Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
kalten Schauern trieb die Ulsarer in die Wohnungen und Kneipen; erste Schneeflocken mischten sich zwischen die Tropfen.
    Heträl verspürte Hunger, und er richtete seine Schritte dorthin, wo sich der kleine Vinteratempel befand. Da würde das letzte Gespräch stattfinden, bevor er endlich aufbrechen durfte. Es wurde ein langer Marsch, und er fühlte, wie sich der Regen durch seine Lederkleidung drückte und ihn allmählich durchnässte.
    Es war die Stadt des Mannes, nach dessen Tod er immer noch strebte: Lodrik Bardric hatte zu viel Leid verursacht, und an die wundersame Wandlung glaubte er nicht. Er tüftelte bereits an neuen Geschossen und Bogensorten, die genügend Kraft brachten, um einen Nackenwirbel, Sehnen, Muskeln und Fleisch zu kappen. Keine leichte Aufgabe.
    Heträl betrat das in schwarzem Marmor gehaltene Gebäude, das durch seine Form und das Kuppeldach mehr an eine kensustrianische Sternwarte denn an einen Tempel erinnerte. Er wurde von Mongilev empfangen, dem einzigen Priester Vinteras, den es in Ulsar gab. Er war noch jung, aber ein Visionär, wie es hieß, zu dem die Göttin sprach. Heträl schätzte ihn auf etwas mehr als zwanzig Jahre, die schwarzen Haare hingen offen bis auf die Schulterblätter herab.
    »Meinen Gruß, Meister Heträl«, sagte er freundlich und half ihm aus dem nassen Mantel. »Das Feuer brennt schon, Ihr könnt Euch wärmen.«
    Dankbar eilte er in den Aufenthaltsraum des Priesters, wo ein Feuer in einer Schale am Boden flackerte. An den Wänden hingen Symbole der Göttin, meistens Ährenbündel, Sicheln, aber auch ein Totenkopf, aus dem sich eine Schlange herauswand. »Es ist wie immer einsam bei Euch«, sagte er in der Zeichensprache.
    Mongilev, gekleidet in ein dunkelgraues Gewand mit einer schwarzen Kordel um die Hüfte, lachte rau. »Die Göttin des Todes zählt wenige Anhänger, auch wenn sie gleichzeitig von Krankheiten heilt. Doch die Mönche Ulldraels und die Cereler haben Vintera diesen Teil ihrer Zuständigkeit über die Jahrhunderte hinweg geraubt.«
    Heträl grinste und deutete auf die Symbole. »Man benötigt schon eine ganz besondere Denkweise, um sich Vintera ohne Vorbehalte zu nähern. Totenköpfe und Schlagen stehen nun mal nicht für Freundlichkeit und blühendes Leben.«
    »Ich arbeite daran«, gab Mongilev lachend zurück. »Das ist der Grund, weshalb ich Euch gebeten habe, zu mir zu kommen.« Er reichte ihm ein heißes Getränk, das nicht nach Tee und auch nicht nach Alkohol roch. Gewürze lockten Heträl, davon zu versuchen, und als er kostete, merkte er, dass es Milch war. Milch mit Honig und Kräutern, die belebend auf seine Sinne wirkten. »Ich hatte eine Vision. Eine Vision der Göttin.«
    Es klopfte an der Hinterpforte, und Mongilev ging kurz hinaus, um mit sieben Gästen zurückzukehren. Es waren vier Männer und drei Frauen, die dunkle Umhänge über ihrer Kleidung trugen.
    Der Meisterschütze bemerkte nichts Außergewöhnliches an ihnen, doch als er die Hemden genauer musterte, erkannte er an den Kragen eine kleine, fast unsichtbare Prägung zusammen mit einem eingestickten dunkelroten Faden. Wenn es überhaupt jemand sah, würde er es für einen Webfehler halten, »Ihr habt die Vertreter von Vinteras Bund eingeladen?«, gestikulierte er und überraschte Mongilev damit.
    »Ich hätte wissen müssen, dass Ihr Euch zu gut auskennt«, gestand er lächelnd. »Andererseits gehören wir dem gleichen Glauben an, nicht wahr? Als Oberhaupt der Schwarzen Sichel seid Ihr so etwas wie der große Bruder der Wundheiler, die vor Euch
    stehen.« Mongilev stellte sie der Reihe nach vor. »Im eigentlichen Leben angesehene Bürger mit angesehenen Berufen, aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, erforschen sie die Geheimnisse des menschlichen Lebens und des menschlichen Körpers, um Kranke besser heilen zu können. Diese Sieben stehen den jeweiligen Logen auf Ulldart vor.«
    »Ich weiß nicht, wer mehr gefürchtet wird: wir oder Ihr«, meinte Heträl und nickte ihnen zu. Mongilev übersetzte seine Zeichen für die Gäste, und sie lachten. »Vintera schütze Euch, Freunde.«
    »Und auch Euch«, kam es im Chor zurück, und sie verbeugten
    sich ebenfalls.
    Mongilev sah zufrieden aus. »Jetzt sind alle versammelt, die unserer Göttin zu wahrer Größe und Ansehen auf Ulldart verhelfen können«, eröffnete er und trat näher an das Feuerbecken. Die sieben neuen Gäste kamen an die Flammen, warfen ihre nassen Umhänge ab und wärmten sich. »Sie hat zu mir gesprochen und

Weitere Kostenlose Bücher