Dörfer zur Verfügung, wo die meisten Krokodilattacken, die bis ins Jahr 1987 zurückreichen, stattgefunden hatten. In jedem einzelnen Fall war von den zuständigen Behörden ein riesiges Krokodil für die Todesfälle verantwortlich gemacht worden. Zu diesem Zeitpunkt waren eine Liste der Opfer und Geschichten über ein riesiges Krokodil noch alles, was Faye in den Händen hielt. Die Frage war jetzt natürlich, welches Krokodil da eine derartig blutige Spur am Tanganjikasee hinterlassen hatte und immer noch hinterließ. Die Antwort auf diese Frage erhielt Faye im Frühjahr 1999 während eines Besuchs des Ruzizi-Nationalparks. Der Chefranger des Parks, Habonimana Ladislas, berichtete Faye nämlich, dass das größte Krokodil des Nationalparks nach sechsmonatiger Abwesenheit wieder aufgetaucht sei. Faye kannte dieses Krokodil, es war der größere von zwei riesigen Krokodilbullen, die im Park lebten. Wann immer der größere Bulle anwesend war, verzog sich das kleinere Krokodil in eine Flussmündung in der Nähe der Stadt Garuma. Faye hatte den beiden Krokodilbullen sogar bereits Namen gegeben. Das subdominante Männchen hatte er Gatumba, den Herrscher des Parks hatte er dagegen Gustave getauft. Als Faye jetzt die im Park peinlich genau geführten Listen über die An- und Abwesenheit der Krokodile etwas genauer unter die Lupe nahm, stellte er rasch fest, dass Gustaves Abwesenheitszeiten im Delta zeitlich exakt mit den Daten der Angriffe am Seeufer übereinstimmten. Damit war klar, dass es sich beim gepanzerten Massenmörder nur um Gustave handeln konnte.
    Die wirkliche Anzahl von Gustaves Opfern – hartnäckig sich haltenden Gerüchten zufolge soll auch die Ehefrau des russischen Botschafters für Burundi zu Gustaves Opfern zählen – ist Gegenstand vieler, nicht unbedingt nur wissenschaftlicher Diskussionen. Während viele Einheimische berichten, die Zahl von 300 Opfern sei eher noch untertrieben, glauben viele Krokodilforscher nicht daran, dass ein einziges Krokodil für eine derart hohe Zahl von Todesfällen verantwortlich sein kann.
    Wie andere Krokodile auch tendiert Gustave dazu, nur die Teile des menschlichen Körpers zu verspeisen, die er leicht vom Rumpf abreißen kann. Ein Grund, warum seine beklagenswerten Opfer fast immer ohne Arme, Beine und Kopf aufgefunden werden. Lediglich der völlig zerfetzte Torso bleibt zurück. Manchmal verzehrt Gustave seine Opfer allerdings auch überhaupt nicht. Einige Dorfbewohner glauben deshalb, dass die riesige Echse ab und an auch nur aus reiner Mordlust tötet. Glaubt man Krokodilexperten, dann töten Krokodile gewöhnlich jedoch nicht zu ihrem Vergnügen. Auf der anderen Seite ist Gustave aber natürlich alles andere als ein gewöhnliches Krokodil. In den am Ruzizi gelegenen Dörfern besingen sogar die Schulkinder in einer Art von Galgenhumor das Mörderkrokodil: »Gustave, das große Krokodil, das gekommen ist, um uns alle zu fressen.«
    Wenn man Kanyosha, ein ländlich anmutendes Armenviertel am Rande der burundischen Hauptstadt Bujumbura an den Ufern des Tanganjikasees, besucht, wird einem in diesem Zusammenhang gerne eine lokale Berühmtheit präsentiert: Hatungimana Audifax, der einzige Mensch, der bisher eine Attacke von Gustave überlebt hat. Der heute 25-jährige Mann konnte sich vor rund zwölf Jahren nach einem Angriff von Gustave gerade noch ans Ufer retten, musste seine Begegnung mit dem berüchtigten Nilkrokodil jedoch mit dem Verlust eines Beins bezahlen. Audifax ist sehr stolz darauf, dass es ausgerechnet das berühmteste Krokodil der Welt war, dem sein Bein zum Opfer fiel. Das hebt ihn ein wenig aus der perspektivlosen

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