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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Urlaub. Wenn ich zurückkomme, hoffe ich, nie wieder etwas mit dir oder mit irgendeinem von euch zu tun haben.«
    Wir nahmen den Fuß wieder von der Bremse und traten das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Mir war nicht recht wohl bei der Sache: Was war, wenn es mit dem Börsengang auch im Sommer nicht klappte? Dann würden wir wieder mit leeren Taschen dastehen. Als ich diese Befürchtungen Guy gegenüber äußerte, wusste ich im Voraus, was er antworten würde. Wenn wir nicht richtig durchstarteten, würden wir nicht erreichen, was wir uns vorgenommen hätten. Falls wir dafür Risiken eingehen müssten, helfe es eben nichts. Ich wusste, dass er Recht hatte.
    In einem Internet-Start-up ist man gezwungen, nach vorn zu blicken. Die Dinge entwickeln sich so rasch, dass keine Zeit bleibt, zurückzublicken, vergangene Fehler zu beweinen, verpassten Chancen nachzutrauern. Wenn man einen Fehler macht, korrigiert man ihn, so gut es geht, und wendet sich der nächsten Aufgabe zu. Das galt in besonderem Maße auch für Ninetyminutes.
    Aber meine Gedanken wanderten in letzter Zeit immer wieder zurück. Ich musste daran denken, wie praktisch der Tod von Tony Jourdan und der Zeitpunkt dieses Todes für uns gewesen waren. Wie viel Glück wir hatten, dass Henry plötzlich seine Investitionspläne für Ninetyminutes geändert hatte. Und welch glücklicher Zufall auch dafür gesorgt hatte, dass unser größter Rivale plötzlich von einem rätselhaften Computervirus befallen wurde.
    Wieder einmal passte alles viel zu gut zusammen.
    Irgendjemand unternahm große Anstrengungen,
    Ninetyminutes alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Für mich kam da nur einer in Frage: Owen.
    Gewiss, ich hatte keine Ahnung, wie er es angestellt haben sollte, Tony zu töten. Aber selbst nachdem er Ninetyminutes verlassen hatte, konnte ich mir vorstellen, dass er alles tat, um das Überleben der Firma zu sichern, wenn nicht für seinen immer noch erheblichen eigenen Anteil, dann für seinen Bruder.
    Wenn Henry nicht mit mir reden wollte, dann würde ich eben mit ihm reden.
    Ich wusste, dass er im Urlaub war, also rief ich seine Sekretärin an, fragte nach seiner Adresse und behauptete, ich hätte ihm dringende Dokumente zuzustellen. Sie rückte jedoch nicht mit der Anschrift heraus, sondern forderte mich auf, ihr die Dokumente zu schicken, damit sie sie weiterleiten könne. Offenbar hatte Henry ihr eingeschärft, die Adresse auf keinen Fall preiszugeben.
    Bei unserem Treffen auf der First-Tuesday- Veranstaltung hatte Henry mir erzählt, er habe vor, sich in Gloucestershire ein Haus zu kaufen. Es bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er dorthin gefahren war. Aber wie sollte ich die Anschrift herauskriegen?
    Ich rief Fiona Hartington an, eine Frau, die mit uns in der Ausbildung gewesen war und die immer noch für die alte Wirtschafsprüfungsgesellschaft arbeitete. Henry und sie hatten in denselben Kreisen verkehrt. Ich nahm an, dass sie es noch immer taten. Ich erzählte ihr, dass ich an diesem Wochenende durch Gloucestershire käme und überlegte, ob ich nicht einmal beim alten Henry vorbeischauen solle. Ob sie zufällig die Adresse habe?
    Sie hatte sie.
    Das Haus lag am anderen Ufer des Severn, nach Ledbury zu. Es war ein renovierungsbedürftiges Gebäude am Rande eines stillen Dorfes. Als ich langsam vorbeifuhr, sah ich vor dem Haus einen Landrover Discovery parken. Genau die Art Fahrzeug, die Henry brauchte, um seine Kinder durch die unwegsame Wildnis Südlondons in die Schule zu kutschieren. Ein Stück weiter wendete ich, fuhr den schmalen Weg zurück und bog in die Einfahrt ein. Ich fühlte mich wie ein unbefugter Eindringling. Im Heck des Landrovers fiel mir eine Beule auf.
    Aus dem Nichts tauchte ein blonder zweijähriger Junge auf, drehte sich um, lief zum Haus und schrie »Daddy!« Einen Augenblick später erschien Henry in einem alten karierten Hemd und Jeans. Er sah verschwitzt und grimmig aus: Offenbar hatte er im Garten gearbeitet. Mein Kommen schien ihm wenig Freude zu bereiten.
    »Hallo, Henry«, sagte ich fröhlich.
    »Was, zum Teufel, hast du hier zu suchen?«
    »Ich möchte mit dir reden.«
    »Aber ich nicht mit dir, also hau ab!« Nervös blickte er über die Schulter in die Richtung, in die sein Kind verschwunden war. Ich nahm an, er hatte keine Lust, seiner Frau meine Anwesenheit zu erklären.
    »Ein kleiner Spaziergang, Henry?«
    »Nein. Ich hab gesagt, hau ab!«
    »Henry, ich bin zweihundertfünfzig Kilometer gefahren, um dich

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