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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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Schwerverletzten zwar unverzüglich in einem Boot zu Hilfe, aber auch Bruder verblutete, bevor die Retter ihn auch nur an den Strand bringen konnten.
    Die letzten drei Angriffe ereigneten sich alle am 12. Juli rund 48 Kilometer nördlich von Spring Lake in der Nähe der Stadt Matawan, wo man eigentlich am wenigsten mit einer Haiattacke rechnen konnte: nämlich am Matawan Creek, einem von den Gezeiten beeinflussten Flusslauf – 16 Kilometer landeinwärts von der Küste entfernt. Die erste Attacke ereignete sich um zwei Uhr nachmittags, als ein Hai eine badende Gruppe von sechs Jungen angriff. Während fünf der Jungen es schafften, das rettende Ufer zu erreichen, bekam der Hai den zwölfjährigen Lester Stillwell zu fassen und zog ihn unter Wasser. Die Jungen, die das Ufer erreicht hatten, holten sofort Hilfe aus der nahe gelegenen Stadt. Nachdem die Helfer eine gewisse Zeit vom Boot aus vergeblich nach dem Leichnam von Lester Stillwell gesucht hatten, tauchte ein junger Mann namens Stanley Fisher allen Warnungen zum Trotz nach der Leiche. Und tatsächlich gelang es ihm nach etwa einer halben Stunde, den verstümmelten Körper des Jungen zu finden. Doch gerade, als er den Leichnam aus dem Wasser ziehen wollte, wurde auch er vom Hai angegriffen. Fisher, der schwere Verletzungen an Hüfte und Beinen davontrug, verblutete auf dem Weg zum Krankenhaus. Die Überreste von Lester Stillwell fand man später rund 50 Meter weiter stromaufwärts.
    Das fünfte und letzte Opfer war der 14-jährige Joseph Dunn, der nur eine halbe Stunde nach dem Angriff auf Stanley Fisher knapp einen Kilometer flussabwärts von einem Hai angefallen wurde. Dunn war das einzige Opfer, das zwar mit schweren Verletzungen, aber dank beherzt eingreifender Helfer immerhin mit dem Leben davonkam.
    Am 14. Juli wurde in der Raritan Bay, nur wenige Meilen von der Flussmündung des Matawan Creeks entfernt, ein 2,3 Meter langer und 147 Kilogramm schwerer Weißer Hai gefangen. Als der Hai später aufgeschnitten wurde, fand man in seinem Magen Fleisch und Knochen, die von Wissenschaftlern als »unzweifelhaft menschlichen Ursprungs« identifiziert wurden.
    Seit 1916 diskutieren Wissenschaftler teilweise erbittert, welche Haiart letztendlich für die Haiangriffe von Jersey verantwortlich war, ob die Angriffe von mehr als nur einem Hai ausgingen, und welche Faktoren zu dieser Häufung von Attacken geführt haben. Die meisten Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass der gefangene Weiße Hai zwar möglicherweise für die ersten beiden Todesfälle verantwortlich war, dass die Angriffe im Matawan Creek jedoch wahrscheinlich das Werk eines oder mehrerer Bullenhaie waren, eine Haiart, die für Menschen zumindest genauso gefährlich ist wie ein Weißer Hai und die im Gegensatz zu diesem jedoch sehr häufig auch im Süßwasser anzutreffen ist. Anders als nach der ersten Haiattacke reagierte die Presse bereits nach dem zweiten Haiangriff mit einer ausführlichen Berichterstattung. Die großen amerikanischen Zeitungen wie die New York Times , die Washington Post und der San Francisco Chronicle berichteten allesamt auf ihren Titelseiten über die menschenfressenden Haie und ihre Opfer. Natürlich blieb eine solche landesweite Berichterstattung nicht ohne wirtschaftliche Folgen für New Jerseys Badeorte: Waren Ende Juni 1916 die Strandhotels noch komplett ausgebucht gewesen, ging der Umsatz nach dem zweiten Haiangriff drastisch zurück. Viele Gäste reisten sofort ab bzw. stornierten ihre Buchungen. Das Repräsentantenhaus der USA gewährte den betroffenen Kommunen daraufhin Unterstützungszahlungen in beträchtlicher Höhe. US -Präsident Woodrow Wilson machte die Haiattacken sogar zum Thema einer Kabinettssitzung, und der US -Finanzminister schlug vor, die United States Coast Guards einzusetzen, um die badenden Urlauber entlang New Jerseys Küste vor gefräßigen Haien zu schützen. Zusätzlich wurden entlang der Küste von New York und New Jersey Haijagden in großem Stil durchgeführt.
    Die Angriffe an der Küste von New Jersey wandelten aber auch das Bild vom Hai in Wissenschaft und Öffentlichkeit in geradezu dramatischem Maße. Galten Haie vor den blutigen Geschehnissen an New Jerseys Stränden noch als leicht einzuschüchternde, wenig kraftvolle und vor allem als wenig ernst zu nehmende Tiere, kippte die öffentliche Meinung in den Wochen nach den Haiangriffen von 1916 komplett in das andere Extrem um. Haie waren jetzt als brandgefährliche, mörderische

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