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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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getrunken.“
    Edward nahm ihr seinen Becher aus der Hand und inspizierte die rubinrote Flüssigkeit. Dann stellte er das Keramikgefäß auf den Boden zurück. „Vor einiger Zeit hast du gefragt, warum dein Schwager mich hasst.“
    Nun gewann sie den Eindruck, dieses Gespräch würde sich zu einer ernsthaften Diskussion entwickeln. Sie stieg aus der Wanne und schlang ein Badetuch um ihren Körper, als könnte es schmerzliche Worte wie ein Panzer abwehren, die Wahrheit von der Idylle fernhalten. Doch sie wusste, sie musste sich das alles anhören. „Ja“, bestätigte sie leise. „Cameron ist so freundlich und liebenswürdig. Deshalb verstehe ich seinen Groll gegen dich nicht.“
    „Anfangs war er auch zu mir sehr nett, und wir wurden Freunde.“
    Clio setzte sich auf das Sofa. „Freunde?“, wiederholte sie ungläubig.
    „Anscheinend überrascht dich das“, sagte er und lächelte wehmütig. „Wer dürfte es dir verdenken? Auch Menschen, die andere Leute nicht so aufmerksam beobachten wie du, haben die feindselige Atmosphäre meiner letzten Begegnungen mit Cameron gespürt. Wir lernten uns auf der Universität kennen, wo er seine Studien sehr ernst nahm.“
    „Und das hast du nicht getan?“
    „Allerdings nicht. Ich war ein verwöhnter Junge, der nur an sein Vergnügen dachte. Zusammen mit Gleichgesinnten durchzechte ich zahllose Nächte.“ Auch Edward stieg aus der Wanne und wickelte sich in ein Badetuch. Die nassen Breeches klebten an seinen Beinen. Auf seiner nackten Brust glänzte das Amulett. „Eine engere Freundschaft mit Lord Westwood hätte mir gutgetan. Doch ich war zu sehr damit beschäftigt, mich zu betrinken, meine Zeit mit verrufenen Frauen zu vergeuden und Geld zu verspielen, das ich besaß – oder nicht hatte. Auf diese Weise zeigte ich meinen Eltern, wie wenig mir die Wissenschaft bedeutete, die sie so wichtig nahmen.“
    „War dir das wirklich egal?“
    „Natürlich nicht.“ Edward lachte freudlos. „Aber es ging so schnell mit mir bergab, dass ich mich nicht zurückhalten konnte. Meistens war ich sternhagelvoll. Ich lebte in einem Nebel, schwebte ständig in der Gefahr, von der Universität verwiesen zu werden und meinen Eltern noch schlimmere Schande zu bereiten. Und da geschah es.“
    Clio begann zu frösteln, voller Angst vor dem Geständnis, das sie jetzt hören würde. „Was?“
    „In einer Taverne, die meine nichtsnutzigen Freunde und ich oft besuchten, arbeitete eine Kellnerin, siebzehn oder achtzehn Jahre alt. Sie war hübsch und sanftmütig. Und sie liebte mich. Warum, weiß nur der Himmel.“
    Mühsam schluckte Clio. „Hattest du eine Affäre mit ihr?“
    „Eine Affäre? Ich verführte sie in der Gasse hinter der Taverne, wenn du das meinst. Mehrmals, wenn ich mich recht entsinne. Damals verliefen alle meine … Beziehungen auf diese Weise.“
    „Und was war so besonders an dieser jungen Frau?“
    „Dein Schwager mochte sie. Nicht auf die lasterhafte Art wie ich. Ich glaube, er sah ihre Verletzlichkeit, die ich nicht erkannte, und er forderte mich auf, sie in Ruhe zu lassen. Aber ich lachte ihn nur aus. Ich erklärte ihm, die Griechen, die er verehrte, seien keine so prüden Puritaner gewesen. Und ich beleidigte seine Mutter, wofür ich mich heute noch schäme. Letzten Endes behielt er recht.“
    „Was ist passiert?“
    „Eines Nachts kam die Kellnerin zu mir. Wie üblich war ich betrunken, und ich hatte soeben mein gesamtes vierteljährliches Taschengeld am Spieltisch verloren. Deshalb war ich in schlechter Stimmung. Und da erzählte sie mir, sie sei schwanger.“
    „Von dir?“
    „Ja. Das glaubte ich ihr nicht. Ich behauptete, der Balg würde sicher nicht von mir stammen. Für die Vaterschaft kämen zahlreiche Männer infrage.“ In Edwards leiser Stimme schwangen jahrelang unterdrückte Emotionen mit. „Schluchzend lief sie davon. Zwei Tage später wurde sie in ihrem Zimmer entdeckt. Sie hatte sich erhängt. Und Cameron fand sie.“
    „O Gott …“ Zitternd verschränkte Clio die Arme vor der Brust und schloss die Augen, um ihre Tränen zu bekämpfen. Das arme, arme Mädchen …
    „Seit damals verfolgt mich diese Erinnerung. Ich habe die junge Frau ermordet – und mein eigenes Kind, zu betrunken und hartherzig, um auch nur einen Gedanken an ihr Schicksal zu verschwenden. An dem Tag, da Cameron ihre Leiche fand, brach er mir die Nase. Und er hätte mir etwas viel Schlimmeres antun müssen.“
    „Wenigstens hast du deine Lehre aus dieser Tragödie gezogen.

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