Fauler Zauber
ist?«
»Wahrscheinlich traut er Ihnen zu, daß Sie allein damit fertig werden.« Deans Ton verriet, daß er annahm, der Genius des Toten Mannes hätte einen Ausfall gehabt und er möglicherweise sogar schon die letzte Kurve auf dem Weg zum Loghyr-Himmel kratzte.
Sah so aus, als hätte ich jetzt zwei Leute am Hals, die nicht auseinanderhalten konnten, wem das Haus gehörte, wer Gast und wer Angestellter war. Es hätte mich überrascht, wenn der alte Dean nicht ernstlich darüber nachdachte einzuziehen. Er hatte mal wieder seinen gelegentlichen Anfall von Knauserigkeit.
»Sei nett, Dean. Oder ich laß dich allein vor dem Altar stehen und brenne mit Willa Dount durch.«
Fand er überhaupt nicht komisch.
»Ich könnte schließlich genausogut heiraten, so wie die Dinge sich hier entwickeln.«
Wie eine gereizte Xanthippe knallte er mir den Teller vor die Nase. Aber der Fraß darauf hielt den Standard.
Ich genehmigte mir ein zufriedenes Grinsen.
29. Kapitel
An der Grenze zum Land der Donnerechsen liegt der sogenannte Höllenhof. Diese Gegend ist zwar nicht vollkommen unbewohnbar, aber keiner lebt dort freiwillig. Überall stolpert man über Geysire, dampfende Schwefellöcher und Stellen, wo unter der Erde geschmolzene Lava hervortritt und Blasen bildet, aus denen in unregelmäßigen Abständen heiße Gase mit lautem Ba-Blubb herauszischen. Klingt wie Riesentrolle mit Verdauungsbeschwerden.
Das Bild dieser Lavatümpel drängte sich mir auf, als ich Willa Dount sah. Sie bot ihre ganze, nicht unbeträchtliche Willenskraft auf, um einen donnernden Wutausbruch zurückzuhalten. Um sie schien fast eine rötlich-glühende Korona zu wabern, aber die Domina war offenbar entschlossen, sich diese Blöße nicht zu geben.
»Guten Abend«, begrüßte ich sie. »Ich habe nicht mehr mit Besuch gerechnet, sonst hätte ich Sie nicht so lange warten lassen.« Ich machte es mir mit dem Humpen bequem. »Hoffe, es hat Sie nicht zu sehr gestört.« Bevor ich die Küche verließ, hatte Dean mich noch daran erinnert, daß man mit Honig Fliegen fängt und welche Rolle der Senf dabei spielt, den man ungebetenerweise dazutut. Ich nahm mir seinen Ratschlag zu Herzen.
Es ist nicht gerade ein Zeichen von Intelligenz, sich überflüssigerweise Oberstädter zu Feinden zu machen.
»Es hat ziemlich lange gedauert, aber es war mein eigener Fehler«, gab sie zurück. Verblüffend, daß sie so etwas wie eine eigene Fehlbarkeit einräumte. »Aber hätte ich jemanden geschickt, um einen Termin mit Ihnen zu machen, hätte es noch länger gedauert – falls Sie überhaupt bereit gewesen wären, mich zu empfangen. Und zu mir kommen wollten Sie sicher auch nicht.«
»Da haben Sie recht.«
»Mir ist klar, daß Sie mich nicht besonders schätzen, Mr. Garrett. Ihre Kontakte zu meinen Schützlingen haben gewiß nicht dazu beigetragen, Ihre Einschätzung zu verbessern. Doch das sollte unsere berufliche Beziehung nicht beeinflussen. Bis jetzt haben Sie immer das Geschäftliche vom Privaten getrennt, wenn wir miteinander zu tun hatten. Jedenfalls größtenteils.«
»Danke. Ich gebe mir Mühe.« Das tue ich auch. Manchmal.
»Eben. Und jetzt möchte ich noch einmal Ihre beruflichen Fähigkeiten in Anspruch nehmen. Diesmal aber nicht nur zum Schein.«
Eigentlich hätte ich jetzt ›Eben‹ sagen müssen. Aber ich verarschte sie und ließ statt dessen meine Augenbrauen spielen.
»Ich bin verzweifelt, Mr. Garrett. Um mich herum bricht meine ganze Welt zusammen, und ich bin offenbar unfähig, den Verfall aufzuhalten. Mittlerweile bin ich an meiner letzten Zuflucht … Nein, da greife ich vor.«
Ich betätigte die Gesichtsmuskeln, die eine faszinierte Miene auf mein Gesicht zauberten.
»Ich habe mein ganzes Erwachsenenleben im Dienst der Sturmwächterin verbracht, Mr. Garrett. Und zwar schon vor dem Tod ihres Vaters. Es war selten angenehm. Urlaub gab es auch keinen. Die Belohnungen waren eher fragwürdig. Da ich als Eingeweihte Zugang zu vertraulichen Informationen hatte, konnte ich ein kleines Vermögen anhäufen. Es beläuft sich auf etwa zehntausend Taler. Und ich hatte mir schon ausgemalt, möglicherweise Partnerin bei den Geschäften der Sturmwächterin zu werden. Ich bin eine Frau, die man mit allem betrauen konnte, und die alle Aufgaben wie gewünscht erledigt. Mit dieser Einstellung habe ich Dinge getan, die ich selbst meinem Beichtvater verschweige. Aber ich war stolz darauf, daß man sie mir anvertraute. Und man konnte sich darauf
Weitere Kostenlose Bücher