Fatal Error
ablegte und nichts als Zuversicht und Begeisterung bezüglich der Zukunft von Ninetyminutes auszustrahlen vermochte.
Sogar Guy bemerkte den Stimmungswechsel und zog den Banker nach der letzten Nachmittagssitzung beiseite. »Was geht hier vor?«, fragte er.
»Die Fonds-Manager in Edinburgh sind immer schwierig. Dafür sind sie bekannt. Sie versuchen einfach, ihrem Ruf als geizige Schotten gerecht zu werden.«
»Erzählen Sie keinen Quatsch. Da steckt mehr dahinter.« Der Banker seufzte. »Möglich. Der Markt kränkelt etwas. Lastminute ist gestern schon wieder um zwanzig Pence gefallen, und auch NASDAQ ist weiter in den Keller gerutscht. Haben Sie die Financial Times von gestern gelesen?« »Nein.«
Der Banker reichte sie ihm. Lauter Artikel über Anleger, die durch den Kurssturz von Lastminute Verluste erlitten hatten. Über Fonds-Manager, die sich über die Gier der Investmentbanken ärgerten. Über Unternehmen, die eigentlich im April an die Börse gehen wollten, aber nun lieber abwarteten. Und am allerschlimmsten: ein Artikel über uns. Laut Lex, einer Kolumne auf der letzten Seite der Financial Times, waren wir ein viel versprechendes Unternehmen, das aber mit zweihundert Millionen Pfund viel zu hoch bewertet war.
Die Schotten hatten die Zeitung gelesen. Sie fanden keinen Gefallen mehr an uns.
»Warum haben Sie uns das nicht vorher gezeigt?«, fragte ich, ärgerlich, weil ich mir die FT am Morgen nicht selbst gekauft hatte.
»Ich wollte warten, bis Sie Ihre Präsentation absolviert haben«, sagte der Banker. »Um Ihr Selbstvertrauen nicht zu beeinträchtigen. Bei diesen Kampagnen ist Selbstvertrauen alles.«
»Also, was tun wir jetzt?«
Die Falten gruben sich noch tiefer in die Stirn des Bankers. »Wir machen weiter. Wir kriegen sie noch rum, Sie werden sehen.«
Als wir ins Hotel zurückkamen, legten Guy und ich einen kurzen Halt an der Bar ein. Der Banker eilte davon, um weitere Anrufe zu erledigen. Die Euphorie der letzten Tage hatte sich verflüchtigt: Wir waren müde und besorgt.
Der Banker kam zurück. »Leider schlechte Nachrichten.«
»Was für welche?«, fragte Guy finster.
»Ich habe gerade mit der Zentrale in London gesprochen. Sie meinen, dass sie die Emission nicht durchführen können.«
»Was soll das heißen?«
»Wir blasen das Ganze ab.«
»Das ist nicht Ihr Ernst. Das können Sie doch nicht machen!«
»Wenn wir keine Aktien verkaufen können, ist das Ganze sinnlos.«
»Aber wir brauchen das Geld! Sie haben uns Geld versprochen. Sie haben uns zugesagt, dass wir vierzig Millionen Pfund bekommen.«
»Diese Prognose war zu dem Zeitpunkt gerechtfertigt, als wir sie abgegeben haben. Doch die Marktbedingungen haben sich geändert. Wenn wir das Geschäft jetzt durchziehen, wird es ein öffentlicher Flop. Und das wäre schlecht für uns alle.«
»Aber die Deutschen haben uns aus der Hand gefressen.«
»Ich habe mit Frankfurt telefoniert. Sie haben kalte Füße bekommen. Und das Problem mit den Deutschen ist, dass sie immer alle zusammen kalte Füße bekommen.«
»Was tun wir jetzt?«, fragte ich.
»Wir warten ab. Das ist nur eine vorübergehende Schwächeperiode. Jeder Hausse-Markt legt mal eine Atempause ein. In der Rückschau wird man erkennen, dass es eine große Kaufchance war. Im April sieht die Sache schon wieder ganz anders aus, glauben Sie mir.«
»Das schmeckt mir nicht«, sagte Guy. »Das schmeckt mir überhaupt nicht.«
»Mir auch nicht«, sagte der Banker.
»Haben wir eine Wahl?«, fragte ich.
»Leider nicht.«
Guy blickte mich an. Dann wandte er sich an den Barkeeper.
»Zwei Bier«, sagte er.
Der Banker überließ uns unseren Bieren.
Wir mussten alles vertagen, bis wir wussten, was aus dem Börsengang wurde. Die Ungewissheit war von großem Nachteil für das Geschäft und für Guys Gemütsverfassung. Wir verfolgten gebannt den Aktienmarkt. Im April sah tatsächlich alles anders aus: Aus dem Abrutschen des NASDAQ war freier Fall geworden. Am vierzehnten April verlor er an einem Tag zehn Prozent und lag damit um vierunddreißig Prozent unter dem Stand vom März, der inzwischen als historisches Hoch galt. Die Aktien von Lastminute waren jetzt unter zwei Pfund gefallen. Wichtiger noch: Die Gründer hatten sich in einem Monat von Helden zu Hassfiguren gewandelt. Die Spekulanten, die sich fast umgebracht hatten, um sich mit Lastminute-Aktien einzudecken, würden sich mit unseren Papieren sicher nicht noch einmal die Finger verbrennen wollen.
Plötzlich waren die
Weitere Kostenlose Bücher