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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Wirtschaftsprüfer. Die Zahlen stimmten einfach nicht. Uns bot sich die großartige Gelegenheit, unter günstigsten Umständen auszusteigen.
    »Schauen wir doch einmal, wie die Meinungen verteilt sind«, sagte Silverman in seiner Eigenschaft als Vorsitzender. »Wer ist dafür, dass wir mit Champion Starsat verhandeln? Ich nehme an, Sie sind dagegen, Guy?«
    »Absolut richtig.«
    »Und David?«
    »Dafür.«
    »Henry?«
    Henry Broughton-Jones zögerte. Er lächelte. Man konnte die Gier in seinen Augen sehen. Er wollte mehr, ich erkannte, dass er mehr wollte, und Guy versprach es ihm »Ich glaube, wir sollten nicht weiter verhandeln«, sagte er. »Ich habe ein sehr gutes Gefühl bei Ninetyminutes. Wir würden praktisch verkaufen, bevor das Unternehmen richtig abhebt.«
    »Ingrid?«
    Hoffnungsvoll sah ich Ingrid an. Ich wusste, dass sie über eine gute Portion gesunden Menschenverstand verfügte. Zwar war mir klar, dass ich in der Abstimmung den Kürzeren ziehen würde, aber es wäre nett gewesen, sie an meiner Seite zu wissen.
    »Ich stimme Guy zu«, sagte sie. »Wenn wir unabhängig bleiben, kriegen wir unter Umständen eine höhere Bewertung. Im Übrigen gefällt mir das Unternehmen so, wie es ist. Ich habe keine Lust, für Champion Starsat zu arbeiten.«
    Ich war enttäuscht. Warum unterstützte Ingrid Guy und nicht mich? Lag es daran, dass sie ...? Schluss damit, ich machte mich sonst verrückt mit diesem Gedanken. Aber musste ich nicht damit rechnen, dass in Zukunft alle Meinungsverschiedenheiten so entschieden würden, wenn Ingrid tatsächlich mit Guy schlief?
    »Gut«, sagte Silverman. »Ich für meinen Teil denke, es gibt einen Preis für alles, selbst für Ninetyminutes. Aber wenn der leitende Direktor und der wichtigste Kapitalgeber nicht verkaufen wollen, dann ist die Sache für mich klar. Ich sage Jay Bescheid.«
    »Wenn sie eine Website starten, machen wir sie fertig«, sagte Guy und rieb sich die Hände.
    Ich verließ den Raum mit einem unguten Gefühl.
    Die Seifenblase platzte.
    Wir merkten es nicht sofort. Zunächst sah es aus wie eine vorübergehende Korrektur, eine Atempause, in der der Markt neue Kräfte sammelte, um anschließend seinen Höhenflug fortzusetzen. Wenige Tage nach der Emission fielen die Lastminute-Aktien unter drei Pfund, weit unter den Ausgabekurs. Tausende von Anlegern saßen auf Verlusten. NASDAQ, die amerikanische Hightech-Börse, fiel im Laufe des Monats ununterbrochen.
    Guy und ich bekamen davon nichts mit, und obwohl es den Leuten bei Bloomfield Weiss nicht entgangen sein dürfte, ließen sie uns im Unklaren. Zumindest anfangs. Wir begaben uns auf unsere PR-Rundreise. Amsterdam lief gut, Paris auch, und in Frankfurt prügelten sich die Fonds-Manager fast um uns. Mit unserer Werbeagentur hatten wir die Präsentationen bis zum Umfallen geübt. In seiner unnachahmlichen Weise beschwor Guy die strahlende Zukunft von Ninetyminutes herauf, während ich über meinen Schatten sprang und mich als der Zuverlässige, die ehrliche Haut, präsentierte. Sanjay stand für technische Informationen bereit. Aus den Fragen ging hervor, dass nicht alle potenziellen Anleger die komplizierten Verhältnisse des Internets verstanden, aber die meisten hatten Ahnung von Fußball. Und die meisten wussten - oder glaubten zu wissen -, dass man einfach Geld verdienen muss, wenn man Aktien in einem Markt kauft, der unablässig nach oben geht.
    Müde, aber euphorisch trafen wir im kalten, grauen Edinburgh ein. Wir begannen, nicht nur unsere eigene Geschichte, sondern auch die von Bloomfield Weiss zu  glauben.
    In Schottland liefen die Dinge nicht mehr so glatt. Wir frühstückten im Caledonian Hotel mit einigen Großanlegern, die uns knallhart und ziemlich hämisch fragten, wann wir denn endlich gedächten, Gewinne zu machen. Im Laufe des Tages wurden die Fragen immer unangenehmer. Für mich war die Situation besonders heikel, weil ich die Fragen meist ziemlich berechtigt fand. Wie konnte ein Unternehmen, das es noch keine zwölf Monate gab und das kein Geld verdiente, zweihundert Millionen Pfund wert sein? Gute Frage.
    Unser glatter Bloomfield-Weiss-Banker sah besorgt aus. Das hatte nicht nur eine Vertiefung der Stirnfalten zur Folge, sondern auch mutlos zusammengezogene Schultern und ein auffälliges Fluchtverhalten - er hatte die Tendenz, in jeder Pause hinauszuhuschen und einen Anruf auf dem Handy zu tätigen. Ich war erstaunt, wie sehr er dieses Verhalten während der wenigen Minuten seiner Präsentation

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