Fauler Zauber
säuselte Salem und betrachtete sich bewundernd von allen Seiten.
Liebevoll drückte Sabrina die schwarze Katze. „Genauso bist du auch.“ Dann umarmte sie Tante Zelda. „Und du bist einfach super. Das wird toll! Falls ich Mei dazu bringen kann, in den Spiegel der Wahrheit zu schauen, werde ich endlich sicher wissen, ob sie eine chinesische Austauschschülerin ist oder ein chinesischer Fuchs.“
Sabrina nahm die Abkürzung, bekannt als Hexenexpress, zum Haus von Libby Chessler. Es war leicht zu finden, nicht nur, weil es das größte Haus in der Straße war, sondern auch das protzigste. Sabrina eilte an dem Springbrunnen vorbei und huschte dann die gewundene Treppe hinauf zu der großen Pforte. Als sie klingelte, dröhnten die ersten Takte von Beethovens 5. Sinfonie durchs Haus.
Sabrina verdrehte die Augen und wartete darauf, dass jemand die Tür öffnete.
In diesem Augenblick bewegten sich die eleganten Vorhänge, die am Fenster neben der Tür hingen und Sabrina wusste, dass jemand herausgeschielt hatte. Sie wartete noch ein paar Minuten, doch als immer noch niemand aufmachte, klingelte sie erneut.
Schließlich öffnete sich die Tür einen Spalt und Libby steckte ihren Kopf heraus. Sie warf schnell einen verächtlichen Blick auf Sabrinas Outfit. „Tut mir Leid“, stichelte sie. „Aber das Nachbarmädchen hat uns schon mit Plätzchen versorgt.“ Sie wollte die Tür zuschlagen, doch Sabrina tat so, als ob sie husten müsste und ließ leise einen Zauberspruch los:
Chessler-Pforte
kleb fest am Orte.
„He“, beschwerte sich Libby und zog an dem Knauf. „Was ist denn los mit dieser blöden Tür?“
„Schätze, sie klemmt“, sagte Sabrina und nutzte die Gelegenheit, um durch den Spalt zu schlüpfen.
„Du kannst nicht einfach so reinkommen. Ich hab dich nicht eingeladen.“
„Ich bin auch nicht wegen dir hier“, erwiderte Sabrina. „Sondern wegen Mei.“
„Die ist ebenfalls nicht zu sprechen“, betonte Libby spitz und versperrte Sabrina den Weg. „Wir sind beschäftigt, wir sehen gerade unsere Accessoires durch.“
„Ich störe ja nur ungern“, sagte Sabrina sarkastisch und zwängte sich vorbei. „Aber ich fürchte, dass es wichtig ist. Außerdem sollte Mei doch selbst entscheiden, ob sie mich sehen will, oder etwa nicht?“
Libby stöhnte und wollte Sabrina hinterherlaufen.
„Äh, du solltest vielleicht die Tür schließen“, schlug Sabrina vor. Sie schnellte ihren Zauberfinger heimlich über die Schulter und flüsterte:
Dicke, schwarze Fliegen
werden dich jetzt unterkriegen.
Dann fügte sie etwas lauter hinzu, damit Libby sie hören konnte: „Du willst doch wohl nicht diese Fliegen hereinlassen, oder?“
Libby wirbelte zur Tür herum.
Ein Schwarm großer schwarzer Fliegen flog gerade laut summend über die Türschwelle.
„Igitt!“ Libby rannte zur Tür, um sie zuzustoßen, und schlug mit der Hand wild in der Luft herum.
Damit wird sie erst mal beschäftigt sein, zumindest für die nächsten paar Minuten, dachte Sabrina und schritt über den glänzenden Marmorboden durch die Eingangshalle zu Libbys Zimmer. Schon früher war sie ein paar Mal hier gewesen, aber sie hatte immer noch das Gefühl, eine Straßenkarte zu brauchen, um den Weg durch diese verschachtelte Villa zu finden.
Schließlich erreichte sie Libbys Zimmer. Die Tür stand offen. Mei sprang überrascht auf und warf dabei Halsbänder, Gürtel und Tücher zu Boden.
Oh Mann, das stimmt tatsächlich mit den Accessoires, dachte Sabrina und schüttelte den Kopf. Das ist doch total verrückt...
„Nanu, Sabrina“, sagte Mei, die sich sofort wieder gefangen hatte und Sabrina freundlich anlächelte. „Hallo. Schön, dich zu sehen.“
„Tatsächlich?“, fragte Sabrina.
„Ja doch, sicher“, erwiderte Mei und setzte sich wieder aufs Bett. „Es ist immer schön, einen guten Freund zu treffen.“
„Das klingt wie einer der Sprüche aus den Glückskeksen“, sagte Sabrina.
Mei kicherte und hörte sich dabei wieder an wie ein plätschernder Bach. „Vielleicht solltest du mich einfach nur Keks nennen.“
Sabrina sah sich um und versuchte herauszufinden, wie sie die rubinroten Ohrringe, die auf dem Bett lagen, zufällig auf den Boden kriegen konnte. „Oh Mann, schau dir das an!“, rief sie plötzlich und nahm die Ohrringe auf. „Sie würden dir bestimmt großartig stehen, Mei.“
„Wirklich?“ Meis Augen leuchteten und sie griff nach den Klunkern.
Passt zu deiner Eitelkeit als Fuchs, dachte Sabrina.
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