Faulspiel (German Edition)
mit einem deutschen Meistertitel im Gepäck zu uns stößt. Ich muss Ihnen als erfahrenem Trainer doch sicher nicht erklären, welche Auswirkungen solch ein sportlicher Erfolg auf das Selbstvertrauen und damit auch auf die weitere Karriere eines jungen Spielers hätte. Ich bin davon überzeugt, dass ihre Mannschaft mit Max Kaiser den Titel gewonnen hätte!“
Hunold beäugte Kerstner und schaute ihn mit skeptischer Miene an.
Kerstner versuchte, diesem Blick standzuhalten, was ihm allerdings nicht überzeugend gelang.
„Ich hatte ja bereits während des Spiels die Gelegenheit, mit Ihrer Vereinsführung über dieses Thema zu diskutieren. Dabei konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihr Aufsichtsrat Schneider nicht wirklich glaubwürdig in seiner Argumentation wirkte.“
„Schneider ist auch eher ein Experte für wirtschaftliche Zusammenhänge“, antwortete Kerstner vorsichtig.
„Sie wissen, dass Max sich in dem letzten Freundschaftsspiel gegen die Italiener eine böse Blessur zugezogen hatte. Nach dem Länderspiel hatte ich ihn vom Training beurlaubt, damit er sich ausruhen solle. Max brannte vor Ehrgeiz, und ich hatte die Befürchtung, dass er übermotiviert in das Spiel gegen die Bayern geht und sich noch mehr verletzt. Damit wäre uns allen nicht gedient gewesen.“
„Wir sind uns doch alle im Klaren darüber, worum es beim Fußball geht, oder? Gerade die jungen Spieler brennen darauf zu spielen, am liebsten jedes Spiel über volle neunzig Minuten!
Leute wie Ihr Herr Schneider oder Kranbaum – Gott sei seiner Seele gnädig! – sorgen dafür, dass unsere jungen Talente auf der Reservebank verkümmern. Sie holen sich lieber für teures Geld Legionäre aus dem Ausland, anstatt unsere eigenen, jungen Leute mit Geduld und Vertrauen in ihrer Entwicklung aufzubauen. Was denken Sie wohl, was Sie dem jungen Max Kaiser damit angetan haben? Was meinen Sie, wie oft ein Spieler in seiner Karriere die Möglichkeit hat, um die Krone des deutschen Fußballs zu spielen? Darum geht es im Fußball und um nichts anderes! Es geht darum, Spiele zu gewinnen und am Ende den Pokal in den Händen zu halten. Das sollten Sie ihrer Vereinsführung einmal deutlich machen!“
Kerstner zuckte förmlich unter der Schärfe der Worte zusammen und ihm war völlig klar, dass Hunold mit allem, was er sagte, völlig Recht hatte.
„Ich bin halt nur ein Angestellter des Vereins, unsere Kompetenzen sind klar abgegrenzt, und am Ende muss ich das tun, was mein Arbeitgeber von mir verlangt, und wenn das so weit geht, dass ich die Order bekomme, einen Spieler auf dieReservebank oder auf die Tribüne zu schicken, dann muss ich das befolgen!“
In dem Moment, als er die Worte ausgesprochen hatte, begriff er schlagartig, dass dies ein riesiger Fehler war. Er hatte sich von Hunold provozieren und zu dieser unbedachten Äußerung hinreißen lassen. Er hasste sich selbst für seine Unbeherrschtheit und sein unüberlegtes Handeln!
„Habe ich mir doch gleich gedacht, dass dies nicht Ihre Entscheidung war und dass dies mit der Verletzung von Max Kaiser vermutlich nichts zu tun hatte!“
Hunold schnaubte verächtlich durch die Nase. Er sah Kerstner mitleidig an.
„Glauben Sie mir, Sie sind nicht die erste Marionette, die sich Trainer schimpft, die mir in meiner Laufbahn begegnet ist. Trainer wie Sie, die nur der Macht des Geldes gehorchen und Angst vor ihrer eigenen Courage haben, gibt es leider wie Sand am Meer. Meinen Sie nicht, es wäre für Ihr Seelenheil besser gewesen, wenn Sie sich gegen ihre Vereinsführung durchgesetzt und mit Ihrer Mannschaft den Meistertitel gewonnen hätten? Möglich, dass Ihr Job futsch gewesen wäre, aber Sie hätten ihr Gesicht und Ihre Ehre nicht verloren und könnten sich heute mit einem Meistertitel im Gepäck einen neuen Arbeitgeber suchen.
Wovor hatten Sie eigentlich Angst? Trainer kommen und gehen in jedem Club, und keiner ist sehr lange ohne Job. Ich hatte einmal Ihre Arbeit, vor allen Dingen Ihren Einsatz für die jungen Spieler sehr geschätzt, aber ich denke, ich werde mir andere Ratgeber suchen müssen und in Zukunft lege ich daher auch keinen Wert mehr auf Ihre Gesellschaft und die Zusammenarbeit!“
Kerstner spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach und obwohl er Hunold Recht geben musste, machte sich unbändiger Zorn in ihm breit, der ihm fast die Kehle zuschnürte.
„Was bilden Sie sich eigentlich ein?“, krächzte er förmlich. „Für wen, in Gottes Namen, halten Sie sich? Sind
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