Fauler Zauber
erwiderte Großmutter Chu. „Eine Sache, die einem Ärger macht, ist nie albern.“ Eindringlich sah sie Sabrina an. „Hast du vielleicht irgendwelche außergewöhnlichen Tiere gesehen?“
Sabrina wechselte einen Blick mit Mark. Salem war ziemlich außergewöhnlich, aber das verschwieg sie lieber. „Nicht wirklich...“
Großmutter Chu biss auf ihre Unterlippe und wippte ein bisschen in ihrem Stuhl hin und her. „Es gibt eine Legende in meiner Heimat“, sagte sie schließlich. „Viele tun sie allerdings als Aberglaube ab. Es geht darin um einen Fuchs, einen magischen Fuchs, der viele hundert Jahre leben kann. Manche sagen sogar tausend Jahre. Der Fuchs ist ein Schelm, der es über alles liebt, die braven Menschen zu quälen. Und dieser Fuchs“, sagte sie und lehnte sich vor, „kann sich in einen Menschen verwandeln.“
Sabrina warf Mark einen Blick zu. Er rutschte unbehaglich auf seinem Sessel herum.
„Manchmal erscheint er als alter Mann“, fuhr Großmutter Chu fort. „Wenn der Fuchs allerdings als hübsches junges Mädchen auftritt, richtet er das größte Unheil an.“
Sabrina hatte das Gefühl, als ob sich kleine Nadeln in ihren Rücken bohrten. Mei war aus China. Und falls Harveys Reaktion auf sie ein Beweis sein konnte, war sie mit Sicherheit ein listiger Fuchs.
War sie wirklich...?
Nein, auf keinen Fall.
War der Übeltäter am Ende gar kein normaler Schüler, sondern eine Austauschschülerin aus China, ein Zauberwesen aus einem anderen Reich?
Plötzlich klopfte es an der Tür.
Mark sprang von seinem Sessel auf. „Ich geh schon, Großmutter.“
Großmutter Chu lehnte sich vor und nahm Sabrinas Hand. Ihre schwarzen Augen sahen sie eindringlich an. „Mark ist mehr Amerikaner als Chinese. Er versucht, die alten Gedanken und Ideen über Bord zu werfen und denkt nur an Wissenschaften und Technik, so wie seine Computerspiele oder die Webseite. Er scheint all die Geschichten vergessen zu haben, die ich ihm erzählte, als er noch ein Kind war. Und er will von den Zauberkräften in dieser Welt nichts wissen. Aber du und ich“, sagte sie und lächelte sanft, „wir verstehen die Magie, nicht wahr?“
Sabrina nickte und fragte sich, ob die alte Frau etwas von ihrer Zauberkraft gespürt haben mochte.
Bevor sie sich jedoch weiter unterhalten konnten, kam Mark zurück, zusammen mit einem überraschenden Gast.
„Tante Zelda, was machst du denn hier?“, fragte Sabrina. „Woher weißt du überhaupt, dass ich hier bin?“
„Das spielt jetzt keine Rolle.“ Zelda drehte sich um, strahlte Großmutter Chu an und begrüßte sie auf Chinesisch.
Die alte Frau lächelte erfreut und antwortete ebenfalls in ihrer Heimatsprache.
„He, deine Tante spricht ja besser Chinesisch als ich“, flüsterte Mark.
„Ja, sie hat im Laufe der Jahre viele Sprachen studiert.“ Sabrina verschwieg jedoch, wie viele Jahre das gewesen waren. „Es ist so eine Art Hobby von ihr.“
Zelda nahm ihre Nichte zur Seite. Sie sah besorgt aus. „Sabrina, es ist wahnsinnig wichtig. Du musst sofort nach Hause kommen!“
6. Kapitel
„Warum? Was ist los?“ Sabrina suchte im Gesicht ihrer Tante nach einer Antwort.
„Ich...“ Zelda blickte zu Mark und seiner Großmutter. „Das erzähle ich dir, wenn wir nach Hause gehen. Jetzt beeil dich...“
Sabrina nahm den Rucksack und ihren Pullover. „Danke für den Tee“, sagte sie zu Großmutter Chu.
Mark brachte Sabrina und Tante Zelda zur Tür. „Kann ich irgendwas tun?“, fragte er leise.
Sabrina lächelte nur und schüttelte den Kopf.
„Ich rufe dich später an“, versprach Mark.
Sabrina nickte, dann verschwand sie mit ihrer Tante.
„Tante Zelda, was ist denn nur los?“
Zelda spähte vorsichtig nach links und rechts, dann zog sie Sabrina in den Schatten. „Lass uns verschwinden!“ Die beiden Hexen schnippten mit den Fingern, und Sekunden später standen sie auf der vorderen Veranda des Spellman-Hauses.
Sabrina stieß die Tür auf und wollte ihrer Tante den Vortritt lassen.
Doch Zelda schüttelte den Kopf. „Geh du nur, Sabrina. Ich... ich bin in einer Minute da.“
„Wieso? Aber...“
„Geh nur!“ Tante Zelda schob sie über die Schwelle, dann schloss sie die Tür.
Sabrina sah sich verwirrt um. Sie entdeckte Tante Hilda, die auf der Couch saß, Limonade schlürfte und eine heftige Diskussion mit dem Fernseher führte.
„Francesca, bist du verrückt?“, rief Hilda der Schauspielerin in der Seifenoper zu. „Hör nicht auf Roger! Zwei Mal hat er dich
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