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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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vom Kopf und, demütigend genug, aus der Schamgegend. Hinterher setzte man mich in ein Wartezimmer, bis der Polizist, der mich heruntergefahren hatte, kam, um mich zurückzubringen.
    Wir verließen gerade das Gebäude, als ein Polizeiwagen vorfuhr. Sauville kletterte heraus, gefolgt von dem anderen Inspektor und zwei weiteren Insassen - Tony und Patrick Hoyle. Tony sah erschöpft und grimmig aus. Unsere Blicke begegneten sich, als er das Polizeigebäude betrat. Die Feindseligkeit in seinen Augen erschreckte
    mich.
    Es sah so aus, als müsse er einige unangenehme Fragen beantworten.
    Sobald ich mich wieder auf Les Sarrasins befand, begab ich mich ins Gästehauszimmer und schlug Krieg und Frieden auf. Dieses Mal nahm mich das Buch nicht gefangen. Immer wieder musste ich an Tony denken.
    Hatte er seine Frau umgebracht? Bestimmt. Er hatte ein Motiv, das ich ihm gegeben hatte. Er hatte die Leiche mitten in der Nacht entdeckt. Und ich hatte gesehen, dass man ihn zum Verhör aufs Revier gebracht hatte. Sah er wie ein Mörder aus? Ich hatte keine Ahnung, wie ein Mörder aussieht. Gewiss, er war sehr liebenswürdig. Aber genauso gewiss war, dass ich ihm nicht traute. Doch war es denkbar, dass er Dominique umgebracht hatte?
    Obwohl die letzte Begegnung mit Guy alles andere als erfreulich verlaufen war, tat er mir Leid. Ich wusste, wie sehr er seinen Vater bewunderte, und nun musste er befürchten, dass Tony ein Mörder war. Das war sicherlich hart für ihn.
    Hart auch für Owen, aber das kümmerte mich nicht weiter.
    Leise klopfte es an der Tür. Ingrid steckte den Kopf herein.
    »Wie war dein Ausflug aufs Polizeirevier?«
    »Scheußlich.«
    »Hör mal, es tut mir Leid, dass ich dich vorhin damit aufgezogen habe. Das war blöd. Mel und ich trinken was. Hast du Lust, uns Gesellschaft zu leisten?«
    Ich ließ das Buch neben dem Bett zu Boden fallen. »Und ob!«, sagte ich.
    Ich folgte Ingrid auf die Terrasse, wo Mel allein an
    einem Tisch im Schatten einer Pinie saß. Vor ihr standen zwei Gläser, die zur Hälfte mit einer sprudelnden, klaren Flüssigkeit und Eis gefüllt waren. Ich ging mir ein Bier holen. Dem Wodka Tonic, den die beiden Mädchen tranken, fühlte ich mich nicht gewachsen. Wodka erinnerte mich an Erlebnisse, die ich lieber vergessen wollte.
    »Ich habe Tony bei der Polizei gesehen«, sagte ich und nahm einen tiefen Schluck.
    »Ja, sie meinten, sie hätten noch ein paar Fragen an ihn«, sagte Ingrid. »Er schien nicht besonders wild darauf zu sein.«
    »Was hat Guy gesagt?«
    »Nichts, aber er sah besorgt aus.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Allen düsteren Ereignissen zum Trotz schien die Sonne heiß und hell. Viel zu hell. Mel verbarg ihre Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Sie trank mit finsterer Entschlossenheit.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich sie freundlich. Ich wusste, dass es eine blöde Frage war, aber ich wollte ihr irgendwie mein Mitgefühl zeigen.
    Sie schluckte und rieb sich die Nase. Sie hatte geweint. »Eher nicht. Und bei dir?«
    »Eher nicht.«
    Sie sah mich verlegen an. »War es das erste Mal für dich?«
    Ich nickte. »Und für dich?«
    »Ja.«
    »Ziemlich schlechter Anfang, nicht?«
    Mel lachte. »Ja. Ich hab all die Jahre nein gesagt, mich für den Richtigen aufgespart, und dann tue ich’s mit einem fünfzigjährigen Perversen.«
    »Ziemlich gut aussehender Perverser für seine fünfzig Jahre.«
    »Darum geht es nicht. Er ist alt genug, um mein Vater zu sein. Und das ist es, was mich wirklich erschreckt. Vielleicht gehöre ich zu den bedauernswerten Mädchen, die ständig hinter doppelt so alten Männern herlaufen, weil sie ihren Vater zurückhaben wollen.«
    »Sind deine Eltern geschieden?«
    Mel nickte. »Mein Dad ist vor zwei Jahren mit seiner Sekretärin durchgebrannt.«
    »Tut mir Leid.«
    »Und deine?«
    »Die scheinen ganz glücklich zu sein. Im Übrigen hatte Dominique nicht die geringste Ähnlichkeit mit meiner Mutter.«
    »Nein, die hatte überhaupt nichts von einer Mutter.«
    »Merkwürdig«, sagte ich. »Als sie gelebt hat, war sie irgendwie unwirklich, und jetzt, wo sie tot ist, ist sie noch unwirklicher.«
    »Ja«, sagte Mel. »Man vergisst leicht, dass jemand tot ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Was ist, wenn Tony sie tatsächlich umgebracht hat? Ich war noch vierundzwanzig Stunden vorher mit ihm zusammen.« Auf ihrem Gesicht drückte sich Ekel aus, wahrscheinlich ebenso vor sich selbst wie vor Tony.
    »Hört auf, euch selbst

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