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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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nicht.«
    »Natürlich«, sagte Guy und wich meinem Blick aus, indem er sich auf das Auto vor uns konzentrierte.
    »Ich war dabei. Weißt du das nicht mehr? Wir sind direkt ins Gästehaus gegangen.«
    »Nein, da hast du was in den falschen Hals bekommen. Du denkst an irgendeinen anderen Abend. An diesem Abend hab ich ’ne Stange Wasser in die Büsche gestellt. Die Polizei hat das doch alles überprüft. Es ist fünf Jahre her. Du musst da was durcheinander bringen.«
    Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, schloss ihn aber wieder. Die Geschichte war umgeschrieben worden, soweit es Guy betraf, und die Neufassung war von der Polizei offiziell abgesegnet worden. Es war seine Version der Ereignisse, und er warf das ganze Gewicht seiner Persönlichkeit in die Waagschale, um sie zur einzig gültigen Version zu machen. Die Sache hatte nur einen Haken: Ich wusste, dass er log.
    »Ich treffe mich morgen Abend mit Dad. Hast du Lust mitzukommen?«, fragte er.
    »Nein, vielen Dank.«
    »Warum nicht? Es wird lustig. Wir gehen abendessen und später wahrscheinlich in irgendeinen Klub. Keine Angst, er zahlt.«
    »Also ehrlich, ich habe keine besondere Sehnsucht nach ihm. Und ich nehme an, er auch nicht nach mir.«
    »Wegen Frankreich?«
    »Wegen Frankreich.«
    Die Autoschlange vor uns setzte sich langsam in Bewegung. Guy klebte an der Stoßstange des Vauxhalls vor ihm, damit sich niemand dazwischen drängen konnte.
    »Ich habe mich ehrlich bemüht, aber Frankreich ist schwer zu vergessen«, sagte er. »Die Geschichte mit Mel werfe ich meinem Vater immer noch vor.«
    »Das überrascht mich nicht. Trotzdem triffst du dich mit ihm?«
    »Aber ja, er ist ein Spieler. Weißt du, was ich meine?«
    »Nicht genau.«
    »Er versteht es zu leben, sich zu amüsieren. Er nimmt sich nicht besonders ernst, und andere Leute auch nicht. Klar, manchmal verletzt er Menschen damit, Menschen wie mich oder Mel, aber die kommen irgendwann drüber weg.«
    »Man kann nicht durchs Leben gehen und nur an sich denken.«
    »Warum nicht?«, fragte Guy. »Die anderen kümmern sich auch nicht um dich. Ich meine, du darfst niemanden absichtlich verletzten, aber du musst dir nehmen, was du haben willst.«
    »Hast du das von deinem Vater gelernt?«, sagte ich, unfähig, meinen Widerwillen zu verbergen.
    »Hör auf! So schlimm ist er auch nicht. Leben und leben lassen, das ist meine Devise.«
    »Und was hält Owen von ihm?«
    »Owen und Dad leben auf verschiedenen Planeten. Er redet nur mit Dad, um mir einen Gefallen zu tun.«
    »Merkwürdig, dass ihr euch so nahe steht. Man hat den Eindruck, dass ihr grundverschieden seid.«
    »Sind wir auch, aber wir haben uns immer gegenseitig geholfen. Seit Owens Geburt.«
    Ich war versucht, Guy auf den Widerspruch zu seinen früheren Aussagen hinzuweisen, ließ es aber. Gefühle haben ihre eigene Logik, genau wie Familien.
    »Mom und Dad haben hin und wieder etwas Interesse an mir gezeigt«, fuhr Guy fort, »aber an Owen nicht die Bohne. Im Prinzip war ich der einzige Mensch, der sich um ihn gekümmert hat. Und er kümmert sich um mich.«
    Er lachte. »Ich weiß noch, als ich acht war. Mom und Dad waren noch zusammen, und wir lebten in LA. Wir saßen am Pool. Ich hatte irgendwas angestellt, ein Glas mit zum Pool gebracht oder so was, und mein Vater rastete völlig aus. Damals wurde er oft wütend, wahrscheinlich, weil er von Mom die Nase voll hatte. Jedenfalls ließ er es an mir aus. Das dauerte zehn Minuten. Owen beobachtete das alles. Er war erst fünf, aber groß für sein Alter, wie du dir vorstellen kannst. Plötzlich stieß er einen fürchterlichen Schrei aus und stürzte sich auf meinen Vater. Die beiden landeten im Pool. Dad trug einen Anzug und fand es überhaupt nicht lustig. Eine Woche lang wurde Owen früh ins Bett geschickt. Aber das juckte ihn nicht. Er freute sich, dass er mir geholfen hatte. Es ist gut, wenn du einen Bruder wie ihn hast.«
    »Das will ich gern glauben«, sagte ich und dachte, was für ein Glück ich hatte, eine stinknormale Schwester zu haben, die ich zwar mochte, aber kaum sah, und keinen Bruder wie Owen.
    »Und du hast wirklich keine Lust, morgen Abend mitzukommen?«, fragte Guy.
    »Bestimmt nicht. Amüsiert euch schön.«
    Zwei Tage später war ich nach der Arbeit mit ihm im Pub verabredet. Nach meiner Arbeit. Er hatte den Nachmittag vermutlich vor dem Fernseher verbracht.
    »Na, wie war’s mit deinem Dad?«
    Guy zog eine Grimasse. »Ein Albtraum.«
    »Spät geworden?«
    »Nein, nicht so

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