Fauler Zauber
völlig runtergekommen. Und auch der Rest würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
»Sie glotzen mich an, als glaubten Se, in der Miete war auch Unterhaltung inbegriffen.« Sie gewährte mir ein lückenhaftes Lächeln. »Das kost' extra.«
Ich hatte eine Idee, oder war es eine Inspiration? Was machen Nutten, wenn sie zu alt oder zu schlampig sind, um auf dem Markt mithalten zu können? Nicht alle haben das Zeug zu einer Lettie Faren. Vielleicht hatte Donni die hier gekannt, bevor sie Vermieterin geworden war.
»Ich bin nicht so sehr an dem Zimmer als vielmehr an seinem Mieter interessiert.« Ich hielt ihr auf meiner gestreckten Handfläche ein glänzendes Goldstück hin. Ihr traten fast die Augen aus dem Kopf. Sofort verschloß sich ihre Miene und wurde zu einer mißtrauischen Fratze, umrahmt von wildem, fettigem Haar.
»Der Mieter?«
»Der Mieter. Die Person, die in diesem Zimmer gewohnt hat. Und die Person, die dafür zahlte, falls es nicht dieselben waren.«
Ihr Blick war immer noch skeptisch. »Wer will das wissen?«
Ich schaute auf die Münze. »Der gute alte Dister Greteke.«
Dister war ein toter König, mit denen TunFaire reichlich gesegnet war. Wir hätten einen lebendigen gebrauchen können – wenn er etwas täte, was den ganzen Aufwand lohnte.
»Ein Zwilling?«
»Sieht so aus, oder?«
»Ein Junge namens Donny Pell. Weiß nicht, wo er hin is'. Hat seine Miete selbst bezahlt.« Sie streckte die Hand aus.
»Sie machen wohl Witze. Donny Pell, hm? Haben Sie ihn kennengelernt, als Sie noch selbst auf der Straße waren?«
Ich legte die Münze auf das Fensterbrett und trat zurück. Sie leckte sich die Lippen und machte einen Schritt. Sie war nicht blöd. Sie sah die Falle deutlich vor sich. Aber sie konnte die Gier nicht beherrschen und dachte vielleicht, sie könnte mich bluffen. Sie machte noch einen Schritt.
Bruchteile später war sie am Fenster. Und ich an der Tür. »Rücken Sie mit der Sprache raus?«
»Was wollen Sie wissen?«
»Donni Pell. Mit i wie in ›sie‹. Aus Lettie Farens Kneipe. Ist vor ungefähr einer Woche hier untergekrochen. Klingelt's jetzt?«
Sie nickte. Ein bißchen Schamgefühl hatte sie doch noch in den Knochen.
»Kannten Sie sie schon vorher?«
»Ich war noch da, als sie das erste Mal auftauchte. Sie war anders als die anderen Mädchen. Ehrgeizig, Und irgendwie anständig, wenn Sie wissen, was ich meine. Vielleicht ist sie zu ehrgeizig geworden.« Die Knöchel ihrer rechten Hand traten weiß hervor, als sie die Münze drückte. Sie war schon lange aus dem Geschäft, und es war bestimmt eine Ewigkeit her, daß sie so eine Münze gesehen hatte. Sicher hatte sie nichts zurückgelegt, als es ihr gutging. Ihr Blick streifte die Blutflecken. »Sie hatte einen seltsamen Geschmack, was ihre … Freunde anging.«
»Riesen-Bastarde?«
Ich hatte sie überrumpelt. »Yo. Woher wußten Sie …?«
»Ich weiß so einiges. Anderes wiederum nicht. Und Sie wissen auch einiges und wissen nicht, was ich nicht weiß.« Ich borgte mir Morpheus Ahrms Trick für solche Situationen aus, zückte ein Messer und machte mir damit umständlich die Fingernägel sauber. »Warum erzählen Sie mir nicht einfach alles, was Sie über sie und die Leute wissen, die sie besucht haben?«
»Wenn ich schrei, steh'n in 'ner halben Minute hier alle auf 'er Matte.« Ihr Bluff war ziemlich schwach auf der Brust, und sie wußte es.
»Wette, der Bursche da in der Ecke hat sich auch darauf verlassen.«
Sie blickte erneut auf die Blutflecken. »Nix für ungut. Ich wollte nur ma' probier'n, ob Se vielleicht noch mehr löhnen. Okay? Was woll'n Se 'n wissen?«
»Sagte ich schon. Alles. Vor allem, wer heute morgen noch hier war, und wo sie jetzt ist. Ich suche einige ihrer Spielkameraden. Sie steckt nämlich bis zum Hals in einem großen und lebensgefährlichen Scheißspiel.«
Vielleicht war es sogar tödlich für sie. Sollte ich auf den nächsten Kandidaten für ein Mordopfer wetten, würde ich all meine Kröten auf Donni Pell setzen. Wenn es auch nur die geringste Chance gab, wollte ich sie unbedingt finden, bevor die Bösewichter das nächste Glied in der Kette auslöschten, die zu ihnen führte.
»Ich weiß nicht, wo se hin is. Hab nich mal gemerkt, daß se weg ist, bis jemand den ganzen Schweinkram entdeckt hat. Das ist die Wahrheit, Mister.«
Sie klang aufrichtig. Ich mußte sie ziemlich wütend angesehen haben, denn sie wurde nervös. Aber bei einer Nutte weiß man das nie so genau. Ihr ganzes
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