Fatal Error
noch jedenfalls.
»Ich habe Tony noch kurz vor seinem Tod besucht. Und ich habe auch den Privatdetektiv gesehen, der vor seiner Wohnung wartete. Von der Polizei habe ich erfahren, dass er nicht angeklagt wurde. Aber ich frage mich schon, was er dort zu suchen hatte.«
»Ich habe ihn engagiert«, sagte sie.
»Warum?«
»Ich war um Tonys Sicherheit besorgt.«
»Wirklich?« Ich hob die Augenbrauen. »Er war also eine Art Bodyguard?«
»Genau.« Nervös spielte Sabina mit dem Teelöffel. »Ein Bodyguard.«
Ich glaubte ihr nicht. Wenn Tony einen Leibwächter gebraucht hätte, hätte er sich selbst einen besorgt. Zweifellos hatte Sabina den Privatdetektiv aus den Gründen engagiert, die immer dafür verantwortlich sind, wenn Ehefrauen ihre Männer beschatten lassen. Verständlicherweise wollte sie es nur nicht zugeben.
Das Wasser kochte. Sabina beschäftigte sich mit dem Tee.
»Wie lange waren Sie mit Tony verheiratet?«, fragte ich, als sie mir eine Tasse reichte.
»Drei Jahre im letzten April. Wir haben uns vor fünf Jahren auf einer Party in Cannes kennen gelernt. Ich habe für eine Filmgesellschaft gearbeitet. Es hat sofort gefunkt. Ich habe so was noch nie erlebt. Nach dem Filmfestival flog er nach Deutschland, um sich mit mir zu treffen. Damals arbeitete ich in München. Da haben wir uns verliebt.«
»Mein Beileid übrigens. Was ihm zugestoßen ist, tut mir sehr Leid.«
»Danke«, sagte sie und biss sich auf die Lippe.
»In diesem Sommer habe ich Sie beide nur einige Minuten lang gesehen. Aber Sie schienen einander sehr zugetan.«
»Das waren wir«, sagte sie. »Damals.« Zweifelnd blickte sie mich an. Sie war nicht viel älter als ich und wirkte plötzlich sehr jung und verletzlich. Offenbar wollte sie reden.
»Damals?«, fragte ich ruhig.
»Ja.« Sie holte tief Luft. »Bis ich herausfand, dass er eine Affäre hatte. Deshalb habe ich Leonard Donnelly engagiert. Ich hörte, wie Tony auf dem Handy mit einer Frau sprach. Heimlich habe ich später die Wahlwiederholung gedrückt und mir die Nummer notiert. Ein englischer Anschluss. In London. Deshalb setzte ich mich mit einem Detektivbüro in Verbindung und bat Mr. Donnelly, Tony das nächste Mal, wenn er in London wäre, zu observieren. Es war schrecklich, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass da eine andere Frau war. Ich meine, warum genügte ich ihm nicht?«
Eine sehr gute Frage, dachte ich.
»Nach der Geburt von Andreas war ich überzeugt, dass er mich nicht mehr für attraktiv hielt. Ich wollte wissen, wer diese andere Frau war.«
»Haben Sie es herausgefunden?«
»Ja.« Eine steile Falte erschien zwischen ihren Augen. »Es war die Frau eines Freundes von Tony. Mr. Donnelly schätzte sie auf achtundvierzig. Ich fühlte mich gedemütigt und war sehr wütend. Und dann ... dann wurde er getötet. Können Sie sich ausmalen, wie ich mich fühlte? Ich liebte ihn ja noch immer. Die ganze Wut kam nur daher, dass ich ihn noch liebte. Es zerriss mich fast. Und jetzt sehe ich immer ihn und sie vor mir, wenn ich an ihn denke. Ich wünschte, ich hätte das Telefongespräch nie gehört. Ich wünschte, ich hätte Mr. Donnelly nie engagiert.«
»Haben Sie irgendeine Idee, wer ihn umgebracht haben könnte?«
»Nein. Keine.«
»Was ist mit geschäftlichen Feinden? Ich erinnere mich, vor einigen Jahren gelesen zu haben, er hätte seinen Geschäftspartner aus der Firma gedrängt.«
»Das ist viele Jahre her. Der Mann ist im letzten Jahr gestorben. Krebs, glaube ich. Nein, Tonys Immobilienzeit war schon so lange vorbei. Er hat kaum noch davon geredet, und ich bin nie jemandem aus dieser Zeit begegnet.«
»Was ist mit Frankreich? Hatte er dort Feinde?«
»Aber nein, zumindest keine, von denen ich wusste. Nein, ich glaube nicht.«
»Also war Donnelly tatsächlich nicht zu seinem Schutz auf ihn angesetzt.«
»Nein. Sie können sich vorstellen, dass die Polizei mich über Donnelly ausgefragt hat. Sie dachten, ich hätte ihn vielleicht für den Mord bezahlt. Aber er gehört nicht zu dieser Sorte. Und die Polizei weiß das. Auf jeden Fall habe ich ihnen aus freien Stücken von ihm berichtet.«
»Er muss doch gesehen haben, wer Tony überfahren hat.«
»Offenbar nicht.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihm entgangen sein sollte.« »Die Einzelheiten kenne ich nicht. Ich will sie auch nicht kennen.« Sabina schauderte und schloss die Augen. »Warum stellen Sie all diese Fragen?«
»Tony starb unmittelbar vor seiner Haustür. Ich weiß nicht,
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