Faszination Menschenfresser
Gewehrfeuer jeglichen Ausbruchsversuch der japanischen Soldaten, die daraufhin versuchten, durch einen 18 Kilometer langen Mangrovensumpf auf das burmesische Festland zu entkommen. Unglücklicherweise war dieser Sumpf jedoch Heimat vieler Tausender riesiger Leistenkrokodile, die sich sofort auf die japanischen Soldaten stürzten. Der britische Soldat und später berühmte Naturforscher Bruce Wright beschrieb, was dann geschah: »Die Nacht des 19. Februars 1945 war die grauenvollste, die je ein Besatzungsmitglied der Barkassender Royal Marines erlebt hatte. Vereinzelte Gewehrschüsse im pechschwarzen Sumpf, die Schreie verwundeter Männer, die in den Kiefern der riesigen Krokodile zermalmt wurden, und das beunruhigende Geräusch herumwirbelnder Krokodile vermischten sich zu einer wahren Kakophonie der Hölle, die es auf Erden so wohl nur ganz selten gegeben hat. Im Morgengrauen kamen dann die Geier, um das zu fressen, was dieKrokodile übrig gelassen hatten … Von den 1000 Japanern, die den Sumpf betreten hatten, waren gerade mal 20 am Leben geblieben.«
Heute wird stark bezweifelt, dass allein hungrige Krokodile für den Tod von über 900 Japanern verantwortlich waren. So konnten sich im Rahmen einer 2001 erstellten Studie befragte Dorfälteste der Insel nicht an ein derartiges Krokodilmassaker erinnern, und auch die japanischen Veteranen, die von Ramree Island entkommen konnten, erwähnten in ihren Berichten keine Krokodilattacken. Auf der anderen Seite finden sich in Berichten der Burma Star Organization, einer britischen Veteranenorganisation, zahlreiche Erwähnungen von Krokodil-, aber auch Haiangriffen während der Schlacht.
Auch im nördlichen Australien kommt es regelmäßig zu tödlichen Angriffen von Leistenkrokodilen auf Menschen. Am gefährlichsten ist es zu Beginn der Regenzeit im Oktober und November. Dann sind die wechselwarmen Tiere am beweglichsten, am aggressivsten und eben auch am hungrigsten. Immer wieder sind in der Presse dann Meldungen wie »Schnorchelnder Engländer von Krokodil getötet«, »Körper eines Jungen in Krokodil gefunden« oder besondersappetitlich »Krokodil ließ nur den Kopf einesMädchenszurück« zulesen. Meist ist Leichtsinn der Grund für Zwischenfälle mit tödlichem Ausgang. So wurde 2002 eine 23 Jahre alte Studentin im Kakadu-Nationalpark von einem riesigen Leistenkrokodil beim Bad in einem Wasserloch getötet.Als es den herbeigerufenen Parkrangern später gelang, den fast fünf Meter langen Man-eater nur ein paar Hundert Meter entfernt ausfindig zu machen und zu harpunieren, steckte die Leiche der Frau immer noch zwischen den gewaltigen Kiefern des Krokodils.
Im Norden Australiens waren die dort lebenden Leistenkrokodile durch intensive Jagd im 20. Jahrhundert nahezu ausgerottet. Bis in die 1970er-Jahre waren Handtaschen, Koffer und Schuhe aus Leistenkrokodilleder derart begehrt, dass allein in den 1950er- und 1960er-Jahren weltweit 100 000 Leistenkrokodile Jahr für Jahr abgeschlachtet wurden. Leistenkrokodilleder gilt wegen der besonders schön geformten Schuppen als wertvollstes Krokodilleder überhaupt. Erst, als die Krokodile dann 1971 im Bundesstaat Northern Territory unter Naturschutz gestellt wurden, konnten sich die Bestände der Panzerechsen wieder erholen. Gleichzeitig wurde mit dem Aufbau von Krokodilfarmen begonnen, in denen Leistenkrokodile für kommerzielle Zwecke gezüchtet wurden. Allerdings gab es bereits nach acht Jahren wieder so viele Exemplare, dass es auch wieder verstärkt zu Angriffen auf Menschen kam, die dann wiederum ihrerseits Jagd auf die »menschenmordenden« Krokodile machen wollten. Es galt also, einen Kompromiss zwischen Artenschutz und dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu finden. Aus diesem Grund wurden in den 1980er-Jahren die Bestimmungen zum Schutz der Leistenkrokodile wieder etwas gelockert. Zwar dürfen die Echsen nach wie vor nicht gejagt werden, aber zum Ausgleich für ihre Verluste dürfen Farmer, die oft jährlich 20 bis 30 Rinder an Leistenkrokodile verlieren, mit behördlicher Genehmigung eine begrenzte Anzahl von Eiern aus den Gelegen entnehmen und für gutes Geld an Krokodilfarmen verkaufen.
Für den Menschen extrem gefährlich ist auchdasausgeprägte Territorialverhalten der männlichen »Salties«: Die älteren und damit auch stärkeren Tiere vertreiben jüngere Rivalen rigoros aus ihrem Territorium. Die wiederum flüchten dann über die Flüsse in die Nähe menschlicher Siedlungen und werden dadurch oft zu
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