Fauler Zauber
Folge des Verlustes mehrerer Gallonen Blut. Als die Knochenflicker fertig waren, sah er zwar nicht besser aus, atmete jedoch regelmäßiger und ohne diese charakteristischen Seufzer. Ich brachte ein paar Goldtaler unter die Akademiker und zeigte allen, daß in der Goldmine, wo die herkamen, noch mehr sehnsüchtig darauf warteten, ihren Kumpels Gesellschaft zu leisten.
In den nächsten Stunden machte Eierkopf nichts anderes als atmen. Mir war das genug. Solange waren wir dem Tod ein paar Nasenlängen voraus.
Morpheus sprach während der ganzen Zeit nur ein einziges Mal. Seine Stimme war ein kaum vernehmliches Flüstern. »Sollte ich jemals so verzweifelt sein, daß ich hierherkommen will, schneidest du mir gefälligst die Kehle durch und erlöst mich von meinem Elend.« Diese Bemerkung warf ein erhellendes Licht auf Morpheus Ahrms krankhafte Furcht vor Siechtum. Nach diesem Besuch würde er sich auf doppelte Ration setzen und sich wochenlang mit Grünzeug und so was vollstopfen.
Klar, niemand hielt das Aderlaß-Spital für das Paradies. Selbst ein Vampir würde sich schütteln, wenn er sich umsah. Dabei war dies hier nur die Station für die Todgeweihten. Die Abteilungen für Geisteskranke glichen dem Vorhof der Hölle.
Ich konnte einfach nicht verstehen, warum Eierkopf sich ausgerechnet das Aderlaß-Spital ausgesucht hatte. Er war zwar kein Tycoon, aber so arm nun auch wieder nicht.
Nachdem die Angestellten verschwunden waren, bekamen wir nur noch ein einziges aufrecht gehendes menschliches Wesen mit. Es war ein Priester, vermutlich der einzige anständige Mensch im ganzen Aderlaß-Spital. Ich kannte ihn flüchtig. Er war eine Größe in einem der bizarren und obskuren Kulte, von denen einige hundert in TunFaire ihr Unwesen trieben. Er trat zu uns und schaute auf den Muskelberg herab, der Eierkopf Zarth war. Selbst in dieser elendiglichen Lage strahlte Zarth etwas Vornehmes aus. Es hatte Ähnlichkeit mit der Würde des Löwen oder des Mammuts. Jedenfalls war es besser, ihn auf seiner Seite zu haben als gegen sich. Er war schlicht, vertrauenswürdig und nur so hart wie nötig.
»Hat er schon die Letzte Ölung erhalten?«
»Weiß ich nicht, Pater.«
»Welche Götter hat er?«
Ich widerstand der Versuchung. »Keine, soweit ich weiß. Aber wir brauchen keine Sakramente. Das hier ist eine Lebens- und keine Totenwache. Er wird durchkommen.«
Der Priester las den Namen, der mit Kreide an die Wand über Eierkopfs Bett geschrieben war. »Ich werde für ihn beten.« Er lächelte unmerklich. »Das tut nicht weh, auch nicht, wenn die Sache so klar ist.« Er ging weiter zu denen, die seiner mehr bedurften, und ließ mich mit dem Gefühl zurück, daß mir da einer eine Lektion erteilt hatte.
Eierkopf mußte schon eine Weile wach gewesen sein, bevor er es uns hatte merken lassen. »Garrett, erinnere mich bloß daran, mich vor deinen Frauen zu hüten.« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen.
Ich grunzte zustimmend und wartete.
»Die Verletzung aus dem Cantard hat mich halb umgebracht. Ich dachte schon, die hier hätte den Rest besorgt.«
»Ja. Warum, zum Teufel, bist du ausgerechnet hierher gekommen? Wenn du genug Kraft hattest, es so weit zu schaffen, hättest du dich auch zu jemandem schleppen können, der dir helfen kann.«
»Ich bin hier geboren, Garrett. Ich dachte, ich wäre fällig, und irgendwie schien es mir angemessen, daß alles da endet, wo es angefangen hat. Mein Denkapparat hatte wohl 'nen kleinen Aussetzer.«
»Allerdings, du großer, blöder Tolpatsch. Du wirst durchkommen, trotz deiner selbst und trotz dieser Schakale. Bist du kräftig genug, um mir zu erzählen, was passiert ist?«
»Ja.« Seine Miene verfinsterte sich.
»Also? Was ist passiert?«
»Sie ist tot, Garrett! Sie haben sie umgebracht! Ich habe fünf oder sechs von ihnen kaltgemacht, aber es waren zu viele. Sie sind an mir vorbeigekommen und haben ihr die Kehle durchgeschnitten …« Er versuchte doch tatsächlich, sich von seinem Krankenbett hochzustemmen!
»Halt ihn fest, Morpheus. Verdammt, was machst du da, Eierkopf?«
»Ich muß weg. Ich habe noch nie einen Job so vermasselt wie den hier, Garrett. Noch nie.«
Morpheus drückte ihn mit einer Hand aufs Bett zurück. Eierkopf wurde durch bloße Willenskraft angetrieben.
Er hatte Tränen in den Augen. »Sie war doch nur eine halbe Portion, Garrett. So süß und niedlich. Sie hätten ihr das nicht antun dürfen.«
»Da hast du recht. Das hätten sie nicht tun dürfen.« Ein Teil
Weitere Kostenlose Bücher